Emmerich/Rees. Sieben Wochen lang war eine komplette Torpedobootdivision aus Propagandazwecken im Jahr 1900 auf dem Rhein unterwegs. Große Begeisterung in Rees.

Kaiser Willhelm II. hatte es als einen Propagandafeldzug angeordnet. Eine komplette Torpedodivision fuhr daraufhin auf dem Rhein bei Emmerich und Rees vorbei. Bernd Ellerbrock hielt nun auf Einladung des Reeser Geschichtsvereins und der Stadtbücherei Rees einen bebilderten Vortrag über die Rheinfahrt der Kaiserlichen Marine im Jahr 1900. Rund 50 Zuschauer lauschten den Ausführungen.

Werbung für Aufbau der Kriegsflotte

 Kaiser Wilhelm II. auf einer Aufnahme aus dem Jahr 1917.
Kaiser Wilhelm II. auf einer Aufnahme aus dem Jahr 1917. © picture alliance / dpa | dpa

Sieben Wochen lang waren ein Divisionsboot und sechs Torpedoboote auf dem Rhein unterwegs, um in einer riesigen Propagandashow im Auftrag des Reichsmarineamtes mit beispiellosem Aufwand einen Werbefeldzug für den Aufbau einer monströsen deutschen Kriegsflotte zu starten.

Im Volksmund Schwarze Gesellen genannt

„Weil die Torpedoboote der Kaiserlichen Marine zur Tarnung für Nacht- und Nebelangriffe schwarz angestrichen waren, hießen sie im Volksmund Schwarze Gesellen“, erklärte Bernd Ellerbrock.

Die Reise begann am 1. Mai 1900 morgens um 6 Uhr in Rotterdam. Um 19.10 Uhr des ersten Tages pausierte die Division in Emmerich. Ein Boot ankerte an einer Werft-Landstelle, die übrigen Boote im Hafen, um Kohle zu bunkern.

38 Rheinstädte wurden besucht

Am nächsten Morgen ging die Fahrt weiter, auch an Rees vorbei in Richtung Köln, wo die erste große Veranstaltung geplant war. Nach Köln standen noch 38 direkte Rheinanlieger wie auch Rees und Emmerich und acht weitere Städte wie Kleve auf dem Programm.

Auf dem Rückweg stromabwärts war es dann am 14. Juni so weit, nach Abfahrt der Flottille gegen Mittag in Wesel besuchten je drei Torpedoboote Rees und Xanten. Das Divisionsboot mit Kommandant Felix Funke lief zuerst Xanten und danach Rees an.

Aufzeichnungen des Reeser Chronisten Wilhelm van der Ven

„Eine ungeheure Menschenmenge, Groß und Klein, die von Nah und Fern herbeigeeilt waren, versammelten sich zur Begrüßung“, zitierte Ellerbrock den Reeser Chronisten Wilhelm van der Ven. Die Stadt hatte ein Festessen für die Offiziere im oberen Saal des Rheinhotels Sommer ausgerichtet, während die Mannschaften im großen Saal des Restaurants Disch bewirtet wurden.

Zum Programm in Rees gehörte ein Festumzug durch die Stadt und die Bevölkerung konnte die Torpedoboote in Augenschein nehmen. Auch in Rees strömten die Menschen zum „Open ship“ herbei und warteten geduldig, bis sie, von der örtlichen Gendarmerie geregelt, die Kriegsschiffe inspizieren durften. Es waren ganze Schulklassen in Begleitung ihrer Lehrer dabei.

Autor war aus Seelze angereist

Als Abschiedsgeschenk erhielten die Mannschaften, vor ihrer Abfahrt nach Emmerich, Fotos der Vorbeifahrt an Rees vier Wochen zuvor. Die Rückseite der Abzüge in edler Ausführung enthielt eine Widmung in Form eines Gedichtes. Das komplette Gedicht und eine Zusammenfassung des Vortrags veröffentlicht der Reeser Geschichtsverein Ende des Jahres in seiner Jahrespublikation Der Reeser Geschichtsfreund.

Autor Bernd Ellerbrock zeigt sein Buch „Schwarze Gesellen auf dem Rhein“ bei den neuen Alltagsmenschen Rääße Sackendräger.
Autor Bernd Ellerbrock zeigt sein Buch „Schwarze Gesellen auf dem Rhein“ bei den neuen Alltagsmenschen Rääße Sackendräger. © NRZ | Dirk Kleinwegen

Der 66-jährige Bernd Ellerbrock war aus Seelze, Nähe Hannover, nach Rees gereist. Er war von 1997 bis 2013 Leiter der Haushaltsabteilung des Niedersächsischen Finanzministeriums. Dort kündigte er vor acht Jahren, um nur noch als Sachbuch-Autor insbesondere zu Themen wie Hafen und Schifffahrt sowie als Fotograf zu arbeiten.

>>> Weitere Lesungen geplant

Die Stadtbücherei Rees hat weitere Lesungen geplant: 3. November, 19 Uhr, Gaststätte Meyboom in Empel: Heribert Lülf stellt sein Buch Abgeschnitten vom Weltverkehr, die Bahnstrecke Empel-Münster vor.

Jeweils um 20 Uhr finden die folgenden Lesungen im Bürgerhaus Rees statt: 27. Oktober: Erwin Kohl, Der war schon tot; 19. Januar 2022: Die Krimi-Cops, Böse Falle, 9. Februar: Anne Gesthuysen, Wir sind schließlich wer.