Düsseldorf. Mehr als Bier, Chips, Klopapier: Hüseyin Barisik hat in seinem Kiosk in Düsseldorf-Oberbilk ein offenes Ohr für Kunden. Eins vermisst er aber.
Als Hüseyin Barisik am 6. September 2023 den Oberbilker Kiosk Sonnenecke übernommen hat, da war ihm noch nicht klar, dass er ein knappes Jahr später sehr viel mehr als ein Büdchenbesitzer sein würde. Er versorgt die Menschen in seinem Viertel nicht nur mit Bier, Chips und Klopapier. Der 26-Jährige ist auch Kinderbespaßer, Hundeversteher, Barista, Paketbote, Nachbar, Freund, Helfer in der Not – und vor allem: Zuhörer. „Ich bin hier der Kummerkasten im Block“, sagt Hüseyin und lacht.
Freundliche Worte und offene Ohren im Düsseldorfer Büdchen Sonnenecke
Wer in seinen bunten Laden am Straßendreieck Sonnenstraße, Hüttenstraße und Arminstraße kommt, der braucht oft mehr als das, was in eine Einkaufstüte passt. Freundliche Worte, offene Ohren, Verständnis und Ratschläge gibt es zum Einkauf gratis dazu. „Sie glauben gar nicht, was mir die Leute alles erzählen.“ Manchmal ist es auch mehr Privatinformation, als ihm lieb ist. Aber das kann er aushalten, denn genau so versteht der 26-Jährige seinen Job. „Das ist die Büdchenkultur“, sagt er. „Wir sind hier im Viertel füreinander da.“
Hüseyin Barisik stammt aus der Türkei. Als er sechs Jahre alt war, ist er mit seiner Schwester und der Mutter nach Deutschland gekommen. „Familienzusammenführung“, sagt er. Der Vater, ein Journalist, flüchtete als politisch Verfolger und war schon hier. Gelernt hat er eigentlich Zerspanungsmechaniker und war zwei Jahre bei der Bundeswehr. „Aber mir war immer klar, dass ich mich selbstständig machen möchte.“ Für den Traum vom eigenen Geschäft ist er aus seinem Heimatort im Bergischen Land nach Düsseldorf gekommen, als sich die Chance ergab, den Kiosk an der Sonnenstraße von einem Bekannten zu übernehmen.
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Er hat den Laden komplett umgestaltet, rund 10.000 Euro investiert und stemmt sein Geschäft seitdem mit 15-Stunden-Tagen. Wenn er mal nicht kann, springen Familie oder Freunde ein, aber in der Regel ist der Chef an Bord. Neulich hat ihm eine Kunde, der Arzt ist, gesagt, dass ein solches Arbeitspensum Selbstmord auf Raten sei. Darüber kann er nur schmunzeln: „Ich bin bei der Bundeswehr zwei Jahre durch den Wald gerannt, da schaffe ich doch wohl den Job hier in meinem Büdchen.“
Allerdings, das sagt er auch, ist diese Arbeit als Selbstständiger kein Pappenstiel. „Manchmal meinen Leute, dass ich es gut habe, weil ich hier ja nur rumsitze.“ Denen erklärt er dann, was zu seinem Pensum alles dazugehört. „Angebote jagen“ zum Beispiel. „Das mache ich jeden Tag.“ Er durchforstet das Internet nach günstigen Produkten und wenn er ein Schnäppchen sieht, lädt er sich den Kofferraum voll. „Dann hole ich gleich 150 Kisten.“ Dreimal pro Woche macht er solche Großbesorgungen. „Man verdient nicht beim Verkauf, sondern durch einen geschickten Einkauf.“
Kiosk Sonnenecke beim Büdchentag
Beim Düsseldorfer Büdchentag am Samstag, 24. August, ist Hüseyin Barisik auch mit seinem Oberbilker Kiosk Sonnenecke dabei. Er hat Zelte organisiert und den Getränkevorrat aufgestockt. DJ Chargé wird auflegen. Von 14 bis 22 Uhr wird es bei ihm an der Sonnenstraße 2 ein buntes Nachbarschaftsfest geben. Mehr Information zum Büdchentag: www.duesseldorfer-buedchentag.de.
Während wir reden, geht immer wieder die Tür auf. Ein kleiner Junge darf sich etwas Süßes holen, Zigaretten gehen über den Verkaufstresen, aber vor allem werden an diesem Vormittag Pakete gebracht oder abgeholt. Der Paketshop ist für den Kioskbesitzer finanziell nur ein Zubrot, aber es hilft ihm, neue Leute auf sein Büdchen aufmerksam zu machen. Mittlerweile hat er viele Stammkunden.
„Das ist hier ein richtig toller Nachbarschaftstreff. Man kommt vorbei und lernt Leute kennen.“
Einer von ihnen ist Hussam, der in der Nähe wohnt und sich hier morgens, bevor er zur Uni geht, einen Kaffee holt. Der kommt im Kiosk Sonnenecke aus einer edlen Barista-Maschine. Der 41-Jährige ist ein Fan der Büdchenkultur und so oft im Kiosk von Hüseyin, dass sich die beiden angefreundet haben. „Das ist hier ein richtig toller Nachbarschaftstreff. Man kommt einfach vorbei und lernt Leute kennen.“
Die Kundschaft ist so bunt wie das Oberbilker Viertel. „Wir haben hier so viele verschiedene Nationalitäten, Berufe und Menschen“, sagt Hüseyin Barisik. Da trifft der Besucher vom Bordell um die Ecke auf den Anwalt, der sich ein Feierabendbier holt. „Hier begegnen sich alle auf Augenhöhe. Egal, wie viel sie verdienen oder was sie machen.“
Wo so viele Kulturen und Charaktere aufeinander treffen, kann das Gemisch aber auch schon mal explodieren. „Es kommt auch vor, dass ich Leute aus dem Laden werfen muss“, sagt der Chef. Meist sind es Besoffene, die auf Krawall gebürstet sind. In Momenten wie diesen geben ihm die Kameras Sicherheit, die seinen Kiosk überwachen. Und der Notfallknopf, der direkt mit der Polizei verbunden ist.
Aber zum Glück überwiegen die positiven Begegnungen. Hüseyin Barisik hat so viele Momente, in denen er spürt, dass das mit dem Kiosk für ihn genau die richtige Entscheidung war. Zum Beispiel, wenn Kinder aus dem Urlaub kleine Geschenke „für den Kioskmann“ mitbringen. Und wenn Hunde ihre Herrchen in den Laden ziehen, weil sie wissen, dass es hier immer ein Leckerchen für sie gibt.
- Mehr zum Thema: „Düsseldorfer Büdchentag: Programm und Neuheiten – die Infos“
Wenn er sich jetzt nach fast einem Jahr als Kioskmann etwas wünschen dürfte, dann wäre das: „Mehr Unterstützung von der Stadt Düsseldorf.“ Als Treffpunkt im Viertel hätte Hüseyin Barisik gerne die Möglichkeit, dass seine Kunden im Sommer auch mal an einem Tisch vor der Tür ein Bier trinken könnten. „Aber das ist ohne Konzession nicht möglich.“ Ein wenig neidisch blickt er nach Köln, wo Bekannte von ihm Büdchen betreiben. „Dort wird das viel lockerer gehandhabt.“ Beim Büdchentag am Samstag wird Oberbürgermeister Keller auch beim Kiosk Sonnenecke vorbeischauen. Dann wird er ihn darauf ansprechen.
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