Essen-Kupferdreh. In Kupferdreh liegt, abgeschieden in ländlicher Gegend, ein Wohnprojekt für Frauen. Sie fürchten jetzt um ihre gemeinsame Zukunft.

Wer hat ein Haus oder eine große Wohnung und verkauft oder vermietet sie an eine Frauen-Wohninitiative? Das „Beginenhaus Projekt“ ist auf eine neue Bleibe angewiesen. In Kupferdreh-Dilldorf, weit über den Dächern des Stadtteils, zwischen Feldern und Wäldern, residiert seit drei Jahren das „Beginenhaus“ am Priembergweg in einem alten Gehöft aus der Jahrhundertwende. Zurzeit leben dort, nicht sonderlich weit bis zur Stadtgrenze Velbert, drei Frauen.

„Beginen“ nannte man früher Frauen in klösterlichen Gemeinschaften, wenn auch ohne strenge Ordensregeln. Recht bekannt in Essen und darüber hinaus ist der „Beginenhof“ im früheren Finanzamt-Süd an der Rüttenscheider Goethestraße. Viel ländlicher dagegen leben die Frauen des „Beginenhaus Projektes“ am Priembergweg: „Wir sind ein eigenständiger Verein“, sagt Kathrin Hölscher (40). Auch, wenn sie und ihre Mitbewohnerin Stéphanie Fritz (43) vor der Gründung des Kupferdreher Hauses an der Goethestraße zu Hause waren.

Ein Zentrum für ökologisch und spirituell bewusstes Leben

Umgeben von einem stattlichen, ländlichen Grundstück, haben sie aus dem „Beginenhaus“ eine Art Zentrum für ökologisch und spirituell bewusstes Leben gemacht: „Wir haben uns aktiv in die Nachbarschaft eingebracht“, erzählt Kathrin Hölscher „und weit mehr als 100 Angebote geschaffen.“ Sie zählt auf: Friedens-Meditationen, Yoga-Kurse, Kräuter-, Pilz- und Vogelstimmenwanderungen, Fotokunst-Ausstellungen über die klimatisch bedingten Veränderungen der Natur, direkt vor der Tür am Priembergweg. Meditationen, Literaturabende, Wanderprojekte. Viele externe Expertinnen und Experten kämen, um vor Ort ihre Angebote zu unterbreiten; man ist Mitglied der Ehrenamt-Agentur, nimmt jederzeit auch Frauen für eine gewisse Zeit auf, die eine Auszeit brauchen, egal, ob von Familie oder dem Job. Und man heißt Wanderer auf dem Pilgerweg zwischen Dortmund und Aachen stets willkommen. „Wir hatten regelmäßig“, berichtet Kathrin Hölscher, „Leute aus ganz NRW hier.“

In den drei Jahren des Bestehens habe man intensive Kontakte aufgebaut zur Kupferdreher Bürgerschaft, stecke mitten in den Planungen für ein Nachbarschafts-Café im Ortskern; stehe mit der Kirche in Verbindung, habe die „Kupferdreher Fahrrad-Initiative“ ins Leben gerufen ... und Anfragen von interessierten Frauen, die Teil des Projektes werden wollen, die ins Haus einziehen möchten, gebe es jederzeit. „Das Interesse ist immer hoch.“ Das geräumige Haus mit seiner einladenden Wohnküche direkt im Erdgeschoss bietet Platz für sechs Menschen.

Das Haus aus der Jahrhundertwende wird zunehmend unbewohnbar

Doch das Haus, so einladend es auch ist, wird zunehmend unbewohnbar. Deshalb zögerten mittlerweile viele Interessierte. Der Schimmel macht sich breit, auch in Wohn- und Schlafräumen. Eine Sanierung, sagt die Stiftung, der die Immobilie gehört, käme nicht in Frage. Entsprechend musste man den Mietvertrag für Ende September kündigen. „Ich habe Angst“, sagt Kathrin Hölscher, „dass ich dann wohnungslos auf der Straße stehe. Wir möchten unbedingt, dass unser Projekt weitergeht. Es ist ein emotionaler Zustand, der kaum auszuhalten ist. Es zerreißt uns das Herz.“

Gesucht wird: eine passende Bleibe, egal ob Haus oder Wohnung, fünf Leute sollten Platz finden, und für einen Kauf habe man bereits ein Konzept erarbeitet, das mit einer Schwarm-Finanzierung das nötige Kapital heranschaffen soll. „In Kupferdreh bleiben zu können“, sagt Kathrin Hölscher, „wäre natürlich ein Traum.“ Aber weil die Lage auf dem Immobilienmarkt so ist wie sie ist – kleines Angebot, hohe Preise –, ist die Verzweiflung um so größer.

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Vielleicht gibt es noch irgendeine Möglichkeit? Beziehungsweise eine freie Immobilie, deren Besitzer Interesse hat? Das Hausprojekt freut sich über E-Mails: beginenhausprojekt@web.de. Für alle Interessierten, die am Fortbestand des Projektes interessiert sind und sich fragen, wie sie helfen können, gibt es auch einen Info-Abend im Beginenhof Rüttenscheid, Goethestraße 63, am Dienstag, 25. Juni, 19 Uhr.

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