Voerde. In Voerde könnte Bezahlkarte für Flüchtlinge kommen. UV-Fraktion kritisiert „Gängelung“ und warnt: Modell könnte auch Bürgergeld-Bezieher treffen.
Voraussichtlich im ersten Sitzungslauf werden die politischen Gremien in Voerde über eine Einführung der Bezahlkarte für Flüchtlinge beraten, um danach eine Entscheidung zu treffen. Nach dem Terminkalender wäre dies ab dem 18. März der Fall. Dann tagt als erstes das zuständige Fachgremium, der Sozialausschuss. Diese Zeitschiene skizzierte die Voerder Stadtverwaltung Ende November 2024 gegenüber der NRZ. Sie möchte die Erfahrungen, die diesbezüglich auf Landesebene gesammelt wurden, in die kommunale Entscheidungsfindung mit einfließen lassen, hieß es. Seit Anfang Januar 2025 erhalten in NRW die ersten Geflüchteten die Bezahlkarte – zunächst in fünf Unterbringungseinrichtungen des Landes, in je einer pro Regierungsbezirk. Nach Ankündigung der NRW-Regierung sollen sukzessive innerhalb von drei Monaten die weiteren derzeit 50 Unterkünfte folgen.
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Nach ihrer Zuweisung in die Städte und Gemeinden nehmen die Asylbewerber die Bezahlkarte dorthin mit. „An der Höhe der Sozialleistung als solche ändert sich dabei nichts“, heißt es in einer Erklärung der Landesregierung vom 7. Januar. Gleichwohl könnten die Kommunen „an vor Ort bereits etablierten Systemen“ festhalten. Möglich mache dies die Anwendung der sogenannten Opt-Out-Regelung, die einen Ratsbeschluss erfordert. Städte und Gemeinden, die dasselbe System wie das Land nutzen wollten, könnten „allerdings auf bestehende Datensätze zu den Leistungsempfängerinnen und -empfängern mit Informationen wie zum Beispiel Name, Ausweisdokument etc. zugreifen und diese vom Land übernehmen“.
Die Fraktion „Die Unabhängigen Voerde“ ist gegen die Einführung der Bezahlkarte
In Reihen der Voerder Politik wird bereits Ablehnung gegen die Einführung der Bezahlkarte laut, mit der Leistungen für Asylsuchende weitgehend bargeldlos gewährt werden. Der Stadtverwaltung liegt dazu ein entsprechender Antrag vor. Darin fordert die Fraktion „Die Unabhängigen Voerde“ (UV), von der Opt-Out-Lösung Gebrauch zu machen, sprich, den Weg der Umstellung auf das Bezahlkarten-Modell nicht mitzugehen. Der Rat der Stadt Münster hat genau dies bereits beschlossen. Geflüchtete sollen dort weiterhin Bargeld oder Überweisungen auf das Konto erhalten.
Befürworter führen Geldüberweisungen an die Herkunftsländer oder Schlepper an und hoffen, dass sich diese durch die Bezahlkarte unterbinden ließen. „Das häufig gebrachte Argument, dass massenhaft Geld ins Ausland geschafft würde, ist mehrfach widerlegt“, hält die UV-Fraktion in ihrem Antrag dagegen. Tatsächlich sei die Bezahlkarte „ein vor allem von konservativen“ Politikerinnen und Politikern „gefordertes Bürokratiemonster, das Menschen in ihrer Freiheit einschränken wird, ohne dass es hierfür berechtigte Gründe gibt“. Zugleich entstünden derweil hohe Aufwände und Kosten.
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Der UV-Fraktionsvorsitzende Stefan Meiners sieht mit der Einführung der Bezahlkarte zudem die Unternehmerinnen und Unternehmern „in der Freiheit der Ausgestaltung ihres Gewerbes eingeschränkt“. Seine Argumentation: Die Geschäftsleute wären gezwungen, neben dem gesetzlichen Zahlungsmittel die Karte zu akzeptieren, „wenn sie mit den betroffenen Personen Handel betreiben wollen“. Zudem hätten sie für jede Transaktion „erhebliche Gebühren“ zu entrichten. Dies habe vor allem bei „preisgebundenen Waren, kleinen Transaktions-Werten und Waren mit geringer Gewinnspanne“ eine Unwirtschaftlichkeit zur Folge, „die letztlich dazu führen müsste, Kunden und Transaktionen abzulehnen“. Und: Den Nutzenden der Bezahlkarte werde „die Möglichkeit genommen, anonym Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen oder Waren zu erwerben. Jede einzelne Handlung wird nachvollziehbar protokolliert werden“, warnt Meiners in dem Antrag.
„Das häufig gebrachte Argument, dass massenhaft Geld ins Ausland geschafft würde, ist mehrfach widerlegt.“
Schon jetzt sei klar, dass es sich bei der Bezahlkarte letztlich um einen „Türöffner“ handele. Meiners argumentiert, dass bereits erste Forderungen laut würden, „diese Gängelung“ auch auf Beziehende von Grundsicherung auszuweiten. Genau diesen Vorschlag hatte der CDU-Bundestagsabgeordnete Maximilian Mörseburg, Mitglied des Ausschusses für Arbeit und Soziales, im vergangenen Jahr zur Sprache gebracht.
In Summe sei festzuhalten, dass durch die Bezahlkarte für Asylbewerber „die Freiheit von Menschen eingeschränkt werden soll“. Auch handele es sich dabei um einen Pilotversuch, „der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ dazu führe, weitere Bevölkerungsgruppen einzuschränken. Daher sei Voerde gefordert, in der Tradition einer Stadt, die stets das Miteinander gefördert habe und das Beste für alle Einwohner, gleich, ob Bürger oder geflüchtete Menschen, zu erreichen versuche, die Einführung der Bezahlkarte abzulehnen.