Emmerich. Das hatte es noch nie gegeben: Beim Königsschießen der Borussia Schützengesellschaft in Emmerich traten zunächst keine Aspiraten an. Was geschah.
Nervenzerreibende Spannung, noch vor dem ersten Schuss: Bei der Borussia Schützengesellschaft Emmerich schossen neben den Königsbewerbern auch die Pulse in die Höhe. Für einen Zeitraum, der sich länger streckte als erhofft, stand die Gesellschaft am Samstag ohne König dar. Nachdem der Gewinner des vorigen Jahres, Volker Houben, seine Schärpe während der Feierlichkeiten ablegte, meldete sich vorerst niemand zum großen Königsschießen. Eine 176-Jährige Vereinstradition drohte zu zerbrechen. Dabei schrieben die Teilnehmerzahlen trotz brütender Hitze Rekord.
Knapp 300 Schützen nahmen an den Feierlichkeiten, die morgens mit Kanonenschuss an der Rheinpromenade begannen, teil. „Das ist enttäuschend. Ich denke, viele haben Angst vor der Verpflichtung und weil sie nicht wissen, was sie erwartet. Dabei ist es echt schön“, grübelte Vorstandsmitglied Tim Blümlein. Seine Verzweiflung sollte jedoch am selben Abend noch in Freudentränen umschlagen. Als die Bewerbungsfrist zum Königsschießen ablief, musste eine Notlösung her.
Notfalls hätten die ehemaligen Könige zum Kaiserschießen antreten müssen
Sollten alle Stricke, außer die des Vogels, reißen, müssten die ehemaligen Könige zum Kaiserschießen antreten. Lange hing der schwarze Holzvogel samt goldenem Krönchen an der schattigen Hausfassade des Kapaunenbergs. Immerhin, so hatte es doch etwas gutes, ließ sich das kleine Kunstwerk würdig bestaunen. Schließlich steckt eine Menge Arbeit in jeder seiner Federn. „Meistens sitze ich ungefähr drei Tage dran, alles handgemacht“, erklärte stolzer Schießmeister Franz Arntzen.
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Er werkelt jeden Holzvogel selbst, bemalt werden sie liebevoll von seiner kreativen Tochter. So gab es bereits viele mit politischen Botschaften der Solidarität. Beispielsweise in den Farben der Ukraine oder auch in Regenbogenoptik. „Daher baumelt der abgeschossene Vogel meist an einem Seil, statt zu Boden zu fallen. Dann kann der Sieger eine schöne Erinnerung mit nach Hause nehmen“, lächelte Arntzen. Sicherlich spielte auch die aufwendig gestaltete Trophäe eine Rolle, wieso sich letztlich doch vier Bewerber auf den Königsthron fanden. Ein Pfiff besiegelte die Blasmusik und eröffnete das amtsschwere Königsschießen.
Beim 32. Schuss holte Florian Blümlein in Emmerich den Vogel von der Stange
Das Gewehr nahmen sowohl jung als alt in die Hand: Florian Blümlein, Manfred Langanke, Ludger Pooth aka „Bolle“ und Thomas König. Die spannende Partie geübter Schützen ließ die Masse aufspringen. Immer wieder spielten fliegende Holzsplitter mit den ohnehin zermürbten Nerven der Zuschauer. Dann, beim 32. Schuss, erlöste Florian Blümlein vom neunten Zug das Holztier. Mit seinem zielsicherem Abzug brachen Jubel samt Freudentränen aus. „Das ist mein Sohn, stolzer könnte ich nicht sein“, schwärmte ein gerührter Tim Blümlein.
Den Lorbeerkranz um den Hals des neuen Oberhauptes gehangen, trällerten die Schützen auch schon los: „Wir haben nen neuen König.“ Der ist 27 Jahre alt, arbeitet in einer Brauerei und kürte gleich seine Königin. Freundin Laura Reinen wird ihn während seiner Amtszeit würdig unterstützen. So steht dem Königsball kommendem Samstag nichts mehr im Weg. Trotzdem, so appellierte der Vorstand, sei das lange Warten eine Folter gewesen, auf die in Zukunft verzichtet werden solle. Schließlich läuft ein Schützenfest nicht ohne König.
>>>Auch die Ehrengäste durften schießen
Auch die Ehrengäste durften am Samstag schießen. Den Kopf holte Rainer Otten der St. Sebastianer. Der rechte Flügel ging an Florian Blümlein (9.), der linke an Andre de Schrevel (13.). Den Reichsapfel holte Frederik Mosterts (19.), das Zepter Silas Damen (5.). Karl Hesseling (11.) schoss den Rumpf.