Duisburg. Infusionen anhängen, Blutdruck messen, Patienten waschen: Auf dieser Station der Sana-Kliniken pflegen Azubis. Wie selbstständig sie wirklich arbeiten.
Sude Naz Akgün positioniert das Stethoskop geübt unter der Manschette des Messgeräts, um den Blutdruck eines Patienten zu überprüfen. Kurz darauf nickt sie zufrieden. Wenige Stunden zuvor hat die 20-Jährige gemeinsam mit einer Praxisanleiterin einen Verstorbenen gewaschen und in die Pathologie gebracht. „Das war nicht toll, gehört aber dazu“, sagt sie.
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Dafür ist Sude schließlich auf der Ausbildungsstation der Sana-Kliniken. Sie soll alles erleben und erlernen, was die spätere Tätigkeit als Pflegefachkraft beinhaltet. Das Konzept ist nicht neu: Am Helios Klinikum Duisburg gibt es eine solche Abteilung schon seit 2020, auch in den Sana-Kliniken experimentierte die hauseigene Pflegeschule schon mehrfach mit temporären Projekten unter dem Motto „Schüler leiten eine Station“. Im Januar 2024 entschied man dann, dauerhaft eine Station der Ausbildung von Pflegefachkräften zu widmen.
„Hier schauen die Praxisanleiter uns auf die Finger, anstatt selbst zu übernehmen“
Sie fasst maximal 16 Patienten in acht Zimmern und beherbergt Krankheitsbilder aller Fachrichtungen: vom Beinbruch bis zur Lungenentzündung. Aktuell sind hier sieben Auszubildende tätig. Sude ist im ersten Lehrjahr. Als sie im Dezember auf der Ausbildungsstation ihre erste Praxiseinheit gestartet hat, hatte sie gerade drei Monate Theorie hinter sich.
Auf der Abteilung ist sie für einen Patienten zuständig, den sie von der Aufnahme über die Behandlung bis zur Entlassung begleitet. Sie nimmt seine Werte, wäscht ihn und dokumentiert seinen Krankheitsverlauf. „So lernen die Schülerinnen früh, Verantwortung für Patientengruppen zu übernehmen“, sagt Birgit Kau, sie verantwortet die Leitung der Bereichspraxisanleiter.
Mit den Lehrjahren steigert sich die Zahl der zu betreuenden Patientinnen und Patienten – im zweiten Lehrjahr sind es zwei, im dritten drei. Zum Vergleich: Nach der Ausbildung betreuen examinierte Pflegefachkräfte auf der Intensivstation maximal drei Patienten, auf anderen Stationen für gewöhnlich sechs bis 10 Personen.
Ausbildungsstation der Sana-Kliniken: Azubis werden von Praxisanleitern begleitet
Ohnehin: Ganz sich selbst überlassen sind die Auszubildenden nicht, ein Praxisanleiter begleitet sie immer. Er steht eng daneben, wenn ein Verband angelegt oder Werte eingetragen werden, und greift notfalls ein. Auch andere examinierte Pflegekräfte und Lehrer unterstützen die Azubis. Das Projekt ist weit davon entfernt, dass die Schülerinnen und Schüler die Station tatsächlich „leiten“. „Wir müssen die Sicherheit der Patienten gewährleisten“, begründet Klaus Pamp, pädagogischer Leiter der Ausbildungsstation.
Dennoch kommt das Konzept bei den Azubis gut an. „Mir hat es sehr gut gefallen“, schwärmt Michelle von Sarnowski rückblickend. Die Schülerin war während ihres zweiten Lehrjahrs in der Abteilung. Der Unterschied zu anderen Stationen der Sana-Kliniken? „Hier schauen die Praxisanleiter uns auf die Finger, anstatt selbst zu übernehmen.“
Frank Heller, Leiter der hauseigenen Schule für Pflegeberufe, bestätigt den Eindruck der Auszubildenden: „Auf der Ausbildungsstation stehen die Azubis als Lernende deutlich mehr im Mittelpunkt.“ Während es anderswo häufig nur darum ginge, die Abläufe des Klinikalltags zu erlernen, lernten sie hier „die Pflege des Menschen mit seinen Bedürfnissen sehr gut“ kennen.
