Dinslaken. Die Deutsche Umwelthilfe hat für den Hitze-Check bundesweit 190 Städte untersucht. Wie Dinslaken dabei abschneidet – und was das bedeutet.
Wer bei den aktuellen Temperaturen auf dem Neutor-Platz steht, muss über diese Nachricht möglicherweise lachen: Die Stadt Dinslaken schneidet beim bundesweiten Hitze-Check der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gut ab. Richtig gut sogar. Die Organisation hat 190 deutsche Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern getestet. Untersucht wurde der Anteil versiegelter Flächen und der Grünanteil. In beiden Kategorien ist Dinslaken im grünen Bereich – und somit unter den besten 25 Städten. Besteht also kein Handlungsbedarf?
Stadt im Grünen. So warb Dinslaken einst für sich. Der Slogan ist Vergangenheit. Gerade in der Innenstadt und in manchen Wohngebieten wird die Versiegelung und Hitzeentwicklung als Problem empfunden. Selbst der frühere Planungsdezernent Dr. Thomas Palotz beklagte bei der Vorstellung des Projekts Masterplan Grün vor vier Jahren Fehler bei der Siedlungspolitik vergangener Jahrzehnte – so seien etwa im Bruch kaum Freiflächen erhalten worden. Der Stadtteil profitiere vor allem vom Gebiet um die Tenderingsseen. Dinslakener Bürger ätzen zudem über graue Sichtachsen in der Stadt.
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In Dinslaken sind 42,45 Prozent der Flächen versiegelt
Und jetzt das: In Dinslaken sind 42,45 Prozent der Siedlungs- und Verkehrsflächen – dazu zählen Wohnhäuser und Straßen ebenso wie Parks oder auch Friedhöfe – versiegelt (also mit undurchlässigen Materialien dauerhaft bedeckt). Klingt viel, ist aber im bundesweiten Vergleich eher wenig: Durchschnittlich sind nach der Untersuchung der Deutschen Umwelthilfe, basierend auf neuen Daten der Potsdamer Luftbild Umwelt Planung GmbH, in den Kommunen 45 Prozent der Flächen versiegelt. Wer, wie Dinslaken, darunter lag, bekam eine grüne Karte. Städte mit bis zu 50 Prozent wurden mit einer gelben Karte verwarnt, für mehr als 50 Prozent gab es „Rot“: Trauriger Spitzenreiter ist Ludwigshafen mit 57,75 Prozent Versiegelung.
Auch beim Grünvolumen schneidet Dinslaken gut ab
Auch bei der „Grünvolumenzahl“, ein Maß für das Raumvolumen von Bäumen oder Beeten pro Flächeneinheit, schnitt Dinslaken gut ab: 4,21 Kubikmeter pro Quadratmeter – „Grün“. In die Gesamtbewertung flossen beide Zahlen ein. Zweimal „Grün“ in Dinslaken ist auch insgesamt „Grün“ – das schafften nur 25 Kommunen. Städte wie Sindelfingen oder Kaiserslautern sind zwar extrem stark versiegelt, haben aber viel Grünvolumen und bekamen „Gelb“. Weil Ludwigshafen auch in Sachen Grünvolumen mit 1,63 am miesesten abschnitt, gab es insgesamt „Rot“.
So schneiden andere Kommunen ab
Die Deutsche Umwelthilfe hat Kommunen mit mehr als 50.000 Einwohnern untersucht. So schneiden andere Kommunen im Umfeld ab:
Oberhausen bekommt eine „gelbe“ Karte: Versiegelung 45,4 Prozent (gelb), Grünvolumen 3,7 (gelb).
Duisburg ist „grün“: Versiegelung 43,79 Prozent (grün), Grünvolumen 3,21 (gelb).
