Düsseldorf. Das Düsseldorfer Schauspielhaus zieht ein Fazit zur gerade beendeten Saison. „Die Spielzeit ist die beste seit acht Jahren“, so Intendant Schulz.

Längst liegt das Düsseldorfer Schauspielhaus – eines der größten der Republik – bei Auslastungsquoten ganz vorn. Mit rund 252 000 verkauften Karten in der zu Ende gehenden Saison rangiert es im Bundes-Durchschnitt auf den vorderen Plätzen, muss nicht einmal den Vergleich mit dem berühmten Hamburger Thalia-Theater scheuen. „Die Spielzeit ist die beste seit acht Jahren“, freut sich Intendant Wilfried Schulz. Das letzte Mal wurden solchen Zahlen 1989/1990 erzielt, als die Berliner Mauerfiel, fügen er und Chef-Dramaturg Robert Koall hinzu.

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Den beiden geht es weniger um Rekorde, als um den Stolz darauf, dass das einzige Staats-Theater in NRW (finanziert von Stadt und Land) zum festen Bestandteil im Leben vieler Düsseldorfer geworden ist. In Zeit von Krisen und Kriegen haben viele den Bedarf sich auszutauschen. Und wissen, dass das Haus am Gustaf Gründgens Platz auch für diese Fragen offen steht. Aber auch bisher kulturferne Zuschauer für das Theater zu gewinnen, gelang Schulz und Koall unter anderem mit dem Open-Air-Spektakel zur Fußball-EM „Glaube, Liebe, Fußball“ auf dem Gründgens-Platz.

Entscheidung über die Intendanten-Nachfolge wird bald fallen

Doch wie geht’s in zwei Jahren weiter, wenn Schulz altersbedingt (dann 74 Jahre) aufhören wird? Angesichts seines „Winning-Team“ kann die Nachfolge-Frage für das Schauspielhaus von existenzieller Bedeutung sein. Keine einfache Aufgabe für die Findungskommission (u.a. mit Dezernentin Miriam Koch und NRW-Kulturministerin Ina Brandes): Voraussichtlich in den nächsten Tagen, spätestens in wenigen Wochen, muss die Entscheidung fallen. Denn es geht um die berufliche Zukunft von Schauspielern, Regisseuren und des erfolgreichen Leitungs-Teams. Hintergrund: In der Branche gelten längere Vorlaufzeiten für Bewerbungen etc.

In der Ausschreibung der Intendanten-Stelle ist zumindest eine Kontinuität für die von Schulz geschaffene Dreier-Struktur garantiert – Schauspielhaus mit zwei Bühnen, Junges Schauspielhaus und Stadt:Kollektiv/Bürgerbühne sollen demnach nicht verändert werden. So blickt Schulz insgesamt optimistisch in die Zukunft seines ungewöhnlich besucherfreundlichen Hauses mit etwa 400 Mitarbeitern.

Ein Teil des Erfolgs seines Teams gehen sicherlich zurück auf solides Repertoire und Publikumsrenner – wie Dürrenmatts „Besuch der alten Dame“ (zu 93 Prozent ausgelastet), Millers „Tod eines Handlungsreisenden“ oder Shakespeares blutrünstiges Königsdrama „Richard III.“ (beide zu 85 Prozent). Unerwartet gut liefen aber auch die Uraufführung des aktuellen und experimentierfreudigen Stücks „Home Office“ von Toshiki Okada (73 Prozent), der sogar zahlreiche der in Düsseldorf lebenden Japaner angelockt hat. Und die originelle und emotionale Inszenierung von Wolfgang Herrndorfs „Arbeit und Struktur“ – an 29 Abenden zu 90,4 Prozent ausgelastet. Den Nerv der Zeit und der Gesellschaft traf auch das einwöchige Ukraine-Festival mit Künstlern aus Düsseldorf und aus dem vom Krieg heimgesuchten Land. Unter den insgesamt 6000 Zuschauern waren erstmals 40 Prozent Ukrainer.

Sehr gut besucht waren zudem zahlreiche Vorträge und Zusatz-Veranstaltungen zu brennenden Themen wie Kriege in der Ukraine, in Israel und zu dem damit verbundenen Anstieg des Antisemitismus. Hier spürte Schulz, wie er sagt, ein starkes Bedürfnis des offenen Meinungsaustauschs. Wie sehr sich seit Schulz‘ Antritt 2016 politisches Klima und die Gesellschaft verändert haben, stimmt ihn indes nachdenklich. Man müsse schlimmstenfalls damit rechnen, dass die „liberalen Werte, für die wir kämpfen und unser Bewusstsein nicht mehr die Mehrheit der Gesellschaft spiegeln“. In manchen Bundesländern oder Kommunen, in denen die AfD mit ihrem Kulturbegriff an die Macht strebt, bestehe zumindest für die Theater die Gefahr, dass mehr deutsche Stücke für deutsche Zuschauer auf den Spielplänen stehen müssten. Deshalb fordern Schulz und Koall, dass Künstler Signale setzen und ein klares Statement zu dieser Gefahr abgeben.

Neuer Spielplan auf der Internetseite des Schauspielshauses oder untee 0211/ 36 99 11.

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