Emmerich. Nach einer Zitterpartie ging es auf dem Schützenfest der Borussen ans Schießen. Welche beiden Schützen um die Königswürde rangen.
Mit jeder verstreichenden Sekunde steigt die Nervosität im Vereinsvorstand der Boruissa-Schützen. Einige laufen nochmal durch die Reihen aus Bierzeltgarnituren, andere schütteln nur den Kopf. Ob nun überzeugende Worte ins Ohr gelegt oder auf Freiwilligkeit gehofft: Seitens der Mitglieder bleibt es vorerst ruhig. Noch vor dem ersten Schuss um den Königstitel baute sich am Samstag eine riesige Spannung am Kapaunenberg auf.
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Bereits im letzten Jahr zitterte die Gesellschaft um einen neuen Regenten. Ein Trend, der sich durch die meisten Schützenvereine in der Region zieht. „Das ist immer ein schwieriges Thema. Die Leute haben Sorgen, die sich halten, obwohl sie nicht stimmen“, erklärte Pressesprecher Karl Janssen. Entgegen vieler Annahmen sei der Thron weder teuer noch besonders zeitaufwändig: „Jedenfalls bei uns nicht.“ Im letzten Jahr sammelten die Schützen ganze 12 Neumitglieder, der Verein laufe in dieser Hinsicht bestens, „nur um das Königsamt ranken sich eben Gerüchte.“
Er wollte nie König werden
Dabei sei die Zeit, die damit anbricht, eine unvergessliche. 2016 holte Janssen selbst den Vogel von der Stange, folgte damit einer gepflegten Familientradition. Für ihn war immer klar, dass er irgendwann auf das Holztier zielen würde, „das spornt an“. Als er dann plötzlich den richtigen Schuss setzte, schrieb sich „ein großer Moment in meinem Leben.“ Nun trägt er die grüne Uniformjacke ganze 50 Jahre, genoss auf der Stadtplatte im Zuge der Feierlichkeiten seine verdiente Ehrung.
Diese Schützen wurden geehrt
Neben Karl Janssen erhielten außerdem für 60 Jahre Klaus-Dieter Ertel, für 50 Jahre Wilhelm Heering und Andre de Schrevel, für 40 Jahre Hugo Thesing und für 25 Jahre Peter Schieferdecker Auszeichnungen. Der Königinnenorden ging an den früheren Antreteoffizier Alfred Weicht.
Zurück zum Kapaunenberg: Mittlerweile kann Direktor Klaus Daams kaum noch den Blick von der Uhr wenden. Die Bewerberfrist droht zu enden. „Der letzte Aufruf“, appelliert er an die Mitglieder. Innerhalb der Züge beginnen Gespräche, dann bleibt es doch ruhig.
„Ich wollte das eigentlich auch nie“, lachte Wolfgang Bolz, der den Thron 2015 führte. Er schoss damals nur auf den Vogel, weil sein Zug ihn drängte, „dann kam ich der Pflicht nach.“ Wie es das Schicksal wollte, gewann der Borusse, der das Amt lieber abgelehnt hätte. „Ich drehte mich um, da freuten sich meine Frau und meine Tochter plötzlich total, waren völlig begeistert“, schlug die Stimmung um. Seine Königszeit wurde damit zu einem Erlebnis für die ganze Familie, „es war wie Weihnachten. Im Endeffekt war es ein Geschenk, von dem ich nicht wusste, wie sehr ich es wollte“. Er riet daher allen Mitgliedern, es einfach zu probieren. Schließlich wisse er am besten, wie sich das Blatt wenden kann.
Neuer König hat bekannte Spedition
„Es hat schon einen Grund, warum die meisten Könige weinen, wenn das Jahr rum ist“, ergänzte Rainer Verhoeven, der 2008 König der Gesellschaft war. Der Verein sei Gemeinschaft, Familie und Herzlichkeit. Dass die Amtszeit, wenn auch unverhofft, wunderbar werde, sei damit schon Garantie. Wieso also nicht? Nach über einer Stunde dachten sich das zwei Schützen, die letztlich Hand ans Gewehr legten. Jochen Hebben und Manfred Langanke bewarben sich um den Königstitel. Dass es noch spannender werden konnte, bewiesen sie.
Langanke schoss präzise den Vogel ab, erlöste damit wohl neben dem Holztier gleich den ganzen Vorstand. Der Besitzer der bekannten Spedition Langanke regiert die Borussen nun gemeinsam mit seiner Frau Iris. Wenn er auch erst zögerte, so kann er wohl auf die Worte seiner Vorgänger vertrauen.