Moers ist „grün“: Versiegelung 43,09 Prozent (grün), Grünvolumen 2,47 (gelb)
Kleve ist „grün“: Versiegelung 42,33 Prozent (grün), Grünvolumen 2,17 (gelb)
Wesel ist „grün“: Versiegelung 41,60 Prozent (grün), Grünvolumen 2,57 (gelb)
Das sagt die Deutsche Umwelthilfe
„Der Großteil der Städte in Deutschland schützt die Menschen nicht ausreichend vor den extrem hohen Temperaturen als Folge der Klimakrise: Sie sind gleichzeitig stark versiegelt und bieten zu wenig kühlendes Grün“, schlussfolgert die Deutsche Umwelthilfe. Die Kommunen würden sich zu „Hitze-Höllen“ entwickeln. Und: „Grün ist nicht gleich Grün. Der Rollrasen kann mit dem alten Baumbestand nicht mithalten, deshalb ist nicht nur entscheidend, dass Versiegelung gestoppt und dort, wo es geht, zurückgebaut wird, sondern dass vor allem neben Rasenflächen auch Bäume, Büsche und Wiesen in unseren Städten zu finden sind“, so Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH.
„Das bedeutet natürlich nicht, dass Dinslaken keine dringenden Maßnahmen gegen den Klimawandel unternehmen müsste. Das hohe Grünvolumen weist gerade auf wertvolle Grünbestände wie hohe Bäume hin, die unbedingt zu erhalten sind.“
Also weiter so, Dinslaken? Keineswegs. Markus Zipf, Leiter des Kommunalen Umweltschutzes der DUH, erklärt: „Dinslaken wurde von uns mit grün bewertet, weil es im bundesweiten Vergleich mit 42,45 Prozent noch unter dem durchschnittlichen Versiegelungsgrad von 45 Prozent an der Siedlungs- und Verkehrsfläche liegt und vergleichsweise über ein hohes Grünvolumen von 4,21 m3/m2 auf einer Skala von 1,35 bis 6,73 m3/m2 aller untersuchten Städte über 50.000 Einwohner verfügt.“ Diese grüne Bewertung „bedeutet natürlich nicht, dass Dinslaken keine dringenden Maßnahmen gegen den Klimawandel unternehmen müsste. Das hohe Grünvolumen weist gerade auf wertvolle Grünbestände wie hohe Bäume hin, die unbedingt zu erhalten sind.“
Zudem können Grün und Beton in der Kommune sehr ungleich verteilt sein: „Die Verteilung des Grüns auf die einzelnen Stadtbereiche fließt in unsere Untersuchung nicht ein“, so Markus Zipf. Dabei „bestehen sicher sehr unterschiedliche Qualitäten und entsprechende Belastungen der dort lebenden Menschen. Besonders in diesen Wohnquartieren müssen Maßnahmen zur Entsiegelung und Begrünung prioritär ansetzen.“
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Klimakarten des RVR zeigen Hitzeverteilung in Dinslaken
Wo die Problemstellen in Dinslaken sind, das veranschaulicht der Klimaserver des Regionalverbands Ruhr (RVR). Die Karten, die auf Klimamessungen (allerdings von 2012) und Simulationsmodellen beruhen, zeigen straßenscharf, wo es in der Kommune zu heiß ist, zudem wurde berechnet, wie sich das Klima entwickelt.
Viel zu heiß ist es demnach in der Innenstadt: Der Bereich zwischen Wilhelm-Lantermann-, Friedrich-Ebert-Straße, Rotbach in der Altstadt, Rutenwallweg und Saarstraße ist rot eingefärbt und bedeutet „Innenstadtklima“ mit „extrem“ hoher Versiegelung, sehr geringem Grünanteil, hohen Grundflächen- und Geschossflächenzahlen und „Straßenschluchtcharakter“. Heißt unter anderem: „Tagsüber erhöhtes Belastungspotential durch Hitzestress und Schwüle“, Zugigkeit, belastete Luftbahnen in Ein- und Ausfallstraßen.
Die Wohngebiete sind orange (Stadtklima: „überwiegend geschlossene, dichte Zeilen- und Blockbebauung“, erhöhter Versiegelungsgrad) oder gelb (Stadtrandklima: „hoher Grünflächenanteil im Umfeld der Wohngebiete, relativ geringe Versiegelungsraten“), die Industriegebete mit ihrer hohen Versiegelung grau.
Das Grünvolumen ist ungleichmäßig verteilt
Der hohe Grünflächenanteil, der wohl zur grünen Bewertung beim Ranking der Umwelthilfe führt, ist vor allem in der Grafschaft (Waldklima und Freilandklima), Oberlohberg und im Wald bei Hiesfeld zu finden, in den Siedlungsbereichen gibt es allenfalls einige hellgrün markierte Parkflächen.