Düsseldorf. Der Bundeskanzler war am Mittwochnachmittag zu Gast bei den Büdchentag-Organisatoren in Düsseldorf. Ein verrückter Nachmittag.

Das so genannte Bachplätzchen in Bilk: Ein Ort, an dem das Miteinander funktioniert. Die Connected Mobility Düsseldorf GmbH hat dort im Auftrag der Stadt eine Vorzeige-Mobilitätsstation installiert. Und mit viel bürgerlichem Engagement wurde das Areal rund ums Büdchen von Bedri Ponik verschönert: Jetzt stehen Bierbänke und Tische unter Schatten spendenden Bäumen. Daneben ein Kiesplatz für die Boule-Spieler aus dem Viertel.

Platz wird für den Bundeskanzler geräumt

Dieser Treffpunkt ist so schön, dass ihn der Verein des Düsseldorfer Büdchentages ausgesucht hat für den Besuch des Bundeskanzlers. Olaf Scholz kam am Mittwochnachmittag auf Einladung der Organisatoren vorbei, um – ganz zwanglos – zu plaudern. So weit man das als Bundeskanzler eben machen kann. Ein Protokoll.

14 Uhr: Bundeskanzler Scholz soll erst in zwei Stunden auftauchen, aber die Polizei hat das Stück der Bachstraße, auf dem sich der Platz und das Kiosk „Bedri’s Island“ befinden, abgesperrt.

14.15 Uhr: Eike, Niko und Isabella treffen sich fast täglich am Bachplätzchen zum Boulespielen. Gegen 15 Uhr sollte es auch heute losgehen. Das Trio ist leicht angesäuert, weil das heute erstmal nicht möglich ist. Noch sitzen sie auf ihrer Bank, da müssen sie aber gleich weg, weil die Polizei den ganzen Platz um 14.30 Uhr räumen lässt. „Kann überhaupt nicht sein, dass die hier wegen einer halben Stunde so einen Aufstand machen“, sagt Niko. Eike hat laut eigener Aussage „in den letzten Tagen den einen oder anderen Zivilpolizisten herumschleichen“ sehen. Isabella kann die Sicherheitsvorkehrungen verstehen. „Das ist eben der Bundeskanzler. Hättet ihr an seiner Stelle doch auch keinen Bock drauf, wenn da neben euch irgendwelche Leute mit schweren Eisenkugeln hantieren würden, oder?“

14.33 Uhr: Der Platz ist geräumt. Bedri Ponik, der das Kiosk in Bilk seit 13 Jahren betreibt, ist wirklich der Beste: Er bringt noch schnell zwei Kaffee, für Freunde, die hinter die Absperrung mussten.

14.35 Uhr: Der auf Sprengstoff spezialisierte Spürhund macht sich an die Arbeit. Am Rande wartet geduldig Bezirksbürgermeister Dietmar Wolf und wird nachdenklich: „Was für ein Aufwand“, sagt der Grüne. „Ein Politiker wie Scholz kann sich nicht einfach irgendwo in Ruhe hinsetzen und einen Kaffee trinken.“ Seine Parteikollegin, Bürgermeisterin Clara Gerlach, kommt dazu und sagt: „Was man nicht alles für die Demokratie macht. Ich finde es aber cool, das Scholz die Leute vom Büdchentag besucht. Ist doch eine tolle Werbung für unsere Stadtkultur.“

14.48 Uhr: Die akkreditierte Presse darf wieder auf den Platz, nicht ohne zuvor gründlich durchsucht zu werden. Jemand fragt, wo eigentlich Oberbürgermeister Stephan Keller ist. Oder die Düsseldorfer SPD.

15.10 Uhr: Büdchentag-Sprecher Clemens Henle kommt auffallend unaufgeregt um die Ecke, sagt aber, dass er sich auf die Begegnung mit dem mächtigen Mann freut. „Es ist natürlich eine Ehre für uns, dass Scholz unserer Einladung gefolgt ist“, so Henle. „Aber wir würden das auch nicht machen, wenn wir von dem Konzept nicht überzeugt wären. Es ist ein dezentrales Stadtfest, niederschwellig, eben eine runde Sache.“ Laut Henle hatte Scholz an diesem Tag noch zwei andere Termine zur Auswahl. Er habe sich aber für die Düsseldorfer Büdchenleute entschieden.

15.28 Uhr: Noch ungefähr eine halbe Stunde. Die Pressefotografen positionieren sich für ein gutes Scholz-Bild auf dem Bouleplatz, auf dem jetzt Eike, Niko und Isabelle spielen könnten.

15.40 Uhr: Hinter der Absperrung wird es langsam voll, sogar an den Fenstern einiger Häuser haben sich die Leute postiert, um den besten Blick auf Scholz zu bekommen. Unten auf der anderen Seite ist ein Plakat mit der Aufschrift „Frieden schaffen ohne Waffen“ zu sehen, daneben hat jemand eine Fahne mit Friedenstaube an einem Verkehrsschild befestigt.

16.09 Uhr: Wann kommt Olaf Scholz? Die akademische Viertelstunde ist gleich vorüber. Eine Frau hinter der Absperrung sagt: „Typisch Politiker, immer zu spät.“

16.13 Uhr: Scholz trifft mit viel Polizeieskorte und Blaulicht ein. Er steigt aus einer schwarzen Limousine, trägt weißes Hemd, graue Hose, keine Krawatte. Leicht gebräunt wirkt er auch. Er setzt sich zu den Büdchentag-Organisatoren an den Biertisch und plaudert. Er bekommt von einer Kiosk-Angestellten sogar einen Kaffee gebracht. Mmh, lecker. Draußen buhen einige aus der Ecke der Friedensaktivisten. Man hört jemanden trommeln und einige Leute „Volksverräter“ und „Scholz muss weg“ skandieren.

16.28 Uhr: Scholz muss aber noch nicht weg, sondern setzt sich jetzt an einen anderen Biertisch. Dort sitzen einige ausgesuchte Büdchenbetreiber. Von den Trommeln und „Scholz muss weg“-Rufen lässt sich der Bundeskanzler nicht beirren. Er plaudert wieder, so geht das noch ein bisschen weiter.

16.45 Uhr: Das war es wohl. Scholz nimmt einen Umweg ans Absperrgitter und hält dort einen kurzen Plausch mit einer Frau. Die Presse bekommt heute keinen O-Ton. Danach ein paar Fotos – auch mit Clara Gerlach und Dietmar Wolf, die den Bundeskanzler warme Düsseldorf-Worte mit auf dem Weg geben. Alles gut gelaufen.

16.53 Uhr: Auch Clemens Henle ist zufrieden: Der Organisator erzählt ein bisschen von der Plauderei mit Scholz, nichts wirklich Spannendes. Aber für ihn ist wichtig: „Dass wir den Büdchentag weiter nach vorne bringen. Mein Traum ist es, dass es vielleicht in zehn Jahren einmal einen NRW-Büdchentag gibt, an dem sich 25 Städte beteiligen. Das kann aber auch in Berlin sein. Aber mir geht es natürlich auch darum, Geld zu generieren für den Büdchentag. Dass irgendwann einmal nicht alles nur ehrenamtlich ablaufen muss.“

17.05 Uhr: Scholz ist weg, weiter zum Unternehmertag. Kioskbetreiber Ponik sagt: Er war sehr nett, ein sehr sympathisches Kerlchen.“ Die Polizei räumt ab, aber der Platz ist noch gesperrt. Es wird dauern, bis Eike und seine Leute heute an die Kugeln dürfen.