Hamburg. Hohe Zinsen mit deutscher Einlagensicherung. Bei der Geldanlage tut sich etwas. Soll man jetzt bereits zuschlagen oder abwarten?
Sie bewegen sich weiter nach oben – die Zinsen für sichere Geldanlagen. Vier Prozent pro Jahr für Festgeld bei einem Anlagezeitraum von zwei Jahren bietet mit der Bank11 aktuell ein deutsches Geldinstitut mit einer besonders starken Einlagensicherung. Das hat es lange nicht mehr gegeben.
Schließlich mussten sich die Bundesbürger viele Jahre lang sogar über Negativzinsen, die von den Banken mit dem harmloser klingenden Wort „Verwahrentgelt“ umschrieben wurden, ärgern. Nun gibt es wieder Prozente aufs Ersparte – und die Zinsen könnten in den kommenden Monaten sogar weiter steigen. Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Festgeld: Warum steigen jetzt die Zinsen?
Hauptgrund ist die weiterhin hohe Inflation. Nachdem die Verbraucherpreise in Deutschland über fast 25 Jahre nahe oder unterhalb von zwei Prozent lagen, ziehen sie seit Ende 2021 kräftig an. Treiber dieser Entwicklung sind vor allem die im Zuge des Ukraine-Krieges und Russland-Embargos dramatisch gestiegenen Energiepreise.
Im Oktober 2022 erreichte die monatliche Inflationsrate mit 10,4 Prozent ihren höchsten Stand. Seitdem fallen die Steigerungen zwar nicht mehr so stark aus, aber mit aktuell 6,1 Prozent (Mai) ist der Wert immer noch weit entfernt von der Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB), die rund zwei Prozent anstrebt.
Um die hohen Inflationsraten in den Griff zu bekommen, setzt die EZB vor allem auf eine Erhöhung der Leitzinsen. In mehreren Schritten haben die Währungshüter ihren Hauptzinssatz auf mittlerweile 3,75 Prozent angepasst. Geschäftsbanken müssen also höhere Zinsen bezahlen, wollen sie sich Geld bei der EZB leihen, gleichzeitig bekommen sie aber auch höhere Zinsen, wenn sie Kapital bei der EZB zwischenparken.
Die Idee: Die Zentralbank will Geld aus dem ökonomischen Kreislauf ziehen. Kredite für Privatkunden werden so teurer, zugleich dürfen sich Kleinanleger über höhere Sparzinsen freuen. Der Konsum sinkt. Eine geringere Nachfrage sorgt für weniger stark oder sogar fallende Preise – zumindest in der Theorie.
Was zahlen Geldinstitute aktuell für Festgeld?
Besonders interessant ist aktuell das Angebot der Bank11, die der deutschen Einlagensicherung bis 100.000 Euro unterliegt. Dort bekommen Kunden für zweijähriges Festgeld vier Prozent Zinsen pro Jahr. Eine Bedingung für die Anlage ist der Abschluss eines zusätzlichen Tagesgeld- als Referenzkontos bei der Bank 11 – dieses ist aber kostenlos. Die Mindestanlage liegt bei 1000 Euro, höchstens kann man pro Kunde 250.000 Euro bei der Bank11 deponieren.
Sandra Klug von der Hamburger Verbraucherzentrale spricht von einem „sehr guten Angebot“. Schaut man sich Konkurrenzprodukte deutscher Institute an, so versprechen laut einer Übersicht von biallo.de auch die IKB mit 3,25 Prozent Zinsen sowie die abc Bank mit 3,2 Prozent für zweijähriges Festgeld interessante Renditen. Allerdings sollte man nicht vergessen, dass bei einer Inflation von derzeit mehr als sechs Prozent nach Abzug dieser Preissteigerung weiterhin ein realer Wertverlust steht.
Wie werden sich Inflation und Zinsen noch entwickeln?
„Diese Frage lässt sich nicht verlässlich beantworten, das ist wie der Blick in die viel zitierte Glaskugel“, sagt Sandra Klug. Dennoch geht sie nicht davon aus, dass die Zinsen noch sehr stark zulegen werden. Michael Berlemann wird ein wenig konkreter. Der wissenschaftliche Direktor des Hamburger Wirtschaftsforschungsinstituts HWWI erwartet, dass sich die Konditionen für Tages- und Festgeld noch verbessern werden. Allzu große Sprünge nach oben dürften die Anleger aber nicht mehr erwarten: „Es wird sich um marginale Änderungen handeln.“
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Bei der Inflation ist Berlemann eher optimistisch gestimmt. Den Höhepunkt der Preissteigerungen habe Deutschland hinter sich, so der Volkswirt. Doch es werde noch einige Zeit dauern, bis die Inflation wieder auf ein Normalmaß zurückgehe. Berlemanns Prognose mit Blick auf die EZB-Zinsen: „Auch wenn die Inflation leicht rückläufig ist, wird die Europäische Zentralbank vermutlich noch weitere kleine Zinsschritte unternehmen. Ich gehe von zwei weiteren Zinserhöhungen in diesem Jahr um jeweils 0,25 Prozentpunkte aus.“
Die EZB werde um jeden Preis vermeiden wollen, dass die Inflation deutlich über ihrem Zielwert von zwei Prozent verharre und dann später weitere Maßnahmen notwendig würden. Zudem müsse sich die EZB an der Inflation des Euroraums orientieren, die mit zuletzt sieben Prozent höher als in Deutschland lag.
Was zahlen Hamburger Banken beim Festgeld?
Mit den Topkonditionen der überregionalen Direktbanken können die Hamburger Geldinstitute nicht mithalten. Dennoch gibt es auch bei ihnen wieder interessante Angebote fürs Ersparte. Die Haspa bewirbt vor allem ihr fünfjähriges Festgeld mit einem Zins von 2,5 Prozent pro Jahr. Allerdings halten Verbraucherschützer einen so langen Anlagezeitraum für nicht sinnvoll, raten eher zu ein- bis zweijährigen Festgeldern. Dann können die Kunden den Zinsmarkt noch beobachten und eventuell in ein oder zwei Jahren nachjustieren.
Die Hamburger Volksbank setzt unter anderem auf ihr sogenanntes Wachstumsgeld. Hier kann man sein Kapital bis zu fünf Jahre lang anlegen, die jährlichen Zinsen schwanken zwischen 2,0 und 2,5 Prozent. Bei der Sparda-Bank gibt es für ein zweijähriges Festgeld 2,5 Prozent pro Jahr - eine durchaus akzeptable Offerte.
Wie viel sollte man in Festgeld anlegen?
„Das kann man so pauschal nicht sagen und hängt stark von der individuellen Situation des Anlegers ab“, sagt Finanzexpertin Sandra Klug. Auf längere Sicht hält sie börsengehandelte Indexfonds (ETFs) für die bessere Wahl. Der Vorteil gegenüber einzelnen Aktien: Mit ETFs kann man kostengünstig in komplette Märkte investieren. So streut man sein Risiko zum Beispiel bei einem MSCI-World-ETF auf etwa 1600 Unternehmen weltweit. Das reduziert nicht nur die Risiken, sondern erhöht auch die Chancen.
Allerdings sollte man einen Anlagehorizont von mindestens zehn Jahren haben. Sandra Klug verweist auf folgende Regel: „Einhundert minus das aktuelle Lebensalter.“ Diesen Prozentsatz seines Vermögens kann man in Fonds anlegen. Der Rest steht für andere, kurzfristigere Anlagen zur Verfügung, also auch für Festgeld.