Nach den massiven Steigerungen im Vorjahr könnten die Baugeldzinsen zumindest vorübergehend zurückgehen. Was das für Hauskäufer bedeutet.

  • Experten erwarten große Spanne bei Baugeldzinsen zwischen drei und fünf Prozent
  • Leichte Entspannung im Frühjahr möglich
  • Wie sich die Zinsen auf den Kaufpreis der Immobilien auswirken

Im Jahr 2022 wurden Bauherren und Immobilienkäufer von steigenden Zinsen überrascht. Nach Jahren stetig sinkendender Konditionen für die Finanzierung der eigenen vier Wände, wurde das Jahr 2022 zur Zinswende. Die Zinsen stiegen von weniger als einem Prozent zu Beginn des Jahres auf mehr als vier Prozent im Oktober 2022, um danach wieder etwas zu sinken.

Wird sich dieser Trend im neuen Jahr fortsetzen? Kann die Baufinanzierung wieder günstiger werden? Oder müssen sich Immobilienkäufer auf das deutlich höhere Zinsniveau für längere Zeit einstellen? Was bedeutet das für die Immobilienfinanzierung? Das Abendblatt sprach mit Experten und beantwortet die wichtigsten Fragen.

Immobilien Hamburg: Werden die Hypothekenzinsen im Jahr 2023 weiter sinken?

„Auf ein deutlich niedrigeres Zinsniveau als aktuell sollte 2023 niemand spekulieren. Dafür ist die geopolitische Gesamtlage zu unsicher“, sagt Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender des Baugeldvermittlers Dr. Klein. Zwar ist richtig, dass die Baugeldzinsen seit Ende Oktober 2022 fast kontinuierlich zurückgegangen sind, aber als eine Trendwende wollen das die Experten nicht werten. Die Inflation ist weiterhin hoch, und die Zentralbanken in Europa und den USA haben ihren Kurs der Zinserhöhungen noch nicht beendet, sondern nur etwas verlangsamt. „Die Entspannung, die wir zuletzt gesehen haben, ist vermutlich nur ein vorübergehendes Phänomen“, sagt Neumann.

Welche Entwicklung ist für 2023 denn zu erwarten?

„2023 werden sich die Bauzinsen aller Voraussicht nach nicht mehr so stark nach oben bewegen wie im Jahr 2022“, sagt Mirjam Mohr, Vorständin des größten deutschen Baugeldvermittlers Interhyp. „Wir erwarten moderate Steigerungen, wobei Schwankungen wahrscheinlich sind.“ Ein Prozentpunkt mehr im Vergleich zum heutigen Niveau sei im Jahresverlauf durchaus möglich, so die Expertin. Aktuell liegen die Konditionen für eine zehnjährige Zinsbindung bei 3,57 Prozent und für eine 15-jährige Zinsbindung bei 3,75 Prozent.

„Von der jetzigen Situation ausgehend glaube ich, dass der Bestzins für zehnjährige Darlehen zwischen drei und vier Prozent pendeln wird, temporär eventuell auch etwas darüber liegen könnte“, prognostiziert Neumann. „Wir von der FMH-Finanzberatung gehen im neuen Jahr aber nur noch von moderaten Bauzinserhöhungen aus.

Im Frühjahr könnte es sogar einen leichten Rückgang auf knapp drei Prozent geben, bevor die Zinsen wieder auf 3,5 bis 3,75 Prozent anziehen“, sagt Max Herbst, Gründer und Geschäftsführer der FMH-Finanzberatung. Fazit der Expertenmeinungen: Teurer als fünf Prozent wird es kaum, und es kann auch Phasen geben, in denen die Zinsen unter drei Prozent sinken – also eine erhebliche Spannweite.


Immobilien: Wonach richten sich die Baugeldzinsen?

„Einen großen Teil ihres Immobilienkreditgeschäfts refinanzieren Banken am Kapitalmarkt mit langfristigen Zinsbindungen – zum Beispiel über Pfandbriefe. Aus diesem Grund bewegt sich die Zinskurve für Immobilienfinanzierungen in Anlehnung an die Renditeentwicklung der Pfandbriefe oder auch der zehnjährigen Bundesanleihe“, sagt Baugeldvermittler Neumann.

Um die Entwicklung zu verfolgen, muss man sich nicht verzetteln „Wer wissen will, wie sich die Kosten für Baukredite im gerade begonnenen Jahr entwickeln, muss sich um Leitzinsen und die Inflation nur am Rande kümmern. Vielmehr sollten Bauherren die Rendite der deutschen Bundesanleihe im Blick behalten. Steigt sie, steigen auch die Bauzinsen“, erklärt Max Herbst.

Baugeldzinsen: Was bedeutet das nun für die Immobilienfinanzierung?

