Essen. Unbekannte haben mit Absicht eine Turnhalle in Kettwig geflutet. Der Schaden ist enorm. Generell wird der Vandalismus in Schulen immer schlimmer.
Nachdem Unbekannte die Turnhalle der Jakob Muth-Schule in Kettwig unter Wasser gesetzt und somit für lange Zeit unbenutzbar gemacht haben, äußern stadtweit viele Betroffene ihre Ratlosigkeit und ihre Sorge. Der bislang beispiellose Fall zeigt, dass der Vandalismus in und an Schulgebäuden außerhalb der Unterrichts neue, früher unbekannte Dimensionen erreicht hat.
In Kettwig hat die Polizei die Ermittlungen zu den Vorgängen am Wochenende des 24. und 25. August offiziell der Staatsanwaltschaft übergeben. Fest steht nur: Unbekannte sind in die Turnhalle eingedrungen, wenngleich es keine Einbruchspuren gibt. Mit Schläuchen, die offenbar vor Ort waren, leiteten sie mit voller Absicht das Wasser aus den Wasserhähnen im Umkleidebereich in die Halle.
Die Halle wurde zuletzt 1997 saniert. Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass der Linoleum-Boden und der Unterbau aus Holz und Schaumstoff komplett zerstört sind. Essens Planungsdezernent Martin Harter schätzt, dass die aufwendige Sanierung gut und gerne zwei Jahre in Anspruch nehmen könnte.
Geflutete Turnhalle in Essen liegt vollkommen abgelegen
Die Turnhalle, Baujahr 1968, liegt in einer Senke am Bögelsknappen am Nordrand von Kettwig, das gesamte Schul-Areal liegt abgeschieden wie ein Schullandheim am Waldrand. In die Jakob Muth-Schule gehen 136 Kinder der Klassen eins bis vier; es scheint ausgeschlossen, dass Kinder diesen massiven Schaden verursacht haben. Es muss jemand ganz gezielt diese Halle aufgesucht haben mit dem Ziel, sie zu zerstören.
Nicht nur für die Kinder der Jakob Muth-Schule wird jetzt Ersatz gesucht für den Sportunterricht. Die Halle wurde auch von der Schule an der Ruhr besucht, einer Grundschule in Kettwig. Deren Leiterin Tina Willaschek sagt: „Turnhallen sind immer die Lieblingsorte von Kindern. Man hat mit diesem Vandalismus die Kinder getroffen, die am meisten leiden.“ Bis eine neue Sporthalle gefunden wird, die mit dem Bus angesteuert wird, macht man an der Schule an der Ruhr jetzt Sportunterricht entweder im Freien auf einem nahe gelegenen Spielplatz oder nutzt den „Bewegungsraum“ im Schulgebäude, der aber wirklich nur ein Raum und somit viel zu klein ist für echten Sportunterricht.
Feuer vernichtete ganze Klassen in Essener Gesamtschule
Diesmal war es Wasser, das den immensen Schaden angerichtet hat; in der Vergangenheit war es häufiger Feuer: „Wenn in Ihrer Schule Feuer gelegt wurde“, erzählt Julia Gajewski, „dann hält das sehr lange nach. Sie haben den Geruch sehr lange in der Nase und zeigt Ihnen, wie verwundbar Sie sind.“ In der Bockmühle wurde in den Sommerferien 2017, in den Weihnachtsferien 2020 und zweimal im Oktober 2022 Feuer gelegt, mit jeweils unterschiedlich gravierenden Folgen, bisweilen waren viele Räume über Monate nicht nutzbar.
Nicht selten wurde vermutet, dass es Schülerinnen oder Schüler waren, die die Feuer gelegt hatten, offiziell geschnappt wurde nie jemand, zumindest hat es die Schule nie mitgeteilt bekommen. „Ich verstehe das Sinnlose an diesem Vandalismus nicht“, sagt Julia Gajewski. Die meisten ihrer Schüler seien so gut wie mittellos, „warum nimmt man sich dann noch das Wenige, was man hat?“ Klassenzimmer seien schließlich auch Wohnzimmer, und einen Klassenraum zu verlieren, würde bedeuten, einen wichtigen Lebensmittelpunkt nicht mehr zu haben.
Nicht nur in besonderen sozialen Brennpunkten wie Altendorf, wo die Gesamtschule Bockmühle steht, gibt es ein Problem mit regelmäßigen Brandstiftungen. Auch in Borbeck kennt man die Gefahr: Dort zündelten Unbekannte am Pfingst-Wochenende 2024 an einem Seitentrakt. Sechs Klassenräume waren deshalb lange unbenutzbar, das Feuer fraß sich an der Außenfassade hoch. „Zum Glück konnte in den Sommerferien jetzt alles repariert werden“, sagt Lars Schnor, der Leiter des Gymnasiums Borbeck. „Doch Sie gehen jetzt wachsamer über den Schulhof und achten stärker darauf, ob Schulfremde auf dem Gelände sind.“
Vandalismus an Essener Schule: Kein Hausmeister mehr vor Ort
Ob‘s was nützt? Das Vandalismus-Problem ist deshalb so groß geworden, mutmaßt Schnor, weil es nicht mehr, wie vor Jahrzehnten, Hausmeister gibt, die im Dach- oder Untergeschoss der Schulgebäude ihre Privatwohnungen haben und deshalb rund um die Uhr vor Ort sind.
Vor rund 15 Jahren schaffte Essen die Präsenz-Hausmeister reihenweise ab, bildete Pools von Hausmeistern, von denen jeder für mehrere Gebäude zuständig ist; wirklich dauerhaft präsent ist nur die Handynummer vom Hausmeister, die irgendwo im Fenster hängt. Die Stadt musste damals kräftig sparen; Unternehmensberatungen hatten die Schulverwaltung zu diesem Schritt geraten, die Kommune stand unter verordnetem Sparzwang, und man hielt Essen vor, andere, vergleichbare Städte würden weniger Geld für Hausmeister ausgeben.
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Es könnte sein, dass sich das jetzt rächt. Von den vielen Einbrüchen in Schul- und Kita-Gebäuden, die häufig von blinder Zerstörungswut angetrieben werden, ist schon kaum noch irgendwo die Rede. Als fast schon zu gewöhnlich erscheinen einem heute solche Vorgänge.
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