Hamburg. Bis zu 14,48 Prozent kostet die Überziehung des Kontos, während man für Tagesgeld meist kaum Zinsen bekommt. Doch es gibt Ausnahmen.
Bis zu elfmal haben Banken in Hamburg seit dem vergangenen Jahr den Zinssatz für die Überziehung des Girokontos erhöht. Inzwischen beträgt der Dispozins bis zu 14,48 Prozent. Wird bei der Kontoüberziehung der persönliche Kreditrahmen noch überschritten, werden Zinsen von fast 16 Prozent fällig. Das ergibt sich aus einer exklusiven Umfrage unserer Redaktion bei Geldinstituten in Hamburg.
Nach elf Erhöhungen seit Ende Juli 2022 liegt der Zinssatz bei der HypoVereinsbank inzwischen bei 14,48 Prozent, der höchste Wert aller untersuchten Geldinstitute. An zweiter Stelle folgt die Deutsche Bank nach neun Erhöhungsschritten mit 13,70 Prozent und auf Rang drei die zur Deutschen Bank gehörende Postbank mit 13,14 Prozent. Allerdings gibt es bei ihr – je nach Kontomodell – auch einen günstigeren Zinssatz für die Kontoüberziehung: 11,27 Prozent.
Banken in Hamburg: Postbank, HypoVereinsbank und Deutsche Bank kassieren bei Dispozins ab
Wer sein Girokonto bei der HypoVereinsbank für drei Monate mit rund 2000 Euro überzieht, zahlt dafür rund 72 Euro an Zinsen. Und knapp 40 Prozent der Deutschen überziehen ihr Girokonto gelegentlich. Die Spannweite reicht dabei von „permanent“ (6,9 Prozent) bis zu „wenige Male im Jahr“ (22,5 Prozent). Gerade in Zeiten gestiegener Preise dürften Dispokredite an Beliebtheit gewinnen. Etwa jeder sechste Deutsche kann nach eigenen Angaben wegen der hohen Teuerung kaum seine Lebenshaltungskosten bezahlen.
Und wer ist günstig? Unter zehn Prozent bleiben die Commerzbank (mit ihrem Kontomodell Premium 9,90 Prozent) und die PSD Bank Nord mit 9,99 Prozent. Der günstigste Anbieter im Vergleich (s. Grafik) ist die Sparkasse Harburg-Buxtehude mit 9,87 Prozent. Bei dieser Bank würde die Überziehung des Kontos um 2000 Euro an 90 Tagen 49 Euro kosten, also ein Drittel weniger als beim teuersten Anbieter in diesem Vergleich, der HypoVereinsbank. Nach Einschätzung der Stiftung Warentest sind Zinssätze bis zu zehn Prozent günstig.
Dispozins in Hamburg: Haspa verlangt 11,25 Prozent
Die Sparda-Bank Hamburg verlangt einen Dispozins in Höhe von 10,49 Prozent. Mit einem Zinssatz von 11,25 Prozent liegt die Hamburger Sparkasse im Mittelfeld und ist noch deutlich günstiger als die Hamburger Volksbank (12,83 Prozent) und die Sparkasse Holstein (13,02 Prozent).
Wer ein Girokonto hat, kann es mit Zustimmung der Bank in der Regel bis zu einer festgelegten Summe überziehen. Die Höhe des gewährten Kreditrahmens hängt vom Einkommen sowie von der Kreditwürdigkeit des Kunden ab. Meist sind es zwei bis drei Monatsgehälter.
Dispozins: Wer den Kreditrahmen sprengt, zahlt mehr als 15 Prozent
Richtig teuer wird es dann, wenn dieser Kreditrahmen ausgeschöpft ist und das Konto weiterhin überzogen wird. Von den elf untersuchten Geldinstituten verlangen sechs in diesem Fall noch einen deutlich höheren Zinssatz.
An der Spitze liegt die Hamburger Volksbank mit 15,83 Prozent, gefolgt von der Sparkasse Holstein mit 15,52 Prozent. Auch die Deutsche Bank verlangt mit 15,15 Prozent einen hohen Zinssatz für geduldete Überziehungen. Geldinstitute wie die Haspa, die Direktbank ING und die Sparkasse Harburg-Buxtehude verzichten auf einen höheren Zinssatz für geduldete Überziehungen des Kreditrahmens.
Dispozins: Hohe Kontoüberziehung - bei Hamburger Volksbank droht Schuldenspirale
Wer sich in eine solche Schuldenspirale begibt, für den kann es richtig teuer werden. Beispiel Hamburger Volksbank. Die Kreditlinie beträgt 4000 Euro. Für einen Zeitraum über 120 Tage werden aber durchgehend 6000 Euro in Anspruch genommen. Das kostet den Verbraucher rund 280 Euro. Abgebucht werden die Zinsen je nach Geldhaus in der Regel am Ende eines Monats oder zum Quartalsschluss. „Ein häufig in Anspruch genommener Dispokredit kann zu einer finanziellen Abwärtsspirale führen“, warnt Heike Nicodemus von der Stiftung Warentest.
Die Banken verweisen darauf, dass der Dispo für eine so hohe Überziehung nicht gedacht ist. „Wer für längere Zeit sein Konto überziehen müsste, sollte sich rechtzeitig beraten lassen und einen günstigeren Ratenkredit abschließen“, sagt eine Sprecherin der Hamburger Volksbank.
Seit dem Sommer 2022 ist der Dispozins im Schnitt von 9 auf 12 Prozent gestiegen
„Der rasante Anstieg der Dispozinsen ist in erster Linie den Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank geschuldet“, sagt Nicodemus. Die Eurowährungshüter stemmen sich mit einer Serie von zehn Zinserhöhungen seit Juli 2022 gegen die seit geraumer Zeit deutlich erhöhte Inflationsrate.
