Duisburg. Nach einer Meningitis wird Aaron zum Pflegefall. Seinen Mitschülern bleibt er wichtig. Das spürt man auch bei einem Besuch in den Sana-Kliniken.
So voll ist es im Operationssaal der Sana-Kliniken in Duisburg wohl nur selten. Vorbildlich eingekleidet mit OP-Kittel, Haarnetz und Überzug für die Schuhe, lauschen die Schülerinnen und Schüler der 3a aus der GGS Böhmer Straße den Worten von Oberarzt Dr. Lars Folkenborn. Die Kinder bekommen anlässlich des Weltanästhesietags und ‚Restart-a-heart‘-Day (16. Oktober) einen Einblick in den Krankenhausalltag.
Aber nicht nur die Aktionstage sind Grund für den Besuch im Krankenhaus und das große Interesse der Schüler. In der Weihnachtszeit 2023 erkrankte ihr Mitschüler Aaron an einer schweren Meningitis und muss seitdem gepflegt werden. Ein „Schicksalsschlag“ sei dies gewesen, erzählt der damalige Klassenlehrer Roland Kohnen, der als Aufsicht an der Exkursion teilnimmt.
Seinen Klassenkameradinnen und -kameraden ist Aaron, der auch in den Sana Kliniken behandelt wurde, noch immer wichtig. Seine Krankheit wurde in der Klasse besprochen, auch ein großer Sponsorenlauf zur Unterstützung seiner Familie fand statt. Die Kinder sind durch sein tragisches Schicksal für medizinische Dinge sensibilisiert. So auch heute, meint Kohnen: „Die Schüler nehmen sich der Sache hier super an.“
Die Grundschüler aus Duisburg sollen die Angst vor einer Operation verlieren
Zwei große Kuscheltiere – Freddy der Frosch und Pia Pinguin, die aber eigentlich ein Walross ist – liegen im OP-Saal auf Tragen und warten darauf, von den Kindern behandelt zu werden. Folkenborn und sein Team haben den Patienten bereits eine „Medikamententanktstelle“ gelegt. Mit einer Spritze dürfen alle Schüler nacheinander an die Tankstelle andocken und die Flüssigkeit hineindrücken. „So verabreichen wir den Leuten ihre Medikamente“, erklärt Falkenborn.
Erklären und die Angst nehmen – darum geht es bei diesem Blick durchs Schlüsselloch des Krankenhauses. Viele Kinder seien vor einem OP-Termin häufig sehr aufgeregt, weiß Folkenborn, der in der Klinik als Anästhesist und Intensivmediziner tätig ist. Deshalb lohne es sich, die medizinischen Dinge in Ruhe zu erklären. Zum zweiten Mal haben die Sana-Kliniken daher Kinder eingeladen, 2023 war eine Kindergartengruppe zu Besuch. „Die Schüler sind sehr interessiert“, freut sich Folkenborn über die gute Resonanz und fügt hinzu: „Wir haben Spaß und sie haben Spaß!“
Klinikpersonal erklärt, welche Geräte im Op-Saal stehen
Auch Wiebke Peinze, Klassenlehrerin der 3a, zieht ein positives Zwischenfazit. Besonders hebt sie die angenehme Atmosphäre hervor. In diesem „Schonraum“ können die Schüler ohne Furcht Fragen stellen, „denn man ist ja nicht wirklich krank.“
Auch interessant
Nun zeigt Folkenborn den Kindern das Ultraschallgerät. Wer will, kann sich damit vom Oberarzt „untersuchen“ lassen. Alle schauen gebannt auf den Gerätebildschirm, auf dem ein Schwarz-Weiß-Bild projiziert wird. „Das ist das Herz, das aus vier Kammern besteht“, erläutert Folkenborn. „Es ist cool zu sehen, wie das Herz pumpt“, sagt Schülerin Sophie staunend.
Dann darf der Nächste ran, mal sehen, was der Ultraschall hier zum Vorschein bringt. Als Erinnerung druckt der Anästhesist Fotos der Ultraschallaufnahmen aus, die die Kinder behalten können. Unter anderem lernen sie heute auch das Beatmungsgerät mit Sauerstoffmaske sowie ein Messgerät, das über den Zeigefinger den Herzschlag misst, kennen.