Die Schule für Pflegeberufe bildet aus
An der Schule für Pflegeberufe der Sana-Klinken gibt es insgesamt 200 Ausbildungsplätze. Bewerbungen nimmt die Schule jeweils im April und Oktober an. Die Chancen stehen gut: Seit rund fünf Jahren kann die Pflegeschule nicht alle Plätze besetzen. Auch Absolventinnen und Absolventen verspricht Schulleiter Frank Heller „sehr gute“ Aussichten: Die Übernahmequote liege in den vergangenen Jahren bei 95 bis 98 Prozent, examinierte Pflegefachkräfte landeten in den Wedau Kliniken oder im Bertha Krankenhaus in Rheinhausen.
Die Pflegeschule gibt es seit 50 Jahren. Seit 2020 ist Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege sowie Gesundheits- und Kinderkrankenpflege in einer Ausbildung zusammengelegt: Heute bildet die Schule die Azubis zu Pflegefachkräften aus. Später können die Schülerinnen und Schüler entscheiden, in welchem Bereich sie tätig werden. Neben den Theoriestunden muss jede Schülerin und jeder Schüler in den drei Jahren Ausbildung zehn Praxiseinsätze absolvieren: Sie werden für mindestens 2500 Stunden im Krankenhaus, Seniorenheim, in der ambulanten Pflege, in der Kinderklinik und in der Psychiatrie eingesetzt.
Die Azubis erleben die Übergabe aus dem Frühdienst, besuchen die Patienten und machen sich ein Bild von ihrem Gesundheitszustand. Sie hängen Infusionen an und wechseln Verbände. Wird jemand entlassen, bereiten sie das Zimmer für den nächsten Patienten vor und arbeiten mit den Ärztinnen und Ärzten am Entlassungsbrief. Äußerlich kann man die Schülerinnen und Schüler kaum von examinierten Pflegefachkräften unterscheiden – tragen sie doch alle Kasacks im selben Dunkelblau.
Pädagogischer Leiter möchte Ausbildungsstation weiter ausbauen
Patient Mohammed Moussazadeh, dessen Blutdruck Sude misst, hat auch in der Qualität der Betreuung keinen Unterschied bemerkt: „Ich fühl mich gut aufgehoben“, sagt er. Rückmeldung wird auf der Ausbildungsstation ohnehin großgeschrieben. Alle Patienten werden nach ihrem Aufenthalt gebeten, diesen zu bewerten. Laut Pamp fallen die Bewertungen sehr positiv aus.
Auch insgesamt stößt das Projekt bei den Sana-Kliniken auf großen Zuspruch: Die Ausbildungsstation wird neben der Pflegeschule von der Geschäftsführung und der Pflegedirektion unterstützt. Bislang besuchen die Schülerinnen und Schüler die Station während ihrer Ausbildung einmal – im ersten, zweiten oder dritten Lehrjahr. Die restlichen Praxiseinheiten verbringen sie in der ambulanten Pflege und auf anderen Stationen. Pamp träumt davon, dass die Schülerinnen bald in jedem Lehrjahr eine Einheit auf der Abteilung einlegen und hier in Zukunft mit Medizinstudierenden und Logopädinnen sowie Physiotherapeuten in Ausbildung zusammenarbeiten. Dafür brauche es jedoch mehr Azubis und Praxisanleiter.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels stand, die Auszubildenden würden zentrale Venenkatheter (ZVK) legen. Das ist nicht richtig. Beim Legen von ZVK handelt es sich um eine ärztliche Tätigkeit, die von Auszubildenden in der Pflege nicht übernommen werden darf. Auch in der Ausbildung bei den Sana-Kliniken hängen die Schülerinnen und Schüler lediglich Infusionen an. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.
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