Emmerich/Rees. Konflikt mit einem Bewaffneten: Ein Rentner soll den Mann, der geschossen hatte, bedroht und angezeigt haben. So lief der Prozess in Emmerich.
Mittagszeit. Zwei Schüsse im Wald. Ein 63-jähriger Rentner und seine Hunde schrecken auf. Ungefähr 100 Meter weiter, auf einer weiten Wiese, steht ein Mann mit Gewehr. Eine Ausgangssituation, die am 19. Januar in Rees zu zwei Straftaten geführt haben soll. Beide betreffen den Rentner, der sich nun im Amtsgericht Emmerich äußerte.
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Als er auf den bewaffneten 66-jährigen Mann traf, habe er ihn bedroht. „Du darfst hier nicht schießen“, begann das Gespräch. Nach einer kurzen Diskussion habe sich der 63-Jährige weggedreht und „ich komme sonst zurück und erschieße dich“ gesagt. Mit seinen Hunden nach Hause zurückgekehrt, habe er gleich eine Online-Anzeige bei der Polizei aufgegeben. Er sei im Wald in Rees „beschossen“ worden. Eine falsche Anschuldigung, wie die Beamten später feststellten. Doch wer war der Mann, der mit umgehängtem Gewehr auf der Wiese im Wald stand?
Schießübungen ohne Hinweisschilder
„Vorher habe ich ihn schon einmal getroffen“, blickte der Angeklagte über seinen deutsch-niederländischen Dolmetscher zurück. Wenige Tage vor der Eskalation hätten sie einen Plausch im Wald gehalten. Gegenstand des Gesprächs war der Missmut des Rentners über Jäger und Jagdhundeausbildungen, die regelmäßig „das Wild im Wald aufscheuchen.“ Sein Gegenüber, der seinen Tieren gerade das Apportieren lehrte, war damit ebenfalls gemeint. Jener merkte jedoch an, eine Erlaubnis dafür zu besitzen.
Durch die Lautstärke der zwei Schüsse „in Angst und Schrecken versetzt“ schien der Reeser die Lizenzierung des Mannes zu vergessen. Dass es zu einer verbalen Auseinandersetzung kam, bestätigte er im Prozess. „Durch den Wald laufen um diese Zeit viele Leute, es ist lebensgefährlich, da einfach zu schießen“, bemängelte der Angeklagte das Fehlen von Hinweisschildern. Zwar sei er fassungslos und verängstigt gewesen, zu einer Drohung habe er jedoch nicht angesetzt. Im Gegenteil: „Ich hatte Angst, beim Weglaufen richtete er die Waffe in meine Richtung.“ Seither habe er seinen Lieblingswald nie wieder betreten.
Im Zweifel für den Angeklagten
Um seinen Hunden die Jagd zu simulieren, schoss der besagte Mann zweimal in die Luft. Dabei habe er die Wiese die ganze Zeit einsehen können. „Ich wäre ja nicht so dumm, mich öffentlich mit einer Waffe zu positionieren, wenn ich das nicht dürfte“, sagte er im Zeugenstand. Ferner bestand er darauf, bedroht worden zu sein, was „ein einschneidendes Erlebnis“ war. Wieso er nicht zur Polizei ging und erst nach der Anzeige des Rentners die Drohung in den Raum warf? Schweigen im Saal. Nach einer langgezogenen Minute ein Schulterzucken.
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„Wir haben hier eine typische Konstellation von zwei Aussagen, die sich widersprechen“, zog die Vertretung der Staatsanwaltschaft ihr Fazit. Und da gelte: „Im Zweifel für den Angeklagten.“ Auch der Vorwurf der falschen Verdächtigung konnte fallengelassen werden. So habe der Angeklagte den Jagdhundeausbilder in erster Linie nie bei der Polizei anzeigen wollen.
Bedeutungsschwerer Übersetzungsfehler
„Ich dachte, ich gebe eine Meldung auf, damit alle Bescheid wissen, dass dort geschossen wird“, erklärte der Rentner. Wegen der Sprachbarriere habe der gebürtige Niederländer keinen Unterschied zwischen „beschossen“ und „geschossen“ machen können. Auch das Gericht wertete dies als bedeutungsschweren Übersetzungsfehler. Freispruch.