Essen. Die neuen Verbotsschilder waren bis Mittwoch (16.10) montiert und galten. Dennoch fahren viele Autofahrer falsch, wie erste Beobachtungen zeigen.
Alle Schilder für die neue Verkehrsführung auf der Rüttenscheider Straße sind montiert, es folgen noch einige Restarbeiten. Das heißt auch: Schon seit Montag (14.10.) galten nach und nach die neuen Abbiegezwänge und Einfahrtsverbote, betont die Stadtverwaltung. Das heißt allerdings nicht, dass die neuen Regeln auch beachtet wurden. Im Gegenteil. „In Rüttenscheid herrscht gerade Anarchie, ehrlich gesagt auch unter Taxifahrern“ sagt am Mittwoch, (16.19.) ein Chauffeur, der seinen Namen lieber nicht nennen will.
Unzählige Fahrer in Rüttenscheid begehen derzeit Ordnungswidrigkeiten - Polizei ist noch großzügig
Recht hat er aber. Am Rüttenscheider Stern etwa muss seit Dienstag (15.10.) nach links oder rechts abbiegen, wer die Rüttenscheider Straße aus Richtung Innenstadt befährt. Nicht mehr erlaubt ist das Geradeausfahren, um auf der Rü Richtung Süden zu bleiben. Links abbiegen darf man nicht mehr von der Klarastraße aus. Einige respektieren all das, andere nicht. Manchmal sind es pro Ampelschaltung vier, fünf Autos und Lkws, die in einem Rutsch durchfahren, jeder Fahrer begeht eine Ordnungswidrigkeit. 50 Euro Bußgeld kostet das eigentlich, alles über 3,5 Tonnen Gewicht ist mit 100 Euro dabei.
Hundert Meter weiter auf der Rü dann das gleiche Spiel. An der Einmündung Christophstraße steht das rote kreisrunde Schild mit dem weißen Querbalken, das „eigentlich“ die Weiterfahrt verbietet und die Autofahrer zwingt in die Bertholdstraße einzubiegen, die dann wiederum in die Alfredstraße mündet. Dort wartet dann derzeit und noch bis in den November übrigens eine Baustelle mit Dauerstau, aber das nur am Rande.
„Eigentlich“ ist jedenfalls im vorherigen Text-Absatz das entscheidende Wort. Tatsächlich sieht, wer hier nur fünf Minuten wartet und guckt, Dutzende Autofahrer, die einfach weiterfahren - weil sie das Schild nicht sehen oder nicht sehen wollen oder schlicht ihrer Gewohnheit folgen, ohne noch nachzudenken.
„Das wird noch lange dauern, bis das gelernt ist“, kommentiert Franco Gianetti, der genau an dieser Ecke das Café „C‘era una volta“ betreibt, das frühere Mondrian, und der gerade etwas auslädt. Und er deutet an, was er vom Verkehrskonzept der Stadt hält: nicht allzu viel, um es vorsichtig zu sagen.
Es gibt auch Fahrer, die auf der Rü plötzlich stutzen, auf die Bremse treten und wenden wollen
Die, die durchfahren, machen zwar alles falsch, stören aber wenigstens den Verkehrsfluss nicht. Es gibt jedoch auch Fahrer, die plötzlich stutzen, auf die Bremse treten und dann ein Wendemanöver versuchen, weil sie zwar nicht weiterfahren, aber ebensowenig abbiegen wollen. Andere bleiben stehen und brauchen eine längere Bedenkzeit, während hinter ihnen wüst gehupt wird.
Den meisten, die einfach verkehrt herum in die nunmehr „unechte“ Einbahnstraße Rü weiterfahren, passiert am Mittwoch erst einmal nichts. Ein Fiat-Fahrer hat Pech. Ein Motorrad-Polizist hält ihn an und stellt ihn zur Rede, lässt ihn aber anscheinend mit einer mündlichen Verwarnung davonkommen. Eine bürgerfreundliche Geste. Aber schließlich läuft die Verkehrsführung in Rüttenscheid wohl seit Erfindung des Automobils anders, da darf man seitens der Obrigkeit mal ein paar Tage großzügig sein.
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Das ganze wird übrigens zusätzlich kompliziert, weil man am Rüttenscheider Stern von der Zweigertstraße als Rechtsabbieger in diesen Teil der Rü einfahren darf, aber eben nur von dort. Mancher, der aus einer anderen Richtung kommt, meint wohl unwillkürlich, er dürfe das ebenfalls, was aber nicht (mehr) stimmt.
Verwirrung und falsche Entscheidungen auch auf der Huyssenallee
Verwirrung gibt es selbst da, wo ein riesiger roter Fahrradstreifen eindeutig zeigt: hier nicht! Am Ende der Huyssenallee, die schon jetzt mit Radstreifen und farbenfrohen Radweg-Abpollerungen reicht gesegnet ist, signalisiert die meterbreite rote Fläche mit dem weißen Fahrrad drauf, dass es für Autofahrer eine Geradeaus-Spur direkt auf die Rü ab sofort nicht mehr gibt. Trotzdem wollen es viele nicht glauben und fahren weiter. Andere fahren nach links auf die Hohenzollernstraße, wenden dort mehr oder weniger illegal, um dann halt als Linksabbieger auf die Rüttenscheider Straße zu fahren. Das ist nämlich erlaubt.
Überhaupt, die erzwungenen Umwegfahrten. „Gestern habe ich jemanden gefahren, es kostete 18 Euro, wo es sonst 12 Euro waren“, erzählt ein Taxifahrer am Rüttenscheider Stern. „Der Fahrgast hat mir gesagt, dass er sich das künftig nicht mehr leisten kann.“ Die Taxi-Branche sei sauer, weil sie anders als Ruhrbahn-Busse von den Beschränkungen nichts ausgenommen ist. „Wir zählen doch auch zum öffentlichen Nahverkehr.“
Taxifahrer auf der Rü meint: Die Stadt hätte andersherum Schikanen einbauen sollen
Die Stadt hätte, wenn schon, dann in die umgekehrte Richtung Schikanen einbauen sollen, meint der Mann. „Vom Hauptbahnhof Richtung Rüttenscheid fahren doch viel mehr Autos als in die umgekehrte Richtung, wo die Durchfahrt weiter erlaubt ist.“ Da hat unser Taxifahrer allerdings etwas missverstanden. Erklärtermaßen geht es darum, möglichst viele Autofahrer vom Fahren auf der Rü abzuhalten, nicht möglichst wenige.
Wer immer Probleme hat, die Änderungen zu begreifen, es naht Hilfe: Am Mittwoch, 23. Oktober, veranstaltet das Amt für Straßen und Verkehr der Stadt Essen in der Zeit von 13 bis 15 Uhr am U-Bahn Aufgang Rüttenscheider Stern einen Info-Tag zur neuen Verkehrsführung. Mitarbeiter der Polizei, des Ordnungsamtes und des Amtes für Straßen und Verkehr stünden dann „für Fragen rund um das Verkehrskonzept zur Verfügung“. Auch Oberbürgermeister Thomas Kufen und Verkehrsdezernentin Simone Raskob wollen vorbeischauen.
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