Hamburg. Aktuell gibt es 3,70 Prozent. Tendenz steigend. Wie man die besten Anbieter findet und worauf man unbedingt achten sollte.

Nur wenige kennen sich mit Sparzinsen so gut aus wie die FMH-Finanzberatung. Man muss weit zurückgehen, um eine solche Entwicklung bei den Tagesgeldzinsen zu sehen, wie sie sich jetzt wieder vollzieht: Zinsangebote von knapp vier Prozent. Tendenz steigend. „Im Moment herrscht ein starker Wettbewerb“, sagt Ania Scholz-Orfanidis von der FMH-Finanzberatung. Eine vier vor dem Komma dürfte bald erreicht sein, glaubt die Expertin. Diese Prognose hat sie schon vor einigen Monaten abgegeben.

Jetzt geht sie noch einen Schritt weiter: „Bis Ende des Jahres rechne ich mit Spitzenangeboten von fünf Prozent“, sagt Scholz-Orfanidis. So hohe Zinsen für Tagesgeld gab es zuletzt während der Finanzmarktkrise 2008. Nach den Daten der FMH-Finanzberatung erreichte der Durchschnittszinssatz damals 3,57 Prozent. In der Spitze gab es Zinssätze von 5,50 Prozent.

Tagesgeld: Spitzenangebote aktuell bei 3,70 Prozent

Damals, in der Finanzmarktkrise, waren die Banken klamm, trauten sich gegenseitig nicht und buhlten um das Geld der Sparer. Jetzt ist die Situation anders, aber den Sparern ist es erst einmal egal, warum die Tagesgeldzinsen wieder steigen. Lange genug mussten sie auf eine solche Entwicklung warten. Seit 2015 lag der Tagesgeldzins im Schnitt unter einem halben Prozentpunkt. Erst seit März 2023 zahlt die Hamburger Sparkasse überhaupt wieder Tagesgeldzinsen: 0,60 Prozent.

Im Schnitt beträgt der Durchschnittszins bei den Banken aktuell 1,46 Prozent. Doch damit müssen sich Sparer nicht abfinden. In der Spitze liegen die aktuellen Angebote derzeit bei 3,70 Prozent. Scholz-Orfanidis erwartet, dass es in den nächsten Wochen weitere Anhebungen im Markt geben wird. 3,70 Prozent bieten die Openbank und die Suresse Direkt Bank – zumindest für die ersten sechs Monate und ausschließlich für Neukunden. Openbank ist eine spanische Online-Bank, die seit ihrer Gründung 1995 zu Santander gehört. Auch Suresse gehört zu Santander.

Deutsche Banken zahlen beim Tagesgeld bis zu 3,60 Prozent

Wer lieber auf deutsche Anbieter setzt, findet unter den Angeboten der zehn Banken mit den höchsten Tagesgeldzinsen auch ordentliche Offerten. Die Direktbank der Sparkassen, 1822 direkt, zahlt 3,60 Prozent, die ING 3,50 Prozent und bei der DKB steigt der Zins zum 1. August von einem Prozent auf 3,50 Prozent. „Von dem Zinssatz profitieren Neu- und Bestandskunden gleichermaßen in vollem Umfang. Wir entscheiden uns bewusst gegen ungleiche Behandlung“, sagt Maren Heiß, Bereichsleiterin Retail Banking der DKB.

Doch das ist eine absolute Ausnahme. „Es gibt nur wenige Banken, die eine solche Gleichbehandlung praktizieren“, sagt Scholz-Orfanidis. Dazu gehören neben der DKB, die J&T Direktbank aus Tschechien (3,30 Prozent) und die BMW-Bank (3,00 Prozent). „Die Banken wollen mit attraktiven Tagesgeldangeboten vor allem Neukunden gewinnen, die dann auch andere Bankdienstleistungen nachfragen“, sagt Scholz-Orfanidis.

Tagesgeld: Flexibilität bei steigenden Zinsen

In der jetzigen Situation steigender Zinsen sei die Tagesgeldanlage ideal. „Es ist noch Zeit, um längerfristige Anlagen einzugehen“, sagt Scholz-Orfanidis. Etwa Ende des Jahres erwartet sie diesen Zeitpunkt.

Verbraucherschützer raten, auf einem Tagesgeldkonto zwei bis drei Nettogehälter für unvorhergesehene Ausgaben zu parken. In dieser Phase steigender Zinsen kann von dieser Regel auch mal abgewichen werden und es können höhere Beträge dort gebunkert werden. Zwar schreiben viele Anbieter den Zins fest für einen bestimmten Zeitraum, aber anders als beim Festgeld kann man über die Einlage jederzeit verfügen.

