Essen. Im September jährt sich der Tod von Mahsa Amini das zweite Mal. In Essen soll ein XXL-Gemälde an die junge Frau und den Protest im Iran erinnern.

Sie haben ihre Stimme erhoben, Solidarität gezeigt und wollen jetzt ein Zeichen setzen, das unübersehbar ist im Essener Stadtbild: Ärzte, Apotheker und weitere in Heilberufen Tätige iranischer Herkunft wollen an den gewaltsamen Tod von Jina Mahsa Amini vor zwei Jahren erinnern und auf die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen im Iran aufmerksam machen – mit einem überdimensionalen Wandbild. „Nun suchen wir jemanden, der uns eine große freie Wand zur Verfügung stellt“, sagt die Essener HNO-Ärztin Shabnam Fahimi-Weber.

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Am 16. September jährt sich der Tod von Mahsa Amini zum zweiten Mal: Weil sie ihr Kopftuch nicht korrekt getragen haben soll, war die 22-Jährige im September 2022 in Teheran von der iranischen Sittenpolizei verhaftet und anschließend brutal behandelt worden. Als sie drei Tage nach der Festnahme im Krankenhaus starb, löste das eine landesweite Protestwelle aus. Das Regime schlug blutig zurück, konnte aber nicht verhindern, dass der Slogan „Frau – Leben – Freiheit“ um die Welt geht.

Essens Oberbürgermeister zeigte Solidarität mit den Protestierenden im Iran

Auch die Stadt Essen solidarisiert sich damals mit den Protestierenden im Iran. Es sei ihm wichtig, „ihre Anliegen sichtbar zu machen“, sagt Oberbürgermeister Thomas Kufen und lädt Vertreter der 2300 Iraner und Iranerinnen in Essen zum Austausch ins Rathaus ein.

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Kurz vor Weihnachten 2021 startet das bundesweite „Forum der Heilberufler iranischer Herkunft – Parsimed“ dann mit einer Aktion, an der sich auch Essener Ärzte und Apotheker beteiligen: Mittwoch für Mittwoch tragen sie an ihren Arbeitsplätzen schwarze Armbinden, fordern ein Ende der Gewalt im Iran. „Wir legen eine Art Schweigeminute in unserem Alltag ein und lenken die Aufmerksamkeit auf die Ereignisse im Iran“, erklärte Shabnam Fahimi-Weber dazu.

Wer hat eine freie Wand für ein Kunstwerk?

Private Hausbesitzer oder Wohnungsgesellschaften, die eine Hauswand für das geplante Wandbild zur Verfügung stellen möchten, schreiben bitte an: info@parsimed.org oder info@hno-zentrum-ruhr.de

Der Film „Ein kleines Stück vom Kuchen“ über das alltägliche Leben der Frauen im Iran läuft noch bis einschließlich Mittwoch, 21. August, jeweils um 17.30 Uhr (nicht Montag und Dienstag) im Filmstudio Glückauf an der Rüttenscheider Straße 2.

Zwei Jahre später sind die Machtverhältnisse im Iran zementiert und die aktuellen Nachrichten beunruhigend. Die iranische Community in Essen will jetzt nicht allein auf die unveränderten Missstände aufmerksam machen: „Wir wollen mit dem Wandbild auch ein Zeichen der Hoffnung setzen“, erklärt Fahimi-Weber. Gedacht ist an ein Motiv aus dem Iran der 1970er Jahre, das starke Frauen unbekümmert in einer Alltagsszene zeigt.

Ein Entwurf des Schweizer Künstler-Kollektivs „Cup of Color“ für ein Wandgemälde in Essen. Es zeigt Frauen in einer unbefangenen Alltagsszene im Iran.   
Ein Entwurf des Schweizer Künstler-Kollektivs „Cup of Color“ für ein Wandgemälde in Essen. Es zeigt Frauen in einer unbefangenen Alltagsszene im Iran.   

Gemalt werden soll das Bild von „Cup of Color“: Die Schweizer sind Nichtregierungsorganisation und Künstler-Kollektiv und wollen ihre monumentalen Murals (Wandmalereien) als ebenso politisch wie ermutigend verstanden wissen. Etwa ein 300 qm großes Werk an einer Hauswand in Zürich, das an den blutigen Militärputsch in Myanmar erinnert. Es zeigt eine Frau, die in ihrer Trauer doch drei Finger in die Höhe hebt, „als Symbol für Menschenrechte, Demokratie und Freiheit“. Universale Werte, für die auch hierzulande plakativ geworben werden sollte, findet Shabnam Fahimi-Weber: „Wir können in Deutschland nicht untätig bleiben.“

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Parsimed Essen hat daher das Künstler-Kollektiv eingeladen, in Essen zu arbeiten: „Wir stellen Unterkunft, Anreise, Materialien und Gerüst und zahlen auch einen kleinen Tagessatz, obwohl Cup of Color bereit wären, das Bild auch ohne Honorar zu malen.“ Die Arbeit wird einige Tage dauern und filmisch von einem jungen Essener begleitet, der hier eine Agentur hat und ohne Honorar arbeitet.

Dr. Shabnam Fahimi-Weber, HNO-Ärztin in Essen

„Wir wollen mit dem Wandbild auch ein Zeichen der Hoffnung setzen.“

Shabnam Fahimi-Weber, HNO-Ärztin aus Essen, möchte im Stadtbild auf die Lage im Iran hinweisen

Was fehlt, ist eine großflächige, frei einsehbare Wand: Anfragen bei den Essener Wohnungsgesellschaften laufen, aber auch private Immobilienbesitzer sind willkommen. Dass bis zum Jahrestag nur noch ein Monat Zeit bleibt, stresst Fahimi-Weber nicht. Es gehe schließlich um eine bleibende Botschaft, da komme es auf ein paar Tage nicht an.

Iranische Community schöpft Kraft und Hoffnung

Welche Kraft und Hoffnung gemeinsame Projekte entfalten können, haben Parsimed und „Woman Life Freedom“ Essen e.V. Mitte Juli im Filmstudio Glückauf erlebt, als sie dort zur Vorführung von „Ein kleines Stück vom Kuchen“ in der Originalfassung (Farsi) mit Untertiteln einluden. Der Film, der ein Bild des Alltags der Frauen im Iran zeichnet, bescherte dem Regie-Duo den Applaus des Berlinale-Publikums und Repressalien in der Heimat. Die iranische Community in Essen bestärkte er, weiter aktiv zu bleiben.

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