Dinslaken. Erstmals kam in der Diskussion über eine Erweiterung der Klaraschule die Schulleiterin zu Wort. Ihre eindringlichen Worte. Und das Ergebnis.
Gabriele Büren, Leiterin der Klaraschule, wird nicht laut. Scheinbar ruhig sitzt sie vor dem Schul- und Jugendhilfeausschuss und redet der Politik ins Gewissen. Berichtet, wie die Lage an ihrer Schule ist. Der Schule im Blumenviertel, die aus allen Nähten platzt, weil hier erheblich mehr Kinder wohnen, als Schulkapazitäten vorhanden sind. 2023 beschloss der Stadtrat, die Schule zu erweitern, 2024 machte dasselbe Gremium auf Betreiben von SPD, CDU, UBV und FDP eine Rolle rückwärts. Aus Kostengründen. Nun sollten Schul- und Jugendhilfeausschuss eine neue Entscheidung auf den Weg bringen.
Diese Alternativen stehen zur Wahl
Diese Alternativen stehen an dem Abend zur Wahl: Nutzung einzelner Räume der „pinselsanierten“ Elisabethschule, die Gründung einer Kooperationsschule an der Elisabethschule, Modul-Anbau an die Klaraschule, die Verteilung der Kinder auf andere Schulen im Stadtgebiet. Das alles ist aber bis Sommer nicht umsetzbar. SPD, CDU und UBV haben deswegen kurzfristig vorgeschlagen, zwei Container für die Klaraschule zu beschaffen. Erstmals wird nun die Schulleiterin dazu gehören.
Das sagt die Schulleiterin
Gäbe es in der Sitzung Noten zu verteilen, hätte die Schulleiterin wohl nur der Stadtverwaltung eine „1“ gegeben - für die Vorlage zum Thema, die auf zwölf Seiten die bisherige Beschlusslage zusammenfasst. „Eine saubere Recherche der verpassten Chancen“, wie Gabriele Büren findet. Ihre Schule wurde im Rahmen der 2012 angestoßenen Schulsanierungen für 160 Schüler konzipiert. Die Anmeldezahlen an der Klaraschule sind von 47 Schülern im Schuljahr 2019/20 auf aktuell 71 pro Jahrgang gestiegen.
„Wir sind recht überfüllt. Und das Problem ist nicht neu“, sagt Gabriele Büren. Aktuell besuchen knapp 250 Kinder die Klaraschule. Für den Offenen Ganztag gibt es 150 Anmeldungen. „Aber die Räumlichkeiten sind ja nicht mitgewachsen“, so die Schulleiterin. Die Toiletten etwa. Oder der Offene Ganztag, der nur einen Gruppenraum habe. Schon jetzt werde jeder Raum doppelt genutzt. Die Ganztagskinder müssen Spielsachen immer komplett wegräumen. Ein Puppenhaus könne nicht für den nächsten Tag stehen bleiben. Nachmittags kämen noch HSU-Unterricht (Herkunftssprachlicher Unterricht) und Musikschule hinzu.
