Essen-Stoppenberg. Dr. Aischa Nitardy hat an der Charité gearbeitet und in Berlin ein MVZ aufgebaut. Jetzt leitet sie die Statamed-Station am St. Vincenz.
Was verschlägt eine erfolgreiche Medizinerin von Berlin nach Essen-Stoppenberg? Nach Promotion und zehn Jahren an der Charité, nach Stellen als Chefärztin einer Station mit 70 Betten an einem Berliner Klinikum, nach dem Aufbau und der Leitung eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) in Berlin? „Der Wunsch, etwas Neues aufzubauen“, sagt Dr. Aischa Nitardy. Die 49-jährige Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie hat zum 1. Juli die ärztliche Leitung der Statamed-Station im St. Vincenz übernommen, war allerdings schon von Beginn an in die Planung und Organisation involviert.
Anfang April sind zwei Etagen des ehemaligen St. Vincenz, das vor über dreieinhalb Jahren geschlossen worden war, mit einem neuen Konzept wiedereröffnet worden: „Statamed“ lautet der Projektname, die Kurzform für „stationäre allgemeinmedizinische Versorgung“.
Gesundheitsversorgung im St-Vincenz in Essen-Stoppenberg soll ausgebaut werden
Menschen, die zu krank sind, um zu Hause zu bleiben, aber keine intensivmedizinische Betreuung benötigen, können hier stationär aufgenommen und behandelt werden. Dabei geht es vorwiegend um Kurzzeit-Aufenthalte, allerdings werde jeder Patient so lange betreut wie erforderlich, betont Geschäftsführer Robert Hildebrandt. „Wir haben keine Begrenzung der Liegedauer.“ Kurz vor und bis zu 28 Tage nach dem Klinik-Aufenthalt können die Patienten zu Hause oder im Pflegeheim von mobilen Pfegekräften, den „flying nurses“ begleitet werden. So sollen unnötig lange Liegezeiten vermieden werden, ohne dass Patienten und Angehörige zu schnell wieder auf sich allein gestellt sind.
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Die Statamed-Station mit ihren 29 Betten bildet die erste Säule des Gesundheitszentrums St. Vincenz. Perspektivisch soll die Station in einen Neubau umziehen. Geplant ist zudem ein Bereich für ambulante Operationen, in dem auch niedergelassene Mediziner ihre Eingriffe durchführen können. Darüber hinaus sollen sich vor Ort Fachärzte und weitere Gesundheitsdienstleister ansiedeln. Zeitfenster, laut Robert Hildebrandt: neun bis zehn Jahre.
„Wir haben keine Begrenzung der Liegedauer.“
Auf diese Weise soll die Klinik eine Brücke zwischen ambulanter und stationärer Versorgung schlagen. Die Erfahrung mit dem Aufbau des Berliner MVZ komme ihr nun zugute, sagt Dr. Aischa Nitardy. Es reize sie, die Schnittstellen zwischen den ambulanten und stationären Bereichen auszuloten und diese miteinander zu verzahnen. Beispiel Nachsorge: Die flying nurses könnten überprüfen, ob Patienten ihre Medikamente gut vertragen und zu Hause zurecht kommen, oder auf Anordnung der Chefärztin eine Blutprobe nehmen, wie etwa im Fall der Patientin, die wegen eines akuten Nierenversagens auf der Statamed-Station behandelt worden war. „So konnte ich die Blutwerte überwachen und den Hausarzt informieren, ohne dass die Patientin länger in der Klinik bleiben musste“, erklärt Nitardy.
Bisher würde das Konzept aufgehen: „Was wir uns vorgenommen haben, funktioniert.“ Auch die Patienten seien zufrieden: mit der Behandlung, den Abläufen, der Betreuung. Sie würden davon profitieren, dass der Personalschlüssel „etwas üppiger“ sei als in regulären Krankenhäusern. So habe sich eine Dame sehr gefreut, dass man ihr am Tag der Entlassung noch die Haare frisch gewaschen und frisiert habe. „‚Jetzt sehe ich so schön aus, wenn ich nach Hause gehe‘, hat sie zu mir gesagt.“
Statamed-Team will Vertrauen der Menschen im Essener Norden gewinnen
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Ein Anliegen Nitardys und ihres Teams ist es, das Vertrauen der Menschen im Essener Norden in die medizinische Versorgung wiederherzustellen. Das nämlich ist nach der Schließung des St. Vincenz und des ehemaligen Marienhospitals in Altenessen, das als Gesundheitspark seit 2022 mit neuen Angeboten belebt wird, noch immer erschüttert.
