Essen-Heidhausen. Der Verein „Recht auf Kindheit“ hat das Ziel, diesen „Lost Place“ in Essen zu einem Ort für entwicklungsgerechtes Spiel zu machen. So sehen die Pläne aus.

Das Gelände Am Volkswald in Heidhausen war früher ein beliebter Sportplatz. Inzwischen ist es im Stadtteil als „Lost Place“ bekannt. Weite Teile sind überwuchert, die Natur holt sich das Areal zurück. Die Ansiedlung eines Waldkindergartens war immer wieder im Gespräch, das Investoreninteresse war vorhanden. Doch es blieb bei Plänen. Nun gibt es einen weiteren Versuch mit anderen Akteuren.

Arne Mengel und Christian Gmelin vom im September 2023 gegründeten, gemeinnützigen Verein „Recht auf Kindheit“ stehen allerdings etwas verloren auf der völlig vernachlässigten Fläche und müssen ihre Fantasie sehr bemühen. Hier sollen vielleicht schon in einem Jahr fröhliche Kinder ausgelassen spielen, sie sollen ihre Umgebung erforschen und Selbstvertrauen tanken, so Mengel: „Wir brauchen in Zukunft Generationen, die sich mit der Welt auseinandersetzen, die wir ihnen hinterlassen. Wir brauchen Naturwissenschaftler und Ingenieure.“

Zunächst soll es nur eine einzügige Ü3-Gruppe geben

Der 64-jährige Bochumer ist Erzieher und Projektentwickler, gründete mit anderen einen integrativen Waldorfkindergarten. Der 33-jährige Gmelin ist Unternehmensgründer und hat eine Ausbildung zum Erzieher gemacht. Sie möchten zunächst eine einzügige Ü3-Gruppe auf dem ehemaligen Sportplatz, der nun schon Jahre vor sich hin dümpelt, an den Start bringen.

Die Stadt möchte das Gelände renaturieren. Sogar der vor Jahrzehnten verrohrte Bach soll wieder offen fließen.
Die Stadt möchte das Gelände renaturieren. Sogar der vor Jahrzehnten verrohrte Bach soll wieder offen fließen. © D. Henschke

Mengel entwirft dafür die Vision einer renaturierten Fläche, die heruntergekommenen Funktionsgebäude des Fußballvereins sind in seiner Vorstellung endlich abgerissen, das Gelände wurde an die umgebende Landschaft angepasst, sogar der vor Jahrzehnten verrohrte Bach soll wieder offen fließen. Dies sei ins Auge gefasst von Seiten der Stadt, berichtet Mengel. Auch als Ausgleichsfläche für Baumaßnahmen anderswo.

Warum eine Natur-Kita? Die moderne Medienwelt nehme starken Einfluss auf junge Familien: „Es besteht die Gefahr, dass vor lauter Reizüberflutung kein Platz mehr bleibt, um wichtige Dinge fürs Leben zu erlernen. Dem wollen wir mit unserem Projekt etwas entgegen setzen. Die Kita in ihrer üblichen Form ist aber ein künstlicher und vor allem begrenzter Raum. Alleine die enorme Lautstärke, die dort vorherrscht.“

„Es besteht die Gefahr, dass vor lauter Reizüberflutung kein Platz mehr bleibt, um wichtige Dinge fürs Leben zu erlernen. Dem wollen wir mit unserem Projekt etwas entgegen setzen.“

Arne Mengel,
Erzieher und Projektentwickler

Der pädagogische Ansatz ist ein anderer als das gewohnte Konzept

Man verfolge mit dem Konzept einer naturnah verorteten Kindertagesstätte einen anderen Ansatz: „Wenn man Kinder erlebt als Gruppe im Wald, wenn die pädagogischen Kräfte sich zurücknehmen können, dann können Kinder die Initiative übernehmen und gemeinsam planen, zum Beispiel ihre Spiele.“ Diese „Draußenkinder“ würden spielerisch ihre Umgebung erobern, wobei gelte: „Ohne Risiko kein entwicklungsgerechtes Kinderspiel.“

Bislang wird die Fläche für alles mögliche zweckentfremdet: Die Essener Entsorgungsbetriebe lagern dort im Herbst gerne Laubhaufen zwischen.
Bislang wird die Fläche für alles mögliche zweckentfremdet: Die Essener Entsorgungsbetriebe lagern dort im Herbst gerne Laubhaufen zwischen. © D. Henschke

Gut vorstellbar, dass sogenannte „Helikoptereltern“ nun zusammenzucken, andere junge Eltern aber sich genau das wünschen für ihren Sprössling. Aber wann kann diese Art Kindertagesstätte an den Start gehen?

Unkompliziert und günstig

Der Verein ist über www.rechtaufkindheit.de und per Mail rechtaufkindheit@gmx.de zu erreichen.

Der Internetauftritt richtet sich gleichzeitig an Personen und Institutionen, die im Ruhrgebiet Einfluss auf die Stadtentwicklung haben und an Eltern, Großeltern, Angehörige, Nachbarn und interessierte zukünftige Mitarbeiter und Unterstützer.

Das Ziel: „Wir wollen Kitas errichten, flott, unkompliziert, günstiger, kindgerechter“, heißt es. Dafür werden geeignet Orte gesucht, beispielsweise Parkanlagen, Grünflächen, Waldgebiete und ähnliches.

Die strittige Zufahrt zum Gelände ist inzwischen geregelt

Die strittige Zufahrt zum Volkswald ist endlich geregelt, eine Betriebserlaubnis in Aussicht und bald kann der Bauantrag auf den Weg gebracht werden: „Wir planen auf einer Fläche von 1000 Quadratmetern.“ Auf dieser Fläche sollen zwei spezielle Bauwagen aufgebaut werden, komplett ausgestattet für die Bedürfnisse einer Wald-Kita. Dazu komme noch ein Geräteschuppen, erläutert Christian Gmelin.

Aktuell beginne der Verein damit, sich vor Ort zu vernetzen, erklärt Arne Mengel: „Wir möchten uns vorstellen, suchen auch schon Fachkräfte und möchten ein Sponsoring aufbauen, um die Eltern finanziell so wenig wie möglich zu belasten.“

Wenn alles gut gehe, könne man im Sommer 2025 an den Start gehen, zeigt sich der Bochumer Projektentwickler vorsichtig optimistisch. Oder Anfang 2026, das wäre auch denkbar: „Wir stehen in den Startlöchern.“

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