Hamburg. Was muss man beim Objekt und bei der Finanzierung beachten? Alexander Krolzik von der Verbraucherzentrale gibt wichtige Tipps.
Lage, Lage, Lage. Diesen Tipp geben Immobilienexperten gerne Kaufwilligen, die nach einem Haus oder einer Wohnung Ausschau halten. Doch eigentlich sei dieser Ratschlag nur für Investoren richtig, die eine Immobilie zur Geldanlage suchten, sagt Alexander Krolzik. Er ist der Experte für die Immobilienfinanzierung bei der Verbraucherzentrale Hamburg, hat unzählige Beratungen mit Kaufwilligen durchgeführt, ihnen Ratschläge gegeben, die oft viel Geld wert waren. Krolzik weiß genau, worauf es beim Immobilienkauf ankommt. Und im Abendblatt gibt er die wichtigsten Tipps, damit für zukünftige Immobilienbesitzer möglichst nichts schiefgeht.
Zunächst einmal räumt Krolzik mit dem Mythos auf, man sollte vor allem nach sogenannten Eins-a-Lagen Ausschau halten. Für die Eigennutzung gelte das nicht. „Da kommt es viel mehr auf die persönliche Situation des Käufers an.“ Mag ich eher die Ruhe, wähle ich womöglich einen ländlichen Standort. Will ich es trubelig, ziehe ich in die Innenstadt. Aber man sollte auch schon frühzeitig an die etwas fernere Zukunft denken. „Was bringt mir die Nähe zu Schulen und Kinderärzten, wenn der Nachwuchs schon in wenigen Jahren aus dem Haus ist, und ich im Alter eher den Proktologen brauche und in fußläufiger Entfernung Einkaufsmöglichkeiten haben möchte.“
Immobilien Hamburg: Bei der Suche nicht zu viele Kompromisse eingehen
Als übergeordneten Ratschlag bei der Immobiliensuche formuliert Krolzik: „Man sollte auf keinen Fall zu viele Kompromisse eingehen. Denn ein Haus oder eine Wohnung ist kein Auto, das man nach wenigen Jahren wieder austauschen kann.“ Potenzielle Käufer sollten vor der Suche eine genaue Checkliste machen unter der Überschrift: „Was genau brauche ich?“
Hat man sich für einen Standort und eine Immobilienart entschieden, steht die Frage im Raum: Wie viel Stein und Beton kann ich mir überhaupt leisten. Und hier rückt schnell das vorhandene Eigenkapital in den Blickpunkt. Wie hoch sollte es sein? Es gibt Experten, die empfehlen, zumindest die Erwerbsnebenkosten aus Eigenmitteln zu bezahlen. Dabei handelt es sich vor allem um die Maklercourtage, Grunderwerbssteuer und Notargebühren. In Hamburg summieren sich diese Nebenkosten schnell auf elf Prozent des Kaufpreises. Bei einer Immobilie im Wert von 600.000 Euro sind das folglich 66.000 Euro.
Jetzt eine Immobilie kaufen – oder noch warten?
Doch Krolzik geht die Eigenkapitalregel nicht weit genug. Zusätzlich sollte man aus seiner Sicht auch noch 20 Prozent vom echten Kaufpreis aus Eigenmitteln aufbringen können. In unserem Rechenbeispiel wären das also insgesamt 186.000 Euro – eine stolze Summe.
Zudem weist Krolzik Kaufwillige darauf hin, dass sie sowohl bei Neu- wie Altbauten ganz genau hinschauen sollten. „Bei Neubauten muss man die Baubeschreibung detailliert lesen, damit es später zu keinen bösen Überraschungen kommt.“ In diesem Zusammenhang gibt er den Hinweis, dass man das häufig verwendete Wort „schlüsselfertig“ des Bauträgers nicht überbewerten sollte. Am Ende bedeute dies nur, dass Türen und Fenster eingebaut seien. Aber um Bodenbeläge und viele andere Dinge müsse sich der Kaufinteressent meistens selbst kümmern. Wenn die künftigen Immobilienbesitzer später noch Parkettböden und eine besondere Keramik im Badezimmer haben wollten, könne dies den tatsächlichen Kaufpreis weiter in die Höhe treiben und die Finanzierung kompliziert machen.