Bei dem aktuellen Zinsniveau kostet ein Kredit über 400.000 Euro mit zwei Prozent Tilgung und 15 Jahren Zinsbindung 1917 Euro im Monat. Fallen die Zinsen angenommen auf 3,05 Prozent, sind es 1683 Euro. Steigen die Zinsen um einen Prozentpunkt auf knapp fünf Prozent (angenommen 4,75 Prozent), erhöht sich die Monatsrate auf 2250 Euro. Käufer müssen also mit einer monatlichen Belastung zwischen 1700 Euro und 2250 Euro rechnen – bei den aktuellen Zinsprognosen.

Wer jetzt noch eine Immobilienfinanzierung aufnimmt, benötigt ein hohes Einkommen, wenn er sich an eine Regel der Verbraucherschützer hält. „Die monatliche Belastung aus Zins und Tilgung, also der Kreditrate und der Nebenkosten sollen 40 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens nicht übersteigen“, sagt Dirk Scobel von der Verbraucherzentrale Hamburg. Zu den Nebenkosten gehören Müllabfuhr, Versicherungen, Heizung und Grundsteuer.

Immobilien in Hamburg: Wie wirkt sich das auf die Kaufpreise aus?

Die Immobilienpreise in Hamburg sind bereits gefallen. Nach einer Studie des Hamburger Maklers Grossmann & Berger verbilligten sich Einfamilienhäuser in Hamburg im Jahresverlauf 2022 um elf Prozent. Für 2023 rechnen die Immobilienexperten mit einem weiteren Rückgang von 5,6 Prozent. Im Umland fiel der Preisrückgang mit 14 Prozent noch deutlicher aus.

„In den nächsten Monaten geht es erst einmal darum, dass wieder Bewegung in den Markt kommt und sich die momentane Schockstarre löst“, sagt Frank Lösche, Spezialist für Baufinanzierung bei Dr. Klein in Hamburg. „Derzeit belauern sich Käufer und Verkäufer gegenseitig und sind noch nicht bereit, größere Kompromisse bei der Wunschimmobilie oder dem Verkaufspreis einzugehen. Viele Objekte sind jetzt deutlich länger auf dem Markt.“

Hamburg: Worauf müssen Käufer von Häusern oder Wohnungen jetzt achten?

Sie sind in einer weit besseren Verhandlungsposition als noch vor einem Jahr und können über die Angebotspreise verhandeln. „Bei den Immobilienpreisen halten wir im weiteren Verlauf von 2023 gegenüber 2022 Preiskorrekturen in der Größenordnung von etwa fünf bis 15 Prozent für möglich“, sagt Mohr. „Hier werden wir aber eine gewisse Spanne sehen, die von Lage und Zustand der Immobilie abhängt.“

Doch es müssen schon deutliche Abschläge herausgehandelt werden, um den Zinsanstieg auszugleichen. „Verkäuferinnen und Verkäufer wollen ihre Immobilie häufig noch nicht unter dem gewünschten Preis verkaufen“, sagt Mohr. Doch die Zeit arbeitet für die Käufer. Allerdings bedeuten Preisabschläge meist deutliche Mängel bei der energetischen Effizienz der Immobilien. Um das zu beheben, sind hohe Investitionen nötig.

Gibt es Tricks, mit denen die Finanzierung günstiger wird?

In der Niedrigzinsphase haben die Banken auf einer Tilgung von mindestens zwei Prozent bestanden, weil die Gesamtlaufzeiten des Darlehens sonst bei niedrigen Zinsen und niedriger Tilgung extrem lang werden. „Mittlerweile bieten die meisten Banken wieder eine Mindesttilgung von unter zwei Prozent an“, sagt Baufinanzierungsberater Lösche. Oft sei das der ausschlaggebende Faktor, wie die Monatsrate doch noch in das Budget der Immobilienkäufer passt.

Wie schon erwähnt, liegt die Monatsrate beim aktuellen Zinsniveau (15 Jahre Zinsbindung) und einer Kredithöhe über 400.000 Euro bei 1917 Euro im Monat. Startet man nur mit einem statt zwei Prozent anfänglicher Tilgung, reduziert sich die Monatsbelastung auf knapp 1600 Euro, also rund 300 Euro weniger.

Immobilien Hamburg: Was sind wichtige Stellschrauben für eine Baufinanzierung?

Sondertilgungen ermöglichen während der Laufzeit, zusätzliche Geldmittel in die Tilgung des Kredits fließen zu lassen. Bei vielen Anbietern sind bis zu fünf Prozent der Nettodarlehenssumme pro Jahr ohne Zinsaufschlag möglich. Auch eine Veränderung der Tilgungsrate während der Zinsbindung kann sinnvoll sein.

„Einige Banken tun sich nach wie vor schwer mit der Möglichkeit, den Tilgungssatz zu verändern“, sagt Lösche. Für viele Darlehensnehmer ist das aber eine hilfreiche Option – zum Beispiel, wenn die Einkünfte bei einer Elternzeit schwanken oder bei vorübergehender Arbeitslosigkeit.