Hamburg. Tanken mit Selbstzünder war lange Zeit besonders teuer. Das ist vorbei. Was dahintersteckt und wie es weitergeht.

Es ist noch nicht lange her, da schwankten die Reaktionen vieler Autofahrer beim Blick auf die Preistafeln an Hamburgs Tankstellen zwischen ungläubigem Staunen und blanker Wut. Vor allem die Besitzer von Dieselfahrzeugen trauten ihren Augen kaum. Denn ein Liter Diesel kostete fast ein komplettes Jahr lang mehr als ein Liter Ottokraftstoff. Dabei hatten sich viele Autofahrer primär wegen der über Jahrzehnte zuvor deutlich günstigeren Tankstellenpreise für einen Selbstzünder entschieden. Mittlerweile fallen die Dieselpreise wieder – und zwar deutlich. Warum ist das so und wie werden sich die Preise weiterentwickeln?

Noch im Januar mussten Autofahrer in Deutschland für einen Liter Diesel im Schnitt 1,833 Euro bezahlen, das waren knapp 9 Cent mehr als für Super E10. Im März 2022 – kurz nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine – hatte der Liter Diesel im bundesweiten Schnitt sogar 2,14 Euro gekostet, Super E10 war zu diesem Zeitpunkt für 2,07 Euro zu haben. Doch seit nunmehr zwei Monaten liegen die Diesel- wieder unterhalb der Benzinpreise. Der ADAC spricht von einer „Normalisierung der Lage“.

Diesel wieder deutlich billiger als Benzin

Nun würde die niedrigere Besteuerung des Dieselkraftstoffs erneut sichtbar an den Preistafeln der Tankstellen. Denn schließlich verlangt der Staat auf einen Liter Diesel gut 20 Cent weniger Abgaben als auf Ottokraftstoffe. Und um diesen Betrag liegt der Preis an den Zapfsäulen nun wieder unter dem für Benzin. So konnte man in der vergangenen Woche in Hamburg Diesel für im Schnitt 1,58 Euro tanken, für Super E10 wurden dagegen 1,81 Euro fällig.

„Die Preise für Diesel sind schon immer nach dem Winter gefallen“, sagt Katharina Lucà vom ADAC dem Abendblatt. Der Grund: Die Nachfrage nach dem sehr ähnlichen Produkt Heizöl geht im Frühjahr – nach dem Ende der Heizperiode – stets zurück. Eine sinkende Nachfrage führt eben auch zu niedrigeren Preisen. Die hohen Dieselpreise in den Monaten davor waren vor allem auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und dem daraus resultierenden Öl- und Gasembargo der EU gegen Moskau zurückzuführen. So deckten sich viele Kunden aus Furcht vor noch höheren Preisen im Zuge des Krieges im Frühjahr 2022 mit Heizöl ein, wodurch auch Diesel deutlich teurer wurde. Zudem setzte die Industrie als Ersatz für das fehlende Gas aus Russland auf Diesel und Heizöl – ein weiterer Preisturbo.

ADAC hält Benzinpreise für zu hoch

„Nun ist die Situation auf den Märkten wieder entspannter“, sagt Katharina Lucà. Eine Prognose, wie es mit den Kraftstoff-, vor allem mit den Dieselpreisen weitergehen wird, wagt die ADAC-Sprecherin aber nicht. „Das wäre der berühmte Blick in die Glaskugel“, sagt sie. Vieles hänge davon ab, wie sich der Krieg in der Ukraine entwickle und inwieweit Deutschland bei der Substitution von Rohstoffen aus Russland in den kommenden Monaten vorankomme. Allerdings sieht der ADAC noch „deutliches Potenzial“ für Preisnachlässe der Mineralölkonzerne an den Tankstellen – vor allem bei Ottokraftstoffen.

Der Automobilclub verweist in diesem Zusammenhang auf die Entwicklung der Ölpreise an den Rohstoffbörsen. So kostete ein Barrel (159 Liter) der wichtigen Nordseesorte Brent im Juni 2022 noch 117 Euro, aktuell sind es rund 70 Euro – ein Rückgang um 40 Prozent. Im gleichen Zeitraum ist der Preis für einen Liter Super E10 von rund 2,05 auf 1,78 Euro gefallen – ein Minus von lediglich knapp 13 Prozent.

Ölpreise fallen stärker als Benzinpreise

„Entscheidend für den Tankstellenpreis ist nicht der Ölpreis, sondern es sind die Produktpreise für Benzin und Diesel, gleichzeitig die Tankstellen-Einkaufspreise. Und hier zeigt sich: Einhergehend mit wärmerem Wetter sowie aktuell dem langen Wochenende macht sich bei Benzin der Beginn die sogenannte Fahrsaison bemerkbar“, sagt Christian Küchen, Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbandes Fuels und Energie (en2x), der die Raffinerien und Markentankstellen in Deutschland vertritt.

So habe der Ölpreis der Nordseesorte Brent zwar seit Jahresbeginn deutlich nachgegeben, der Produktpreis für Benzin Super E10 dagegen sei im selben Zeitraum aber von 69 auf 74 Cent je Liter gestiegen. „Im harten Wettbewerb geben die Tankstellen nur die Veränderungen der Produktpreise an die Tankkundinnen und -kunden weiter.“

Benzinpreise an den Tankstellen werden steigen

Neben den Rohölnotierungen beeinflussen vor allem die staatlichen Abgaben den Preis für die Kraftstoffe an den Tankstellen. Und genau hier müssen sich Deutschlands Autofahrer in den kommenden Jahren auf deutliche Steigerungen einstellen. Hauptgrund ist die CO2-Abgabe, die von aktuell 30 Euro pro Tonne auf mindestens 55 Euro im Jahr 2026 steigen soll. Der ADAC hat bereits ausgerechnet, wie sich diese Anpassungen auf die Tankstellenpreise auswirken dürften. Ein Liter Benzin bzw. Diesel würde bis dahin – nur durch die CO2-Abgabe – um 7,5 Cent teurer. Im Gegenzug hat die Bundesregierung allerdings die Pendlerpauschale angehoben. Zudem versprechen sich Bund und Länder eine finanzielle Entlastung für Pendler, die auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen, durch das 49-Euro-Ticket.

Bleiben am Ende nur die Spartipps der Experten für alle Besitzer von Autos mit Verbrennermotoren: vorausschauend fahren, unnötige Kurzstrecken vermeiden und sich rechtzeitig vor dem Tanken im Internet über die günstigste Tankstelle in der näheren Umgebung informieren. Hier bieten sich unter anderem die Übersichten von clever-tanken.de und vom ADAC an. Oder vielleicht doch ein Elektroauto zulegen?