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Das tägliche Miteinander könne leicht zu „Unzufriedenheit“ führen, weil die Bedürfnisse im offenen Ganztag andere seien als die im Grundschulbereich. „Wir leben seit vielen Jahren mit sehr vielen Kompromissen“, so Gabriele Büren. Als die Schule eine weitere Mehrklasse aufgenommen habe, habe sie sogar überlegt, das Lehrerzimmer zugunsten des Ganztags aufzugeben. Die vorgeschlagene vorübergehende Nutzung von einzelnen Räumen der ehemaligen Elisabethschule sei keine Alternative. Büren erinnert an den Dauerregen im vergangenen Winter: „Unsere Kinder haben keine Regenjacken und keine Schirme. Die werden dann nass.“
Ihr Kollegium habe die politische Diskussion „gespannt verfolgt“ - und sei „wahnsinnig enttäuscht“. Die Schule wünscht sich den Anbau in Modulbauweise. „Dann hätten wir auch für den offenen Ganztag perspektivisch mehr Platz.“ Es gäbe einen Ausweichraum, die Kinder könnten spielen, „und nicht nur bei schönem Wetter“, so Gabriele Büren. Sie wendet sich an die Politik: „Es ist Ihre Entscheidung, was Sie machen.“ Die „finanzielle Situation“ könne sie verstehen. Aber: „Man muss eben entscheiden: Was ist einem Bildung wert?“
„Das Problem Klaraschule ist ein von der Politik gemachtes Problem.“
„Das Problem Klaraschule ist ein von der Politik gemachtes Problem. Wir wären viel weiter, wenn Sie damals entschieden hätten, die Modulbauweise umzusetzen“, mit diesen Worten hat sich zuvor Dezernentin Dr. Tagrid Yousef an die Politik gewandt. Hätte diese den Anbau wie geplant 2024 beschlossen, würde dieser im Sommer stehen, meint sie. Zwar würden die Schülerzahlen insgesamt zurückgehen - im Bereich Nord, in dem die Klaraschule steht, würden sie aber steigen. Und für eine dauerhafte Dreizügigkeit der Klaraschule würden die von den Fraktionen vorgeschlagenen zwei Container nicht ausreichen. Dafür seien vier vonnöten. Allerdings gebe es „Probleme mit der Lieferung von Containern“. Sie glaube nicht, dass die Container bis zum Schuljahr 2025/26 bereit stünden.
Ludger Zech, langjähriger Leiter der Hagenschule, erinnert daran, dass „guter und moderner“ Grundschulunterricht Personal und Raum benötige und nicht nur einen Klassenraum für eine Klasse“ - etwa für die Förderung von Kindern zu zweit, in kleinen Gruppen, in Differenzierungsbereichen oder Werkstätten. Andrea Köppen, Leiterin der Bruchschule und Sprecherin der Grundschulen, hat die Erfahrung gemacht, dass Eltern bei der Schulwahl „stark nach dem äußeren Eindruck von Schulen“ und weniger nach deren Arbeit gehen. Klassencontainer ohne sanitäre Anlagen würden dazu führen, dass Eltern ihre Kinder anderswo anmelden. „Dann haben Sie eine Verlagerung des Problems“, so Andrea Köppen.
So argumentieren SPD, CDU und UBV
Dagegen sei, so findet Jutta Frenk (UBV) „nichts einzuwenden. Aber dann sollen diese Eltern auch dafür sorgen, wie ihre Kinder in diese Schule kommen“. Dafür sei die Stadt dann nicht verantwortlich. Dann „müssen Eltern mal ihre Elterntaxis zur Verfügung stellen“. Es sei nicht etwa so, „dass wir nicht wollen, dass unsere Kinder ordentlich beschult werden“. Aber „Dinslaken ist pleite. Wir haben das Geld nicht“. Die Containerlösung sei die „bestmögliche Lösung, die dieses Jahr greift“. Auf jeden Fall besser, als eine Schule zu besuchen, die „in einem anderen Stadtteil liegt“.
Er selbst sei als OHG-Schüler damals in Containern unterrichtet worden, erinnert sich Simon Panke (SPD). Container seien für Schüler „nicht der Untergang der Welt“. Weil keine der anderen Alternativen bis zum Schuljahresbeginn 2025/26 umsetzbar sei, „halte ich es für sinnvoll, das jetzt erstmal zu versuchen“ und sich so „Zeit zu verschaffen“.
Die Container seien die „billigste Lösung“ - genauso teuer, wie die Kinder per Schulbus durch die Stadt zu fahren, betont Joachim Kurda (CDU). Die Container seien aus „finanzpolitischer Sicht ein sinnvoller Vorschlag“ - der schließlich mit den Stimmen von SPD, CDU und UBV auf den Weg gebracht wurde. Die endgültige Entscheidung trifft der Stadtrat am 30. Januar.