Hamburg. Das Interesse an einem Tausch der Mietwohnung nimmt auch in Hamburg stark zu. Aber es gibt viele Hürden, an denen er scheitern kann.

In der Theorie klingt es absolut einleuchtend: Die Wohnbedürfnisse ändern sich mit der Lebenssituation – da gibt es Menschen, die mehr Platz wollen oder brauchen, während andere nicht mehr so viel Raum benötigen, etwa weil die Kinder längst aus dem Haus sind und es zunehmend Mühe macht, die vielen Zimmer in Ordnung zu halten. Was läge also näher, als zu tauschen?

Tatsächlich fällt auf, dass in den vergangenen Monaten die Zahl der Angebote für Wohnungstausch auf den Seiten von Immobilienportalen deutlich zugenommen hat. Die auf dieses Marktsegment spezialisierte Plattform Tauschwohnung.com listet gut 4600 Objekte in Hamburg auf. Ihre Mieten liegen im Bereich von unter 300 Euro bis zu mehr als 3000 Euro. Beim Wettbewerber Wohnungsswap.de sind es knapp 2300 Objekte in der Hansestadt.

Karen Pein, die neue Hamburger Stadtentwicklungssenatorin (SPD), sieht im Tausch von Wohnungen ein „großes Potenzial“, um die Probleme am Hamburger Wohnungsmarkt zu mildern. „Wir sollten ernsthaft über ein Konzept und eine Förderung des Wohnungstauschs nachdenken“, sagte sie im Januar dem Abendblatt.

Wohnungstausch in Hamburg – das sind die Fallstricke

Mit etlichen „Erfolgsgeschichten“-Videos suggeriert man bei Tauschwohnung.com, alles funktioniere ganz reibungslos. Als „spektakulär“ bezeichnet etwa „Carsten“ aus Hamburg seine Erfahrungen mit der Tauschbörse: „Innerhalb von zwei Monaten hatte ich 106 Anfragen“. Für eine der 16 Wohnungen, die er dann besichtigte, habe er sich schließlich entschieden, die Mietkonditionen seien auf beiden Seiten gleich geblieben.

Zweifellos besteht ein nicht unerhebliches Potenzial für den Wohnungstausch: Laut einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln) wohnen 6,5 Prozent der mietenden Haushalte in Großstädten beengt – ihnen steht nicht für jede Person im Haushalt rechnerisch ein Raum zur Verfügung. Auf der anderen Seite leben 6,2 Prozent Haushalte in Wohnungen, in denen die Zahl der Zimmer die Zahl der Haushaltsmitglieder um drei und mehr überschreitet.

„Ich würde es begrüßen, wenn es Wohnungstausch in größerem Umfang gäbe, um ein lebensabschnittsgerechteres Wohnen zu erleichtern“, sagt Rolf Bosse, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg. In der Realität gebe es allerdings eine Reihe von Hürden, die diese „löblichen Eigeninitiative“ von Mietern zu überwinden habe. „Man muss nicht nur zwei Haushalte finden, die in die jeweils andere Wohnung einziehen möchten, auch der Vermieter muss dabei mitspielen“, erklärt Bosse.

Bei einem gleichzeitigen Umzug bleibt keine Zeit für Schönheitsreparaturen

Denn nur mit dem Einverständnis der beiden Vermieter kann der Tausch vorgenommen werden. Dabei besteht die Möglichkeit, den neuen Mieter in den bestehenden Vertrag einsteigen zu lassen, es kann aber auch ein neuer Vertrag abgeschlossen werden – der dann unter Umständen eine höhere Miete vorsieht. Manche Vermieter bestehen allerdings darauf, die neuen Mieter selber auszusuchen, was einem Tausch entgegensteht. Doch es gebe auch rein logistische Schwierigkeiten, so Bosse: „Die beiden Haushalte müssen idealerweise ja gleichzeitig aus- und einziehen, es bleibt also keine Zeit für Schönheitsreparaturen.“

Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), in dem viele Genossenschaften zusammengeschlossen sind, hat zum Wohnungstausch eine ganz ähnliche Position wie Bosse. „Wir stehen dem Wohnungstausch positiv gegenüber und fördern ihn auch“, so Breitner. „Die Realität ist jedoch: während bei Umfragen viele Menschen sagen, sie könnten sich vorstellen, aus einer größeren in eine kleinere Wohnung umzuziehen, ist die Realität ernüchternd. Wenn es zum Schwur kommt, dann ist die Bereitschaft, umzuziehen, deutlich geringer.“

Steigende Energiekosten sind ein Anreiz für den Umzug in kleinere Wohnungen

Das erinnere ihn an das Thema Mehrgenerationenhaus, sagt Breitner. „Finden auch alle toll, aber kaum jemand macht es.“ Schließlich müssten bei einem Wohnungstausch ja auch noch beide Wohnungen in einem Quartier liegen, das für die jeweiligen Tauschpartner interessant sei.

Marktkenner sind dennoch nicht erstaunt darüber, dass die Zahl der Wohnungstausch-Anzeigen zuletzt deutlich zugenommen hat. Nach Einschätzung von Bosse spielen dafür der deutliche Mietenanstieg der vergangenen Jahre eine Rolle: „Wer in Hamburg in einer Wohnung mit noch moderater Miete lebt, wird versuchen, diesen Trumpf bei der Suche nach einer neuen Wohnung auszuspielen.“

Nach Auffassung der IW-Experten sorgt zudem die Verteuerung der Energie für eine „passendere Auswahl der Wohnungen“. Weil die Energiekosten zu einem erheblichen Teil über die Wohnfläche bestimmt würden, gebe es nun für Haushalte in sehr großzügigen Wohnungen mehr „Anreize, in eine kleinere Wohnung zu ziehen“, heißt es in der Studie. „Viele Wohnungsunternehmen haben sich in der Vergangenheit bereits bemüht, Wohnungstausche zu organisieren, allerdings mit geringen Erfolgen. Unter den neuen Rahmenbedingungen könnten die Chancen hierfür aber etwas besser sein.“

Warum Kriminelle mit Wohnungen werben, die es gar nicht gibt

Prinzipiell gibt es die Tausch-Option nicht nur für Mietobjekte, sondern auch für Wohneigentum. „Wir hätten durchaus Interessenten, die dafür in Frage kämen“, sagt Alexander Krolzig, Experte für Baufinanzierung bei der Verbraucherzentrale Hamburg. „Aber die Banken tun sich im Hinblick auf die Kredite extrem schwer, damit umzugehen. Da wäre die Politik gefragt, für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen zu sorgen.“ Abgesehen von den Details der Finanzierung muss bei einem Tausch von Eigentumsobjekten auch ein Wertausgleich geschaffen werden.

Genau wie bei Immobilienanzeigen für Miete und Kauf muss auch bei Angeboten für einen Wohnungstausch mit einem gewissen Teil von „Fake“-Inseraten gerechnet werden. Dabei wird mit Wohnungen geworben, die entweder nicht existieren oder für die keine Neuvermietung ansteht. Es geht längst nicht allen Kriminellen darum, sich unter einem Vorwand Geld überweisen zu lassen – zum Beispiel für die Kaution.

Viele haben es schlicht darauf abgesehen, die Daten von Interessenten einzusammeln, um deren Identität für illegale Aktivitäten zu verwenden oder sogenannte Phishing-Mails versenden zu können. „Man sollte in jedem Fall versuchen, eigene Daten nur sparsam herauszugeben“, rät Bosse. „Sinnvoll kann es sei, extra für die Wohnungssuche ein eigenes E-Mail-Postfach einzurichten.“