Wie hoch sollte der Kreditzins für die Immobilie sein?
Beim Altbau müssten Interessierte nicht nur auf den aktuellen Bauzustand schauen, sondern sich auch mit der Frage auseinandersetzen, was im Zuge der neuen Klimaschutz-Gesetzgebung noch an Kosten auf sie zukommen könnte. Deshalb sollte ein besonderes Augenmerk auf Heizung, Fenster und Dämmung gerichtet werden. Auch eine Rücklage für unvorhersehbare Ereignisse vorzuhalten, macht aus Krolziks Sicht Sinn. Allerdings sollte man es dabei nicht übertreiben. Denn je mehr Geld der Kaufinteressent als Eigenkapital bereitstellt, desto schneller ist er schuldenfrei und desto geringer fallen – bei den aktuell hohen Zinssätzen – die Finanzierungskosten aus.
Apropos Zinssätze. Zu welchen Zinssätzen sollte man aktuell einen Baukredit aufnehmen? Krolzik spricht von einem mittleren Zins in Höhe von aktuell 4,25 Prozent. „Wenn man eine Drei vor dem Komma erzielt, dann ist das ein guter Zins. Knapp über vier Prozent ist auch noch in Ordnung“, sagt er. Sollte sich der angebotene Zins jenseits der fünf Prozent bewegen, so sei entweder die eigene Bonität schlecht, das Kaufobjekt habe gravierende Mängel oder das Angebot ist einfach zu teuer. Ohnehin sollte man nicht nur auf die Angebote der Hausbank schauen. „Vergleichen lohnt sich“, sagt er. Von Onlinerechnern, die im Internet genau ausrechnen, wie hoch Tilgungen und Zinsen ausfallen, hält Krolzik wenig. Er rät eher zu Informationsquellen wie der Zeitschrift „Finanztest“.
Laufzeiten für den Kredit sollten durchaus lang sein
Bei der Zinsbindung empfiehlt der Immobilienexperte trotz der wieder gestiegenen Zinsen lange Laufzeiten. Wenn man vergleichbare Zinsen auch für 20 oder 30 Jahre bekomme, sollte man auch darüber nachdenken. „Denn nach zehn Jahren kann man als Kreditnehmer mit einer Frist von sechs Monaten den Vertrag kündigen“, sagt Krolzik. Zudem empfiehlt der Verbraucherschützer die Möglichkeit einer Sondertilgung, solange diese nicht mit einem hohen Zinsaufschlag verbunden ist. Dies ergebe Sinn, wenn zum Beispiel überraschend eine Erbschaft oder größere Schenkung erfolge.
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Und sollte man mit dem Kauf sofort starten oder noch warten, bis die Preise in Hamburg womöglich weiter gesunken sind? Krolzik rät dazu, sich schon jetzt auf dem Immobilienmarkt umzuschauen. Die Preise hätten bereits leicht nachgegeben. Und er geht davon aus, dass in der nächsten Zeit noch mehr Häuser und Wohnungen – vor allem aus dem Bestand – angeboten werden.
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Denn viele Immobilienbesitzer seien mit Blick auf den Klimaschutz und die daraus resultierenden politischen Vorgaben für den Wohnungsmarkt verunsichert, wollten Haus oder Wohnung lieber abstoßen. „Interessenten sollten aber genau hinschauen, denn wenn eine Komplettsanierung anstehen sollte, kann es finanziell oft ein böses Erwachen geben.“
Ein Höchstalter für den Immobilienkauf möchte Krolzik nicht nennen. Es könne auch für einen 60-Jährigen noch Sinn machen, eine Wohnung für den Eigenbedarf zu erwerben. Sogar Rentnern, die einen Teil der Kaufsumme finanzieren müssten, rät er nicht grundsätzlich vom Kauf ab. Entscheidend sei der Vergleich mit der alternativen Miete. Falle diese höher aus als die monatliche Rate für Zinsen und Tilgung, so sei eine Immobilie auch im fortgeschrittenen Alter eine Überlegung wert.