Hamburg. Bei Heizung und Klimatisierung sollen Reduktionen um 40 Prozent möglich sein. Was der Konzern in 125 Jahren noch in Hamburg schuf.
Es gibt Unternehmen in Hamburg, die weit älter sind als 125 Jahre. Für einen Elektrotechnikkonzern wie Siemens allerdings ist ein solches Jubiläum schon eher beachtlich. Tatsächlich ist die Hamburger Niederlassung des Konzerns im Jahr 1898 in St. Georg gegründet worden – gar nicht weit von ihrem heutigen Standort am Lindenplatz entfernt.
„Ende August wird es ein Mitarbeiterfest anlässlich des 125-jährigen Bestehens der Hamburger Siemens-Niederlassung geben“, sagt Sonja Neubert, die Leiterin der Niederlassung. „Gerade in unserem digital geprägten Zeitalter ist es wertvoll, in Präsenz miteinander zu feiern.“
Siemens hilft in Hamburg nicht nur beim Energiesparen
Die Geschichte von Siemens in Hamburg ist mit einer Reihe von Innovationen verbunden, die schon vor der Gründung des Standorts in der Hansestadt begann. So installierte Siemens im Jahr 1871 hier die erste elektrische Feuermeldeanlage und errichtete 1894 das erste große Elektrizitätswerk.
1906 stattete das Unternehmen den Hauptbahnhof mit elektrischen Uhren aus, gründete 1911 zusammen mit AEG die Hamburger Hochbahn und baute 1924 den ersten Rundfunksender.
Siemens errichtet Landstromanlagen im Hamburger Hafen
Ohne elektrischen Strom wären auch die Vorhaben, die das heutige Hamburger Siemens-Team gerade beschäftigen, nicht vorstellbar. „Herausragend unter den Siemens-Projekten in Hamburg sind aktuell Aufträge im Hafen“, sagt Neubert. Auf den Terminals Burchardkai und Tollerort errichtet der Konzern jeweils eine Landstromanlage für Containerfrachter.
„Soweit wir wissen, sind es die ersten Landstromanlagen nach internationaler Norm für Containerschiffe in Europa“, erklärt Neubert. „Dazu gehört ein ausgeklügeltes System zur Spannungs- und Frequenzanpassung, um unerwünschte Auswirkungen auf das übrige Hamburger Stromnetz zu verhindern.“ Denn die Anlagen haben zusammen eine elektrische Leistung, die dem Bedarf einer Kleinstadt entspricht. Es sind immerhin 7,5 Megawatt je Terminal, so viel wie 7500 Privathaushalte im Tagesmittel.
Stellwerk- und Signaltechnik der Hamburger U-Bahn von Siemens
Auch die Hochbahn gehört zu den langjährigen Geschäftspartnern: „Die Stellwerk- und Signaltechnik der gesamten Hamburger U-Bahn kommt von Siemens“, so Neubert. Um den Auftrag für die Ausstattung der neuen U5 hat sich das Unternehmen beworben. „Außerdem realisieren wir in Hamburg mit der ‚digitalen S-Bahn‘ den ersten hochautomatischen Zugbetrieb im deutschen Regional- und Fernverkehr.“
Ein weiteres Aktionsfeld ist die Elektromobilität: Siemens liefert einen großen Teil der Ladestationen für die E-Busse der Hochbahn und Mini-Umspannwerke für Pkw-Schnellladestationen an Tankstellen von Aral und Shell.
Nur noch 750 Menschen arbeiten in Hamburg tatsächlich für Siemens
Im Jahr 2017 hat die studierte Ingenieurin Neubert ihr Amt in Hamburg angetreten. Seitdem hat sich die Zahl der Beschäftigten der Siemens-Gruppe und ihrer Beteiligungen in der Hansestadt von damals 2400 auf rund 2750 Personen erhöht. Allerdings arbeiten nur noch etwa 750 von ihnen tatsächlich bei Siemens.
Denn an dem im April 2020 abgespaltenen Unternehmen Siemens Energy mit rund 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Hamburg hält der Münchner Konzern nur noch einen Minderheitsanteil von 25,1 Prozent. Zu Siemens Energy gehört der zuletzt von schweren technischen Problemen geplagte Windenergieanlagenhersteller Siemens Gamesa, der allein 1500 der 2000 Hamburger Beschäftigten von Siemens Energy stellt.
Zwar findet sich das Siemens-Logo in vielen Küchen auf Elektrogeräten wie Herden und Geschirrspülern. Ihre Herstellung liegt aber seit 2015 vollständig in der Hand des Bosch-Konzerns, Siemens ist im Hausgeräte-Markt seitdem nur noch als Marke präsent.
„Der Normalbürger nimmt die Marke Siemens in der Regel nicht wahr“
Leistungen in den Geschäftsfeldern Industrieautomation oder Medizintechnik hingegen bleiben der Öffentlichkeit üblicherweise verborgen. „Der Normalbürger nimmt die Marke Siemens in der Regel nicht wahr“, räumt Neubert ein. „Aber ein Großteil der Produkte, mit denen man im Alltag umgeht, wird durch Technik von Siemens erst möglich. Und diese Technik findet sich an sehr vielen Stellen gewissermaßen hinter den Kulissen, zum Beispiel in der Klimaregelung großer Gebäude.“
Was man damit erreichen kann, demonstrierte das Unternehmen bei einem Fast-Nachbarn, der Agentur für Arbeit Hamburg gleich schräg gegenüber. Dort sei es schon vor einiger Zeit gelungen, den Energieaufwand für Heizung, Klimatisierung und Beleuchtung durch intelligente Steuerungsautomatik um 42 Prozent zu senken. „Hier in dem von uns genutzten Gebäude haben wir eine Reduktion um 30 Prozent erreicht“, sagt Neubert.
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Auch wenn das Gebäude, in dem die Hamburger Siemens-Niederlassung ihren Sitz hat, unter Denkmalschutz steht, hat man im Jahr 2020 die Büroumgebungen umfassend modernisiert. Seitdem gibt es dort auch einen Fitnessraum. Doch selbst ein Konzern wie Siemens, mit 86.000 Beschäftigten allein in Deutschland, tut sich inzwischen schwerer, Nachwuchs zu finden.
Siemens konnte erstmals einige Ausbildungsplätze nicht besetzen
„In diesem Jahr haben wir erstmals eine kleine Zahl von Ausbildungsplätzen und auch Positionen für ein duales Studium nicht besetzen können“, sagt Neubert.
Das könne damit zusammenhängen, dass das Münchner Unternehmen in der Lebenswelt junger Menschen nicht prominent vertreten sei: „Präsent ist heute das, was man auf dem Smartphone sieht.“ Dazu gehört Siemens eher nicht, obwohl der Konzern nach eigener Darstellung weltweit zu den zehn größten Software-Unternehmen gehört und sich mit künstlicher Intelligenz beschäftigt.
Siemens in Hamburg: Frauenanteil liegt bei 22 Prozent
Abmildern ließen sich die Folgen des Fachkräftemangels, wenn man mehr junge Frauen für die Firma interessieren könnte, aber sie sind – wie in vielen anderen technisch orientierten Betrieben – noch weit in der Unterzahl: „Wir haben bei Siemens hier in Hamburg bei den Beschäftigten einen Frauenanteil von 22 Prozent, bei den Führungskräften sind es 17 Prozent.“
Wenn es nach Sonja Neubert geht, sollen diese Quoten noch deutlich steigen: „Ansätze dafür gibt es, zum Beispiel bei den jungen Menschen, die ein duales Wirtschaftsingenieur-Studium absolvieren – alle vier von ihnen sind Frauen.“