Essen-Heidhausen. Die Straße in Heidhausen ist nach den Arbeiten nicht richtig verschlossen worden. Laut Stadt Essen ist das kein Einzelfall.
Karl-Heinz Kopplin ist sauer. Er lebt seit 1990 in der Sarnsbank in Heidhausen. Im Sommer hat die Firma Ruhrfibre die Straße für Glasfaserarbeiten aufreißen lassen. Anschließend wurde sie nicht sachgerecht wieder verschlossen. „So kann Wasser eindringen“, befürchtet der 66-Jährige. „Wenn es kalt wird, bricht die Straße wegen Frostschäden auf. Dann gibt es ein Schlagloch nach dem anderen.“ Die grobe Teerung berge außerdem Verletzungsgefahr.
Besonders ärgerlich aus Kopplins Sicht: Die Straße sei erst 2021 saniert worden. Damals habe ihm die Projektleiterin aus dem Amt für Straßen und Verkehr mitgeteilt, dass sie deshalb nun fünf Jahre nicht aufgerissen werden solle. Er habe auch beobachtet, dass man zunächst versucht habe, die Glasfaserkabel mit einer Pressluftsonde zu verlegen, ohne die Straße aufzureißen. Nur: Das habe scheinbar nicht funktioniert, also sei der Asphalt doch aufgerissen und nachher grob wieder verschlossen worden. „Das war bestimmt keine Fachfirma, die so einen Asphalt verlegt“, ärgert sich Kopplin.
Stadt Essen: „Zahlreiche unangezeigte Bautätigkeiten der Fa. Ruhrfibre“
Was den 66-Jährigen noch mehr ärgert: Er habe die Stadt im August auf den Missstand hingeweisen, getan habe sich aber noch nichts. Dafür habe er im Mängelmelder-Portal der Stadt allerdings zahlreiche ähnliche Beanstandungen in Werden und Heidhausen gefunden. Ganz in der Nähe seines Hauses – in der Straße Bellenbergsteig – gibt es außerdem noch einen ähnlichen Fall: Hier wurde ein Bürgersteig unregelmäßig wiederhergestellt, nachdem Glasfaserarbeiten abgeschlossen waren. Er gleicht nun einer Buckelpiste, die Gehwegplatten sind nicht auf der gleichen Höhe. „Wenn ich als Bürger etwas falsch mache, bekomme ich ein Bußgeld. Warum passiert das in diesen Fällen nicht?“, fragt er sich.
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Wie oft reißt Ruhrfibre tatsächlich die Straße auf, obwohl es nicht zulässig ist? Auf Anfrage bestätigt Stadtsprecherin Maike Papenfuß, über die bei der Stadtverwaltung Essen implementierten Kontrollmechanismen habe man zurückliegend sowie aktuell regelmäßig „zahlreiche unangezeigte Bautätigkeiten der Fa. Ruhrfibre GmbH bzw. deren Subunternehmen festgestellt“. Es gälten Auflagen, zum Beispiel zur fristgerechten Anzeige von Baubeginnen sowie Fertigstellungen. Trotz „nahezu täglicher schriftlicher sowie mündlicher Hinweise“ auf die bestehenden Auflagen stelle man Verstöße fest.
Wenn berechtigtes Interesse an Leitung besteht, darf Straße aufgebrochen werden
„Eine genaue Anzahl kann dazu nicht genannt werden“, so Papenfuß. Festzuhalten sei allerdings: „Wenn das berechtigte Interesse besteht, eine Leitung gemäß Telekommunikationsgesetz zu verlegen, kann eine Aufbruchgenehmigung nicht versagt werden.“ Stadtsprecherin Jacqueline Riedel erklärt außerdem, es gebe tatsächlich eine Aufbruchsperre für Straßen. Die richte sich aber zeitlich nach den Gewährleistungsfristen, die wiederum von der Bauweise der Straße abhängig seien. Es könne nicht pauschal von fünf Jahren gesprochen werden.
In den konkreten Fällen, die Kopplin beschreibt, habe die Stadt laut Maike Papenfuß den Verursacher unmittelbar nach Bekanntwerden der Mängel gerügt und die unverzügliche Beseitigung der Mängel angemahnt. Nach mehrfacher Erinnerung habe man ein Ordnungswidrigkeitenverfahren begonnen. „Sollten im Rahmen dessen Ersatzvornahmen durchgeführt werden, werden die entstandenen Kosten selbstverständlich vom Verursacher zurückgefordert“, erklärt Papenfuß.
Stadt Essen schildert Beschwerden in Zusammenhang mit Glasfaserausbau
Grundsätzlich zeige sich mit zunehmender Bautätigkeit im Bereich Glasfaserausbau ein „signifikantes Beschwerdevolumen“ bei der Stadt. Das betrifft Ruhrfibre, aber auch andere Firmen, die für den Glasfaserausbau zuständig sind. Im Beschwerdespektrum sind laut Papenfuß:
- Mängelanzeigen privater Natur (vertragsrechtliche Fragestellungen, Verhalten der „Drückerkolonnen“ bzw. der Baukolonnen vor Ort, Sachbeschädigungen an Privateigentum, Nachfragen zur Einhaltung der geltenden Arbeitsschutzmaßnahmen, Einschränkung der Bewegungsfreiheit durch unangekündigte Baugräben etc.).