Festgeldangebote sind kaum höher als Tagesgeld

Die Zinsen für ein sechsmonatiges Festgeld liegen in der Spitze auch nur bei 3,50 bis 3,70 Prozent. Wer ein zwölfmonatiges Festgeld wählt, bekommt in der Spitze vier Prozent. An das Geld kommt er in dieser Zeit aber nicht heran, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, wozu das Geld benötigt wird.

3,50 Prozent Zinsen bekommen Banken, wenn sie bei der Europäischen Zentralbank (EZB) Geld parken. Manche Banken zahlen aber jetzt schon mehr. Der sogenannte Einlagensatz muss also nicht auf fünf Prozent steigen, damit sich die Prognose der FMH-Finanzberatung erfüllt.

Europäische Zentralbank vor weiteren Zinsanhebungen

Weitere Zinsanhebungen der EZB sind in den nächsten Monaten absehbar. Der nächste Schritt erfolgt voraussichtlich am 27. Juli. Seit Juli 2022 erhöhte die Notenbank im Kampf gegen die hohe Inflation im Euroraum acht Mal in Folge die Zinsen. „Wir werden noch eine geraume Zeit mit zu hohen Inflationsraten leben müssen, das ist eine harte Wegstrecke. Da muss die Geldpolitik hartnäckig bleiben“, sagt Bundesbank-Präsident Joachim Nagel.

Wer jetzt von hohen Tagesgeldzinsen profitieren will, muss in der Regel bei einer anderen Bank Neukunde werden und aber auch die Tricks der Tagesgeldanbieter kennen.

Tagesgeld: Die Tricks der Anbieter mit dem niedrigen Anschlusszins

Die hohen Tagesgeldzinsen gibt es meist nur für Neukunden und nur für einen bestimmten Zeitraum, danach fällt der Zins zum Teil deutlich ab. Zum Beispiel bei 1822 direkt von 3,60 Prozent auf 0,60 Prozent nach sechs Monaten. Bei der Comdirect sind es erst 3,25 Prozent und dann nur noch 0,75 Prozent. Das sind in der Regel auch jene Zinssätze, mit denen sich aktuell die Bestandskunden abfinden müssen.

Diese Praxis führt dazu, dass die Rendite deutlich niedriger ausfällt, als viele auf den ersten Blick vermuten, hat das Portal Weltsparen ermittelt. Rechnet man den niedrigeren Zins mit ein, so liegt die tatsächliche Rendite bei der Suresse Direkt Bank bei 3,05 Prozent statt 3,70 Prozent. Die Comdirekt kommt nur auf zwei Prozent statt 3,25 Prozent. Allerdings kann es sein, dass nach sechs Monaten auch der Anschlusszinssatz gestiegen ist. Ein Sprecher der DKB hält das für wahrscheinlich. Bei nur einem Prozent Anschlusszins bei diesem Institut ist das auch nicht überraschend.

Tagesgeld-Angebote in Spanien transparenter als in Deutschland

„Verbraucher auf der Suche nach den besten Zinsen müssen also selbst nachrechnen, wenn sie nicht regelmäßig die Bank wechseln wollen“, sagt Katharina Lüth, Finanzexpertin bei Raisin. Das Unternehmen betreibt das Portal Weltsparen.

Dabei geht es auch anders: Im Vereinigten Königreich und in Spanien muss bei allen Sparprodukten der effektive Jahreszins ausgewiesen werden. Auch in Deutschland ist Transparenz durchaus möglich, vorausgesetzt man will sich Geld leihen. Denn bei Krediten muss der effektive Jahreszins angegeben werden. „Es stellt sich die Frage, wieso Verbraucher ausgerechnet bei Tages- und Festgeldern im Regen stehen gelassen werden“, sagt Lüth.

Tagesgeld nur in Verbindung mit einem Girokonto

Bei einigen Anbietern gibt es zudem das Tagesgeldkonto nur in Verbindung mit einem Girokonto bei dem betreffenden Anbieter. Dazu gehören Openbank und DKB. Ohne weitere Angebote zu nutzen, kommt man bei Comdirect zunächst an den Tagesgeldzins von 3,25 Prozent. Aber: Eröffnet der Kunde ein Depot oder ein Girokonto bei der Direktbank, gilt der hohe Zins für weitere sechs Monate. Bei vielen Tagesgeldanbietern muss also neben dem Zinssatz auf das Kleingedruckte geachtet werden.

Und wie steht es um die Sicherheit der Tagesgelder? Zunächst gilt die einheitliche europäische Einlagensicherung. Damit sind 100.000 Euro pro Kunde abgesichert. Einige Banken gehören noch dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken an. Dazu gehören die ING oder die Comdirect. Dann sind sogar weitere fünf Millionen Euro pro Kunde abgesichert.