Duisburg. Die Philharmoniker sind seit vier Jahren Orchester des Wandels. Wie sie in Duisburg, auf Madagaskar, in Brasilien wirken – und wo es noch klemmt.
„Warum nicht mit einem Beet anfangen? Damit rettet man nicht die Welt – aber man macht sie ein bisschen schöner.“ Das Beet, von dem Nils Szczepanski, Intendant der Duisburger Philharmoniker, da spricht, ist eher metaphorisch zu verstehen. Es geht um die vielen kleinen Projekte, die die Philharmoniker als „Orchester des Wandels“ für Nachhaltigkeit und Klimaschutz auf den Weg gebracht haben, als eines von 40 Orchestern deutschlandweit.
Seit knappen vier Jahren arbeitet der Verein „Orchester des Wandels“ nun, auch in Duisburg – Zeit für ein Zwischenfazit. „Wir haben viel auf den Weg gebracht, vieles hat sich etabliert“, sagt Oboistin Imke Alers, und meint damit zum Beispiel die Klimawerkstatt. Ein Konzertabend, der Musik mit Informationen zum Klimaschutz verbindet und dem Publikum die Möglichkeit zum Austausch mit den Musikern gibt. Die nächste Ausgabe steigt schon am Sonntag, 30. Juni, um 19 Uhr im Theaterfoyer, mit „von den Bergwelten inspirierter Kammermusik“.
„Orchester des Wandels“ hat sich bei den Duisburger Philharmonikern etabliert
Die Naturrallye, das Familien- und Schulkonzert „Astrein“, die Unterstützung der nachhaltigen „Schokofahrt“ – die Liste ist lang, da sind selbst die Musiker ein bisschen verdutzt, wie viel sie schon auf die Beine gestellt haben. In den Jahren konnte das Orchester so auch viele lokale Kooperationspartner an Bord holen, die Musik- und Kunstschule, die Naturwerkstatt, Kants Garten, NABU Duisburg, den deutschen Alpenverein – um nur ein paar zu nennen. Sogar in die „großen“ Philharmonischen Konzerte hat es die Nachhaltigkeit geschafft, mit einem Vortrag und Infoständen zum Thema „Gletscher“ zu Richard Strauss‘ Alpensinfonie im November 2023.
Die Idee soll auch weiterhin durch die Konzertreihen wandern, in der neuen Spielzeit trägt das Konzert mit Cellistin Tanja Tetzlaff, Musikpreisträgerin der Stadt Duisburg, den Titel „Energie“. Es bleibt festzuhalten: Das Projekt „Orchester des Wandels“ läuft gut, nicht nur beim erwachsenen Publikum, wie Solopauker Frank Zschäbitz anmerkt. „Die Zusammenarbeit mit der Kunstschule läuft super, zum Thema ‚Berge‘ haben uns die Schüler Gemälde gemalt, die wir dann versteigern konnten.“
Wie das nachhaltige Duisburger Orchester auf Madagaskar und in Brasilien hilft
Denn Nachhaltigkeit braucht nicht nur Ideen, sondern auch Geld. Jedes „Orchester des Wandel“ hat sich verpflichtet, jährlich mindestens 1000 Euro zu spenden, die in mittlerweile drei große Projekte fließen. Auf Madagaskar wird ein Aufforstungsprojekt im Masoala Nationalpark unterstützt, dort wachsen zum Beispiel auch Hölzer, die im Instrumentenbau verwendet werden. Gleichzeitig wird auch die Bevölkerung eingebunden, die die Wälder bewirtschaftet – damit der Holzanbau auch in Zukunft nachhaltig ist.
Dazu kommt das Projekt „Rückenwind“, das Frauen im Masoala Nationalpark in sämtlichen Belangen unterstützt, von Schulungen bis zur medizinischen Versorgung. Ganz frisch ist das Projekt „Araponga“ dazugekommen. Das setzt sich für die Aufforstung der vom Aussterben bedrohten Fernambuk-Bäume an der Ostküste Brasiliens ein – aus dem Holz dieser Bäume werden die Bögen der meisten Streichinstrumente hergestellt.
Wieso das „Orchester des Wandels“ für die Duisburger Philharmoniker doppelt nachhaltig ist
Und da ist wieder die Verbindung der Nachhaltigkeit zur Musik. Weil die Hölzer vieler Instrumente vom Aussterben bedroht sind, ist das „Orchester des Wandels“ für die Musiker quasi doppelt nachhaltig, oder „Hilfe zur Selbsthilfe“, wie es Imke Alers formuliert. Die Orchestermusiker profitieren aber auch ganz unmittelbar von ihrer nachhaltigen Arbeit – mit dem Theatergarten. Unter der Leitung von Frank Zschäbitz ist im Innenhof ein lauschiges Stück Grün jetzt für alle Mitarbeiter im Theater entstanden, für die Mittagspause, für Hoffeste, für Was-auch-immer.
Alles in Butter also? Nicht ganz, mehr geht natürlich immer, aber Solohornistin Magdalena Ernst, Gründungsmitglied des Vereins, ist zuversichtlich. „Drei unserer vier Leitsätze, nämlich ‚Kommunikation‘, ‚Globale Projekte‘ und ‚Vernetzung‘ haben wir schon gut mit Leben gefüllt. In Sachen Eigenverantwortung könnten wir noch etwas mehr tun.“ Ernst meint vor allem den CO₂-Fußabdruck des Orchesters, „aber da warten wir auch noch auf die Pläne zur Sanierung des Theaters.“
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Zum Abschluss ordnet Nils Szczepanski die Nachhaltigkeit auch noch künstlerisch ein – ist ja irgendwie auch sein Job. „Wir sind als Menschen ja auch Natur, und das Erleben von Musik als etwas Natürliches war immer schon ein Thema. Die Gedanken der Natureinheit wurden schon früh künstlerisch verarbeitet, und dabei auch die Frage danach, was uns als Mensch ausmacht.“ Die ersten Beete sind bepflanzt. Aber die Duisburger Philharmoniker, das „Orchester des Wandels“, sind noch lange nicht fertig.