Nach den Zahlen der FMH-Finanzberatung liegt der durchschnittliche Zinssatz für den Dispo jetzt bei 11,97 Prozent. Zum Zinstief im Sommer 2022 betrog dieser Wert noch 9,13 Prozent. Innerhalb eines Jahres ist also der Dispozins um rund drei Prozentpunkte angestiegen.
Banken in Hamburg begründen hohen Dispozins mit Flexibilität und fehlender Absicherung
Richtig günstig war der Dispo nie. Das räumen selbst die Banken ein. „Tatsächlich ist der Dispokredit im Allgemeinen naturgemäß teurer“, sagt ein Sprecher der Deutschen Bank. Das habe eine Reihe von Gründen.
„Der Dispokredit wird in der Regel unbesichert und für den Kreditgeber nicht planbar an den Kunden ausgereicht, der ihn jederzeit wieder zurückführen kann“, sagt der Banksprecher. In diesem Zusammenhang verweisen die Banken auch auf höhere Kosten. „Für Kreditinstitute sind die Kosten für die laufende Bereitstellung und Begleitung von Dispositionskrediten somit wesentlich höher als bei anderen Kreditarten“, sagt Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg.
Dispozins an Referenzzins gebunden – Verbrauchern hilft das nicht
Zwar können die Banken die Dispozinsen nicht mehr nach Belieben festlegen. Sie müssen die Zinsentwicklung an einen Referenzzinssatz knüpfen. Manche Institute wie Postbank oder ING wählen dafür den Hauptrefinanzierungssatz der Europäischen Zentralbank (EZB), der aktuell bei 4,50 Prozent liegt. Für diesen Zins können sich die Banken bei der EZB Geld leihen. Andere Banken wie die Haspa, die Hamburger Volksbank oder die Sparkasse Holstein verwenden den Euribor für drei Monate, ein Zinssatz zu dem sich Banken untereinander Geld leihen. Aktuell liegt dieser Zins bei 3,94 Prozent.
„Doch dieser Referenzzinssatz hilft nicht, die Dispozinsen wirklich zu begrenzen“, sagt Kerstin Föller von der Verbraucherzentrale Hamburg. Er legt nur nahe, wenn die Dispozinsen erhöht oder gesenkt werden müssen. „Sie hatten aber vor der Regelung schon ein hohes Niveau“, sagt Föller. Die Folge: Banken, die beim Dispo teuer waren, sind es geblieben, ebenso wie die günstigen Anbieter. Das zeigt sich auch daran, dass die Banken bei gleichem Referenzzins ganz unterschiedliche Zinssätze haben. „Die Regelung mit dem Referenzzinssatz ist undurchsichtig und bringt dem Verbraucher gar nichts“, sagt Föller.
Im Vergleich zum letzten Zinshoch sind manche Banken günstiger
Unsere Redaktion wollte von den Geldinstituten in der Umfrage auch wissen, wie hoch der Dispozins Anfang August 2008 war. Das Datum ist nicht zufällig gewählt, denn damals lag der EZB-Leitzins ähnlich hoch wie heute bei 4,25 Prozent. Die meisten Institute verweigerten diese Angabe, bei einigen konnte dieser Zinssatz aber aus anderen Quellen ermittelt werden.
Mehr Wirtschaftsthemen
- Finanzielle Zukunft: Hamburger sind besonders optimistisch
- Beiersdorf: Dank Nivea und Labello – Konzern erwartet mehr Umsatz
- Unternehmen aus Hamburg trennt sich von Oil! Tankstellen
Bei den Geldinstituten, die den EZB-Zins als Referenzsatz verwenden und Angaben vorliegen, zeigt sich: Bei der Commerzbank ist der Dispozins heute günstiger als im Sommer 2008. Das gilt auch für die Deutsche Bank. Damals lag der Zinssatz bei Deutschlands größter Bank bei 14,50 Prozent, heute bei 13,70 Prozent. Auch bei der Postbank ist der Dispo heute etwas günstiger als 2008. Nur bei der ING ist der Dispozins bei vergleichbarem Zinsniveau von 9,00 auf 10,99 Prozent gestiegen. „Im Marktvergleich sind wir beim Dispozins sehr fair“, sagt ein Sprecher der Bank.
Tagesgeld für drei Prozent und günstiger Dispo: Bei diesen Banken geht das
Auffällig ist der große Unterschied zwischen Dispozins und zum Beispiel dem Zinssatz für Tagesgeld. „Da es sich hierbei um zwei völlig verschiedene Produkte handelt, ist ein direkter Vergleich hinsichtlich der Zinssätze aus unserer Sicht nicht sinnvoll“, sagt ein Sprecher der Deutschen Bank. Der fällt bei der Deutschen Bank auch nicht gut aus: 13,70 Prozent für den Dispo, nur ein Prozent für Tagesgeld.
Auch andere Banken wie die Sparkasse Holstein oder die Hamburger Volksbank haben ein ähnlich krasses Verhältnis zwischen Dispozins und Tagesgeld. Dass es auch anders geht, zeigt die Sparkasse Harburg-Buxtehude: Günstigster Dispozins mit 9,87 Prozent im Vergleich und drei Prozent für das Tagesgeld. Auch die PSD Bank Nord schneidet bei dem Vergleich gut ab. Der Dispo bleibt unter zehn Prozent – und für das Tagesgeld gibt es 3,35 Prozent für drei Monate.