Mit einer Puppe üben die Schüler Erste Hilfe
Neben der Besichtigung des OP-Saals werden die Grundschüler in Erster Hilfe geschult. Im Hörsaal der Klinik hat Chefarzt Dr. Francisco Brevis Nuñez dazu eine Puppe platziert, an der Wiederbelebungsmaßnahmen geübt werden können. Nach einigen Übungen wird der Ernstfall geprobt, in einem fiktionalen Szenario müssen die Kinder einem Mitschüler helfen, der während der Pause das Bewusstsein verloren hat.
Auch interessant für Sie? 5 viel gelesene Duisburg-Artikel:
- Gebag: Details zum wohl doch unfreiwilligen Wortmeyer-Abschied
- MSV-Kultfan Danny Wustlich (✝53): Mutter enthüllt unbekannte Seite
- Millionengrab im Innenhafen: Überraschende Planänderung
- 6-Seen-Wedau: Das sollen Wohnungen kosten – erste Preise
- Angst vor Überfällen: Geschäfte in Stadtteil schließen früher
Eine Lehrkraft wird nach Aufforderung der Kinder miteinbezogen. Sie beatmet die Puppe, danach führt ein Schüler die Herzdruckmassage durch. Zweimal beatmen, 15-Mal drücken, und das immer wieder. Außerdem ganz wichtig: 112 rufen! Zusammen können die Kinder ihren „Mitschüler“ retten. Brevis ist begeistert: „Ihr seid eine klasse Klasse!“
Chefarzt ist sich sicher: Kinder können Erste Hilfe schnell erlernen
Mit dem kleinen Erste-Hilfe-Kurs werden heute wichtige Grundlagen gelegt. „Die Kenntnisse darin sind leider ausbaufähig“, bemängelt Brevis den generellen Wissensstand in der Gesellschaft. Gerade bei Schülern sei aber das Potenzial, Kenntnisse in Erster Hilfe zu erlangen, groß. „Kinder können das 1A lernen“, ist sich der Arzt sicher. Auch von Seiten der Schüler kommt positives Feedback. „Es ist gut zu wissen, wie man helfen kann“, sagt Sarah. Aufmerksam müssen sie jetzt sein, um im Notfall schnell helfen zu können, fügt ihre Mitschülerin Esila hinzu. Daniel sagt: „Ich habe jetzt keine Angst mehr.“
Zum Abschluss des Tages bekommen alle Schüler noch eine Urkunde über die bestandenen Leistungen. Die Stimmung ist auf allen Seiten positiv. Wenn alles glatt läuft, wird auch im nächsten Jahr wieder ein Schulausflug angeboten. Bedarf und Nachfrage, so heißt es von Seiten der Sana-Kliniken, sei auf jeden Fall da.
Die Krankenakte von Aaron: So geht es ihm heute
- In der Weihnachtszeit 2023 erkrankt Aaron, Schüler der GGS Böhmer Straße, schwer. Was zunächst als grippaler Infekt vermutet wird, entpuppt sich als schwere Gehirnhautentzündung (Meningitis).
- Aaron wird in den Sana-Kliniken in Duisburg behandelt. Zunächst geht es ihm besser, am 29. Dezember erleidet der Junge aber mehrere kleine Schlaganfälle. Um sich zu erholen, wird er „schlafen gelegt“, also sehr stark sediert.
- Ende Januar 2024 wird Aaron geweckt und kommt auf eine spezielle Reha-Einrichtung nach Münster. Anfang Mai verlegt man ihn nach Meerbusch. Aaron kann nicht sprechen und sich kaum bewegen.
- Seine Mitschülerinnen und Mitschüler setzen sich für Aaron ein, nachdem Klassenlehrer Roland Kohnen ihnen von dem Schicksalsschlag berichtet. Sie schreiben einen Brief an Aaron, außerdem findet ein Sponsorenlauf statt, um Aarons Familie zu unterstützen. Über 18.000 Euro kommen laut Kohnen so zusammen.
- Noch immer kann Aaron weder sprechen noch sich fortbewegen. Dennoch feiert er kleine Fortschritte. Ab Ende dieses Jahres soll er an einer behindertengerechten Schule unterrichtet werden. Von dem Geld aus dem Sponsorenlauf und weiteren Spenden konnte sich die Familie ein behindertengerechtes Auto kaufen.
- Gespendet werden kann weiterhin unter gofundme.com.