Dinslaken. Joachim Baumann gibt seinen Goldschmiedebetrieb in Dinslaken auf. Die Gründe für das Aus. Was mit dem Laden nach der Schließung passieren soll.

Ringe, Ketten, Broschen: Die Glasvitrinen der Goldschmiede Baumann in Hiesfeld sind derzeit noch gut gefüllt mit edlen, handgefertigten Schmuckstücken. Seit August läuft hier jedoch ein Ausverkauf, die Waren werden deutlich günstiger angeboten. Im Bestfall sollen nämlich all die Kostbarkeiten bis zum 31. Oktober 2024 verkauft sein. Das ist zumindest der Plan von Inhaber Joachim Baumann, denn: Er gibt sein Geschäft an der Sterkrader Straße 254 auf. Gesundheitliche Gründe zwingen den heute 66-Jährigen zu dem Schritt. „Außerdem bin ich auch einfach alt geworden“, sagt er und lacht.

33 Jahre war der gebürtige Duisburger mit seinem insgesamt knapp 80 Quadratmeter großen Laden in Hiesfeld ansässig. Zuerst hat er das Geschäft des Vaters übernommen, der ab 1955 als Uhrmacher in Hamborn tätig war. 1991 eröffnete Baumann dann seinen eigenen Goldschmiedebetrieb in Dinslaken. „Ich kannte Hiesfeld am Anfang nur wegen seines Schwimmbades“, erinnert sich Baumann im Gespräch mit der NRZ. Lange schon ist der Dinslakener Stadtteil für ihn, seine Ehefrau und die drei gemeinsamen Kinder nun aber zur Heimat geworden. Bis zum Jahr 2000 habe der ausgebildete Goldschmied mit dem Geschäft in Hiesfeld und Hamborn zwei Standorte geführt, den Laden in Duisburg aber dann geschlossen. „Das war einfach zu anstrengend“, gesteht er. Eine Entscheidung, die Baumann nie bereut hat. „In Hamborn sind wir zwei Mal ausgeraubt worden, das ist uns hier nie passiert. Ich habe mich in Hiesfeld immer wohlgefühlt“, erklärt der 66-Jährige.

Goldschmiede Baumann in Dinslaken: Es soll einen Nachfolger geben

Trotzdem soll nun Schluss sein, zumindest für Baumann. „Wir befinden uns derzeit in Gesprächen mit einem potenziellen Nachfolger“, verrät er. Viele hätten bereits ihr Interesse an dem Ladenlokal an der Einkaufsmeile im Hiesfelder Dorf bekundet und für Baumann sei es wichtig gewesen, dass das Geschäft nicht leer bleibt. Doch am liebsten wolle er, dass der Goldschmiedebetrieb weitergeführt wird. Noch sei nichts spruchreif, aber es scheint aussichtsreich, dass sein Wunsch in Erfüllung geht.

Dagmar Bauman und Joachim Baumann in dem gleichnamigen Goldschmiedegeschäft in Dinslaken-Hiesfeld: Noch sind die Virtrinen mit den Schmuckstücken gefüllt. Bis zum 31. Oktober sollen sie, im besten Fall, alle verkauft sein.
Dagmar Bauman und Joachim Baumann in dem gleichnamigen Goldschmiedegeschäft in Dinslaken-Hiesfeld: Noch sind die Virtrinen mit den Schmuckstücken gefüllt. Bis zum 31. Oktober sollen sie, im besten Fall, alle verkauft sein. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

In der Anfangszeit wolle er seinen Nachfolger noch unterstützen, doch sagt er auch: „Ich freue mich tatsächlich auch mal aufs Nichtstun.“ Deshalb habe er auch noch keine Pläne für den Ruhestand geschmiedet. „Irgendwann“, so denkt er aber, „wird die Langeweile schon auch kommen“. Dann könne er jedoch auch immer noch in der Werkstatt bei ihm Zuhause im Keller arbeiten. Schließlich sei die kreative Entwicklung der eigenen Ideen für die Schmuckstücke und dessen künstlerische Gestaltung immer auch das gewesen, was Baumann an seinem Job mit am meisten Freude bereitet hat.

Goldschmied aus Dinslaken erinnert sich an besondere Schmuckstücke

An einige, ganz besondere Schmuckstücke, werde er sich sein Leben lang erinnern. Da gibt es beispielsweise den Ring aus Platin und Feingold, den Baumann während seiner Zeit an der Staatlichen Zeichenakademie Hanau anfertigte, an der er sich gestalterisch weiterbildete – für ihn als Goldschmied übrigens eine der prägendsten Phasen in seinem Leben. „Ich fand den Ring damals zu schön, um ihn einfach in die Schublade zu stecken, also habe ich ihn selber getragen. Am Anfang fand ich das so unangenehm, dass ich mich gefragt habe: ,Wie können Menschen gerne Ringe tragen‘? Das war 1982“, erinnert er sich. Dann tippt er auf seinen linken Ringfinger: „Wie man sieht: Ich trage ihn heute noch“, sagt er und lacht.

„Ich freue mich tatsächlich auch mal aufs Nichtstun“

Goldschmied Joachim Baumann

Baumann überlegt und zeigt das Foto einer Halskette, an der ein großer weißer, baumscheibenartiger Ring hängt, in der Mitte gefüllt mit Gold, besetzt mit einem kleinen Diamanten, das Band aus rotem Edelstein, sogenanntem Turmalin: „Ich habe dieses Collier aus einem prähistorischen Mammutstoßzahn gefertigt.“ Die Arbeit mit dem Material sei für ihn daran sehr besonders gewesen.

Auszubildende aus Namibia, Taiwan und Israel haben in Dinslakener Goldschmiedebetrieb gelernt

Aber auch die Begegnungen mit den Kunden und seinen Auszubildenden werde er niemals vergessen. Sogar während der Pandemie habe er tolle Erlebnisse gehabt. „Die Leute haben ja trotzdem geheiratet. Wir haben auf Abstand die Ringe draußen auf der Bank verkauft“, berichtet der Goldschmied. Als außergewöhnlich bereichernd habe er vor allem den kulturellen Austausch mit seinen Azubis aus Namibia, Taiwan und Israel empfunden, die er über Bekannte kennengelernt habe. „Bei der Dame aus aus Taiwan war ich hinterher sogar Trauzeuge“, sagt Baumann, mit Anderen habe er gemeinsam Urlaub gemacht: „Mit allen habe ich wirklich immer schöne Erlebnisse gehabt.“

Die vergangenen 49 Jahre, seit seinem Ausbildungsstart im Jahr 1975, seien eine „verrückte Zeit“ gewesen, sagt er selbst – die nun bald vorbei ist. Wie es ihm geht, mit dem Gedanken daran, den Laden bald abzugeben? Baumann zuckt mit den Schultern. „Ich weiß es ehrlich gesagt noch nicht.“ Richtig realisiert, dass bald Schluss ist, habe er erst, als er die Anzeige zum Ausverkauf in der NRZ geschaltet hatte. „Da habe ich es selber schwarz auf weiß gesehen. Das war schon komisch. Aber das wichtigste ist für mich jetzt, dass es mit dem Geschäft weitergeht. Das ist für Hiesfeld auch gut.“

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