Essen-Werden. Beim Reparaturcafé der Ev. Gemeinde Essen-Werden kann so manches alte Schätzchen gerettet werden. Diese Geräte bekommen die Helfer am häufigsten auf den Tisch.
Im großen Saal des Werdener Hauses Fuhr schrauben Reparaturhelfer hoch konzentriert an Elektrogeräten, Haushaltsmaschinen oder Unterhaltungselektronik herum. Zumeist erfolgreich. Christiane Wittmann konnte geholfen werden.
Die 79-Jährige strahlt: „Ich habe diese Nähmaschine schon seit 45 Jahren. Eine ganz tolle Maschine, die durch dicken Jeansstoff nähen kann. Ich habe vier Söhne, da ist sie sehr oft in Gebrauch gewesen. Noch heute habe ich viele Nähaufträge.“ Doch das gute Stück wollte nicht mehr. Erste Reparaturversuche verpufften, doch nun surrt das Sorgenkind fröhlich vor sich hin.
Mit einer kaputten Nähmaschine fing vor neun Jahren alles an
Dank sei Peter Friese, der bescheiden lächelt. Nähmaschinen seien jetzt nicht so heikel. Da habe er schon ganz andere Sachen wieder zum Laufen gekriegt, hier im Reparaturcafé der Evangelischen Gemeinde Essen-Werden. Übrigens hatte eine „gerettete“ Nähmaschine Organisatorin Marianne Zalmann vor neun Jahren überhaupt erst auf den Trichter gebracht.
Ihre war nämlich kaputtgegangen. Die muss man doch reparieren können? Pustekuchen. In den angefragten Fachgeschäften wurde nur mit den Achseln gezuckt. Das lohne nicht. Von wegen, dachte sich Zalmann, und fragte ihren technisch versierten Ehemann Harald. Der war erfolgreich und die Idee wuchs: „Statt immer nur alles wegzuwerfen und neu zu kaufen, wäre es doch finanziell und auch ökologisch sinnvoller, zu reparieren.“
Das erste Mal luden Marianne Zalmann und ihr Mann im Januar 2016 zum Reparaturcafé. Inzwischen sind 16 Reparaturhelfer im Team. Reparatur und Anleitung zur Selbsthilfe sind kostenlos, Werkzeuge vor Ort vorhanden. Es waren auch schon Kuriositäten dabei. Letztens ein Röhrenradio von 1959, dem nur eine Kleinigkeit fehlte, um wieder zu tönen.
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Laufzettel müssen ausgefüllt werden: Was ist kaputt? Auch muss eine Haftungsbegrenzung unterschrieben werden. Heute herrscht großer Andrang, ein wenig wird man sich gedulden müssen. Die Wartezeit kann mit Kaffee und selbst gebackenem Kuchen versüßt werden. Alfred und Petra Krausenbaum überlegen kurz und entscheiden: „Wir gehen noch ein Weilchen spazieren.“
Ev. Kirchengemeinde Essen-Werden möchte nachhaltig handeln
Derweil schaut Bernd Fabri betrübt. Der 83-Jährige hat ein Tonbandgerät mitgebracht: „Das hat bestimmt schon 50 Jahre auf dem Buckel. Ich habe noch ein gutes Dutzend Tonbänder, da sind unter anderem Weihnachtslieder drauf. Jetzt steht der Advent vor der Tür. Als ich es deswegen ausprobieren wollte, kam kein Ton mehr raus.“
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Friedhelm Neubauer blickt skeptisch: „Solche Geräte sind erfahrungsgemäß sehr zeitaufwendig. Ich versuche es mal. Aber das dauert.“ Das Experiment muss abgebrochen werden. Keine Chance. Nicht alles ist zu reparieren. Bernd Fabri lächelt. Der Enkel habe gleich gesagt, das werde wohl nichts mehr: „Für den ist das vorsintflutliche Technik. Sein Smartphone könne da deutlich mehr. Aber ich mag mich einfach noch nicht trennen.“
„Mir macht es Spaß, Dinge zu retten. Schon aus Gründen der Nachhaltigkeit. Meistens ist es möglich, den Fehler zu finden und die Dinge zu reparieren.“
Frederic Van Broeck ist neu dazu gestoßen: „Ich bringe Erfahrung mit aus einem Repair-Café in Ostwestfalen. Mir macht es Spaß, Dinge zu retten. Schon aus Gründen der Nachhaltigkeit.“ Und was hat er heute so alles gerettet? „Da waren zum Beispiel eine Kaffeemaschine, ein Kassettenrekorder, ein Toaster und ein Babyfon. Meistens ist es möglich, den Fehler zu finden und die Dinge zu reparieren.“ Gut gefallen habe es ihm: „Ich komme wieder.“
Groß ist die Freude, wenn der „Patient“ geheilt werden kann
Inzwischen sind die Krausenbaums zurück und bringen Peter Friese ihren „Pflegefall“. Eine Brotschneidemaschine: „Ein Knäppchen hatte sich verklemmt und seitdem bleibt sie beim kleinsten Widerstand stehen.“ Fachmann Friese hat einen ersten Verdacht, aber der wird schnell ausgeräumt. Man habe da keinen fettigen Schinken mit geschnitten: „Nur Brot.“
Termin ändert sich
Ab 2025 solle das Werdener Reparaturcafé auf den zweiten Samstag des Monats gelegt werden, sagt Marianne Zalmann: „Denn wir haben festgestellt, dass die Reparaturhelfer in der Villa Rü auch am dritten Samstag ihre Dienste anbieten.“ Jeweils von 15 bis 18 Uhr wird an der Heckstraße 16 repariert. Sollte das Haus Fuhr belegt sein, im Haus Heck an der Heckstraße 67.
Es werden noch ehrenamtliche Service-Kräfte für das Bewirtungsangebot gesucht. Weitere Informationen sind unter www.reparatur-initiativen.de oder 0201 40 45 37 zu erhalten.
Petra Krausenbaum erzählt: „Als wir heirateten, haben wir ein WAZ-Abo abgeschlossen. Da gab es als Willkommensgeschenk eine Brotschneidemaschine. Die hat über 30 Jahre lang gehalten. Dieses Nachfolgemodell hier soll eine ganz tolle Marke sein, hat aber nicht lange gehalten. Es ärgert mich, dass heutzutage alles so schnell kaputtgeht.“ Umso größer ihre Erleichterung, dass der „Patient“ es nach erfolgreicher Behandlung wieder tut.
Die überaus engagierte Marianne Zalmann möchte zukünftig auch mal kürzer treten. So ist sie mit Menschen aus der Kirchengemeinde im Gespräch, die später mal die Leitung des Reparaturcafés übernehmen könnten. Am Ende dreier arbeitsreicher Stunden zieht die 74-Jährige eine zufriedene Bilanz: „Wir hatten 26 Reparaturen. Ein guter Tag.“
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