Kooperation mit Praxen und Pflegeheimen
Eine klassische Notaufnahme hat die Stadtteilklinik St. Vincenz nicht; Patienten können sich daher auch nicht selbstständig dort anmelden. Die Zuweisung erfolgt über Hausarzt- und Facharztpraxen, Pflegedienste und -heime, Rettungsdienst und Feuerwehr.
Eine Unterscheidung zwischen gesetzlich und privat versicherten Patienten mache die Klinik nicht, sagt Geschäftsführer Robert Hildebrandt: Zimmer, Verpflegung und Visiten seien für alle gleich. Außer der überall fälligen Krankenhaus-Tagegeld-Zuzahlung entstünden für Patienten keine Kosten.
Das Statamed-Konzept sei in dieser Form einmalig in Essen und in ganz NRW, so Hildebrandt, weitere Standorte gebe es in Hamburg und Niedersachsen.
Für ihr Team sucht die ärztliche Leiterin Dr. Aischa Nitardy noch Unterstützung, unbefristet und tarifvertraglich bezahlt, wie sie betont: „Pflegefachkräfte dürfen sich jederzeit an uns wenden. Alle anderen Stellen sind allerdings schon besetzt.“ Interessierte können sich entweder bei Frauke Harnischfeger, Referentin der Geschäftsführung melden: 0201 45150-101, f.harnischfeger@vincenz-essen.ruhr, oder bei Geschäftsführer Robert Hildebrandt: 0201 45150-100, r.hildebrandt@vincenz-essen.ruhr.
Vielen sei noch nicht bewusst, dass in dem alten Gebäude wieder medizinischer Betrieb laufe, sagt Nitardy. Doch seit Anfang Juli würden die Zuweisungen deutlich steigen – und das trotz Urlaubszeit, in der normalerweise eher wenig los sei. Der Kontakt zu den niedergelassenen Ärzten und Ärztinnen in über 300 Praxen, an dem das Team in den vergangenen Monaten mit vielen Besuchen und Infoveranstaltungen gearbeitet hat, ist hergestellt. „Wir merken so langsam, dass es angenommen wird.“ Wie zum Beweis klingelt Nitardys Diensttelefon während des Gesprächs mehrfach: Praxismitarbeiter rufen an, um Patienten anzukündigen, fragen nach, ob und wann sie Patienten schicken können, übermitteln Werte und Daten eines Patienten.
„Die Patienten müssen gut versorgt werden, das ist das Wichtigste. Deshalb bin ich Ärztin geworden.“
Nitardy nimmt jeden Anruf persönlich entgegen: Auch das eine vertrauensbildende Maßnahme. Zu den Regelzeiten zwischen 8 und 18 Uhr soll für die Zuweiser stets die leitende Ärztin oder ihr Stellvertreter Dr. Christoph Tannhof erreichbar sein.
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Der Austausch mit den Praxisärzten ist ein wichtiger Bestandteil des Statamed-Konzeptes. Hausärzte würden ihre Patienten oft jahrelang kennen, und wissen, wie sich deren Zustand entwickelt hat. Mit ihnen zusammenzuarbeiten ermögliche eine gezieltere Behandlung, sagt Nitardy. Aus diesem Grund würden alle Fälle auch täglich im gesamten Stationsteam besprochen, an den Visiten nehme sie selbst als Chefärztin oder ihr Vertreter sowie Stationsärzte, Mitarbeiter von Pflegepersonal, flying nurses und Patientenlotsen teil. „Die Patienten müssen gut versorgt werden, das ist das Wichtigste“, sagt Nitardy. „Deshalb bin ich Ärztin geworden.“
Das Spektrum der Klinik werde nicht erst mit den Meilensteinen wie zum Beispiel dem Neubau oder der geplanten Ansiedlung von Gesundheitsdienstleistern erweitert, sondern laufend ergänzt. So werde Anfang September die Endoskopie in Betrieb genommen. Auch plane man Veranstaltungsformate, um Patienten und Angehörige zu informieren, und Weiterbildungsangebote für medizinisches Personal, kündigt Nitardy an. „Ich hoffe, dass die Bevölkerung wahrnimmt, dass hier etwas passiert, das für sie gedacht ist.“
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