Hamburg. Fälle nehmen zu. Händler berichtet von dreister Fleisch-Masche, Verlusten von bis zu 10.000 Euro im Monat und Klauerei „wie noch nie“.
Beim Thema Ladendiebstahl wird Jörg Meyer emotional. „Wir werden beklaut wie noch nie. Das ist massiv“, sagt der Edeka-Kaufmann, der in Hamburg und Umgebung zehn Supermärkte betreibt. Seit einigen Monaten steigen in seinem Unternehmen die Fälle. „Wir haben Schäden von bis zu 10.000 Euro im Monat durch Diebstähle.“
Ein Schwerpunkt sind Lebensmittel aus der Frischetheke. Vor allem Fleisch ist bei den Langfingern beliebt. Besonders dreist: Sie bestellen die Waren bei den Beschäftigen, lassen sie erst sorgfältig einpacken – und dann klammheimlich in der Tasche verschwinden, statt sie an der Kasse zu bezahlen. Dabei gehe es gerade jetzt in der Grillzeit um Pakete, die schon mal 80 Euro kosten, so der Lebensmittelhändler.
Ladendiebstähle verursachen Verluste von 3,7 Milliarden Euro
Die Beobachtungen in Meyers Märkten passen zu einem negativen Trend. Egal ob Spirituosen, Sneaker oder Smartphones: Die Zahl der Ladendiebstähle hat in Deutschland im vergangenen Jahr wieder deutlich zugenommen.
Insgesamt summierten sich die Verluste des Einzelhandels durch Langfinger nach einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI 2022 auf etwa 3,7 Milliarden Euro, eine Steigerung von 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bezogen auf den Einkauf bleibt damit etwa jeder 200. Einkaufswagen im Handel unbezahlt.
In Hamburg stiegen die einfachen Ladendiebstähle, die angezeigt wurden, nach einer Auswertung von Daten des Bundeskriminalamts auf 758 je 100.000 Einwohner. 2021 lag diese Zahl noch bei 577. Dazu kamen 2022 weitere 24 Straftaten, die von der Polizei als schwerer Diebstahl gewertet wurden.
Damit wird in der Hansestadt bei den einfachen Ladendiebstählen das Niveau des Vor-Corona-Jahres 2019 leicht übertroffen, als es 742 waren. In den ersten beiden Pandemiejahren war die Zahl der Ladendiebstähle deutlich weniger geworden.
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Allerdings ist im Handel die Sorge groß, dass die Zahlen weiter steigen lassen könnten. „Vor allem in der starken Preisentwicklung wird ein erhöhtes Diebstahlrisiko gesehen. Höhere Preise und Werte machen Diebstahl attraktiver“, fasst EHI-Experte Frank Horst die Stimmung der Branche zusammen. Nicht wenige Händler erwarten demnach auch mehr Diebstahl durch eigene Mitarbeiter. Einige Unternehmen hätten dies auch 2022 schon beobachtet.
Ladendiebstahl: Geklaut wird auch auf Sylt
Edeka-Händler Meyer geht inzwischen gegen Ladendiebe vor. „Wir haben die Stunden unserer Sicherheitskräfte verdreifacht und machen Stichproben bei Kunden.“ Dabei unterscheidet sich die Lage in den Geschäften kaum. „Auch auf Sylt wird geklaut“, sagt der Kaufmann, der auf der Nordsee-Insel zwei Märkte mit einem Partner betreibt.
Wenn jemand erwischt wird, folgt sofort eine Anzeige. Außerdem ein Hausverbot. „Das passiert vermehrt an den Selbstbedienungskassen, aber es gibt auch die 75-Jährige, die ein Fleischpaket in der Tasche hat und nicht bezahlt hat.“