- Mängelmeldungen im öffentlichen Raum (Behinderung des Straßenverkehrs, Verschmutzung/Vermüllung, unzureichende Baustellenabsicherung (welche Unfallgefahren produziert), mangelhafte Oberflächenwiederherstellung sowie Untergrundverdichtung mit aktuell noch nicht abschließend bezifferbaren Folgeschäden, Beschädigung von Straßengrün und Bäumen (bis hin zur Notfällung)).
Essener Firma Ruhrfibre hat Beschwerde-Tool eingerichtet
„Auf das in den vergangenen Monaten merklich ansteigende Beschwerdevolumen wurde seitens der Stadtverwaltung in Gesprächen mit den ausführenden Firmen auf Essener Stadtgebiet mehrfach explizit hingewiesen und auf eine Verbesserung der Antwortmoral gedrängt“, erklärt Papenfuß.
Als Reaktion habe Ruhrfibre beispielsweise ein zusätzliches Beschwerde-Postfach eingerichtet (bauschaden@ruhrfibre.de) Darüber hinaus sei zum 1. Oktober ein Beschwerdemanagement-Tool produktiv geschaltet worden, welches über die Homepage der Ruhrfibre GmbH selbst aufrufbar ist (https://ruhrfibre.de/schadensregulierung/). Erfahrungswerte mit diesem neu eingerichteten Tool seien aufgrund der jungen Betriebszeit aber noch nicht in ausreichendem Maße validierbar, so die Stadtsprecherin.
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Ruhrfibre hat im vergangenen Monat 68.000 Meter Längstrassen in Essen verlegt
Auf Anfrage unserer Redaktion äußert sich auch die Firma Ruhrfibre direkt zu den Vorwürfen. „Es ist ausdrücklicher Wunsch der Stadt Essen, mehr Tempo in den Glasfaserausbau zu bringen“, heißt es von dem Unternehmen. Das führe allerdings auch zu deutlich gestiegenen Bauaktivitäten. Dabei ließen sich Mängel und Schäden „bedauerlicherweise nicht zu 100 Prozent vermeiden“.
In der Tat habe sich das Beschwerdeaufkommen in den vergangenen Monaten erhöht – seit einigen Wochen sei es wieder rückläufig. „Das erhöhte Beschwerdeaufkommen ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass aktuell so viel Glasfaser gebaut wird wie nie zuvor – nicht nur durch Ruhrfibre, auch durch unsere Mitbewerber“, erklärt Ruhrfibre. „72 Baukolonnen sind zurzeit allein im Auftrag von Ruhrfibre in Essen unterwegs. Im letzten Monat haben wir 68.000 Meter Längstrassen im innerstädtischen Gebiet verlegt.“
70 Baukolonnen sind für Ruhrfibre in Essen unterwegs
Die Bauarbeiten für die Verlegung der Glasfaserkabel würden von Generalunternehmern ausgeführt, die Ruhrfibre „sorgfältig ausgewählt und beauftragt“ habe. Diese Generalunternehmen beauftragten für einen Teil der Arbeiten in der Regel sogenannte Subunternehmen. Auch diese seien angewiesen, festgelegte Standards bei der Ausführung ihrer Bauarbeiten einzuhalten und würden von Ruhrfibre in regelmäßigen Abständen kontrolliert.
„Bei einer Anzahl von aktuell über 70 Baukolonnen in Essen kann es aber bei der einen oder anderen Baustelle zu Problemen kommen“, teilt Ruhrfibre mit. „Das bitten wir zu entschuldigen und arbeiten jeden Tag hart daran, die Qualität der Arbeit unserer Dienstleister zu erhöhen.“ Man habe sich auch schon von Unternehmen getrennt, die die Standards nicht eingehalten hätten.
Ruhrfibre will weiter „konstruktiv und vertrauensvoll“ mit der Stadt Essen zusammenarbeiten
Zum konkreten Fall erklärt das Unternehmen: „Wir bedauern sehr, dass der Zustand von Gehweg bzw. Straße in der Sarnsbank und im Bellenbergsteig nicht so wiederhergestellt wurde, wie es hätte sein sollen. Wir stehen dazu aktuell im Austausch mit der Stadt und setzen uns selbstverständlich dafür ein, dass diese Mängel so bald wie möglich behoben werden.“
Ruhrfibre wehrt sich allerdings gegen den Eindruck, die Stadt müsse ständig wegen Ordnungswidrigkeiten gegen das Unternehmen vorgehen: „Uns sind lediglich zwei Ordnungswidrigkeitsverfahren bekannt, zu denen je eine Anhörung läuft.“ Dabei gehe es in einem Fall um Asphaltmängel, die bereits behoben worden seien. Im zweiten Fall gehe es um verspätete oder lückenhafte Aufbruchmeldungen, zu denen man konstruktiv mit der Stadt in Verbindung stehe. Auch dass die Stadt Beschwerden aufliste, ohne zu erwähnen, ob sie einmalig oder gehäuft auftauchten, und dass sie Nachfragen darunter fasse, halte man für undifferenziert.
Dennoch betont das Telekommunikationsunternehmen: „Für unsere weitere Bauplanung und -ausführung ist es uns ein großes Anliegen, auch weiterhin sehr eng, konstruktiv und vertrauensvoll mit der Stadt Essen zusammenzuarbeiten, die an ruhrfibre mit 25,1 Prozent beteiligt ist.“
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