Essen-Werden. Markus Kämmerling wollte eigentlich Pfarrer werden, wurde dann aber Berufsschullehrer. Jetzt ist er Chef jener Schule, die Erzieher ausbildet.

Markus Kämmerling (45) ist neuer Leiter der Johannes-Kessels-Akademie. Das katholische Berufskolleg in Werden gehört zur Caritas und bildet vor allem Erzieherinnen und Erzieher aus, die in Kitas oder im Offenen Ganztag (OGS) arbeiten. An die Johannes-Kessels-Akademie gehen derzeit rund 350 Schülerinnen und Schüler; unterrichtet werden sie von etwa 30 Lehrerinnen und Lehrern.

Zur offiziellen Amtseinführung vor wenigen Tagen kam auch Oberbürgermeister Thomas Kufen; er sagte: „Durch den kontinuierlichen Ausbau der Kita- und OGS-Plätze brauchen wir in Zukunft immer mehr Fachpersonal für die Betreuung. An der Akademie werden schon heute dafür die Weichen gestellt.“

Nach dem Vordiplom kamen Kämmerling Zweifel

Wie Kämmerling an die Berufsschule kam? „Purer Zufall“, sagt der vierfache Familienvater. „Eigentlich war mein Traumjob Pfarrer.“ Nach dem Abi in Hamm fing er ein Theologie-Studium in Paderborn an, arbeitete sich bis zum Vordiplom durch, doch dann hielt er inne: „Will ich wirklich zölibatär leben? Das fragte ich mich zusehends. Und nicht zuletzt schreckten mich die innerkirchlichen Strukturen davon ab, in den Pfarrdienst einzutreten.“

Damit meint er nicht nur Horrorgeschichten von Kindesmissbrauch, sondern vor allem verkrustete Machtverhältnisse, wenig Bewegung im Apparat und nicht zuletzt das Abwenden vieler bewegter Katholiken an der Basis, die keinen Ausweg mehr sehen, als ihre Kirche, die sich nicht mehr als die eigene empfinden, zu verlassen. Entsprechend sattelte Kämmerling um, profitierte von einem Programm, das Theologie-Studierende in den Schuldienst führt. „Diese Entscheidung“, sagt Kämmerling, „habe ich nicht einmal bereut.“

„Die innerkirchlichen Strukturen schreckten mich davon ab, in den Pfarrdienst einzutreten. Diese Entscheidung habe ich nicht einmal bereut.“

Markus Kämmerling, Schulleiter

Kämmerling ist erklärter Fan der beruflichen Bildung, und er lobt ausdrücklich die Stadt Essen: „Längst nicht jede Kommune engagiert sich so bei der Ausbildung junger Erzieherinnen und Erzieher.“ So wagte man mit der Stadt gemeinsam die Etablierung einer neuen Ausbildung: Junge Leute mit mittlerem Schulabschluss können „Sozialassistenten“ werden, das sind Hilfskräfte in Kitas und im Ganztag; das neue Angebot werde gut angenommen, berichtet Kämmerling.

Er steht deshalb mit Leidenschaft für die Schulform Berufskolleg, weil „sie einen Neustart ermöglicht“. Junge Leute können am Berufskolleg Abschlüsse nachholen und sich gezielt in eine Richtung weiterentwickeln, „der Bezug zur Praxis motiviert viele“. Das Berufskolleg motiviere junge Menschen, mehr über ihre Eigenständigkeit nachzudenken, indem es Perspektiven biete. Seinen pädagogischen Auftrag versteht Kämmerling vor allem darin, „nicht von Klausur-Inhalten her zu denken, die gelernt werden müssen, sondern die Schülerinnen und Schüler grundsätzlich in ihren Handlungskompetenzen zu stärken“.

Das Wichtigste: „Für die jungen Menschen da sein“, sagt Kämmerling

Vor seinem Amtsantritt in Essen-Werden hatte Kämmerling eine Bildungsgang-Leitung an einem Kolleg in Moers inne, weitere berufliche Stationen waren unter anderem Kempen und Witten. Sein Ziel ist es, seine Schule weiter zu öffnen für moderne Lehrmethoden, zum Beispiel jahrgangsübergreifenden Unterricht, und auch über zeitgemäße Arbeitsformen für Lehrerinnen und Lehrer, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie besser als bislang ermöglichten, sollen auch das Thema von Kämmerling werden. „Die Schule grundsätzlich“, sagt Kämmerling, „ist bei diesen Punkten nicht immer Vorreiter.“ Doch das Wichtigste sei ihm, dass „diese Schule als erstes für die jungen Leute da ist“. Das betreffe auch Fragen der Religion und der Kirche.

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