Hamburg. Wissenschaftler der FH Kiel sehen großes Potenzial in ihrer Anlage. Mit der Technik sollen die Windparks auf dem Meer unterstützt werden.

Forscher und Studenten der Fachhochschule (FH) Kiel haben einen Prototyp entwickelt, der aus Wellen Energie gewinnen kann. Das über acht Tonnen schwere und zwölf Meter hohe Wellenkraftwerk namens „Aurelia Wino“ schwimmt seit Kurzem im Kieler Hafenbecken. Dort werden in den nächsten Monaten erste Tests durchgeführt und mit den Ergebnissen eine zukünftige Nutzung ermittelt. Der Leiter des Projekts, Professor Christian Keindorf, kann sich vorstellen, dass die Wellenkraftwerke Teil der Offshore-Parks werden könnten.

Seit Anfang 2020 haben Forscher und Studenten zusammen mit Keindorf und dem Ingenieur Andreas Glaß an dem Projekt gearbeitet. In den vergangenen fünf Monaten bauten Auszubildende der zwei Unternehmen German Naval Yards und Thyssen Krupp Marine Systems den Prototypen.

Wellenkraftwerk von Forschern aus Kiel arbeitet wie ein Dynamo

Die Testanlage ist zwölf Meter hoch und acht Tonnen schwer, im realen Einsatz auf Ost- oder Nordsee soll das Wellenkraftwerk achtmal so groß sein. Das Kieler Wellenkraftwerk gewinnt aus der Energie von Wellen Strom. Ein Schwimmkörper wird an einem festen Stab durch die Kraft der Wellen auf und ab bewegt, mithilfe dieser Bewegung werden zwei Generatoren betrieben, die wiederum elektrische Energie erzeugen. Projektleiter Keindorf vergleicht das Prinzip mit einem Fahrraddynamo, nur dass hier die Auf-und-ab-Bewegungen der Wellen genutzt werden.

Die erste Einsatzmöglichkeit des Kraftwerks könnte die elektrische Versorgung von Inseln oder Messstationen sein. Doch das Forscherteam der FH Kiel träumt von hybriden Offshore-Parks, neben Windrädern auch Wellenkraftwerke. „So könnten wir die Seegebiete, die ohnehin für die Energieerzeugung reserviert sind, noch viel effizienter nutzen“, sagte Keindorf dem NDR bei der Taufe des Wellenkraftwerks.

Wellenkraftwerke haben Potenzial, Forschung noch am Anfang

Die Technik, aus Wellen Energie zu gewinnen, steht noch am Anfang. Weltweit gibt es nur ein paar Prototypen und wenige kommerzielle Kraftwerke. Ende 2022 wurde eine kleine Anlage in Jaffa (Israel) in Betrieb genommen, diese versorgt hundert Haushalte mit Strom. In Spanien ging 2011 das erste kommerzielle Wellenkraftwerk ans Netz, das Strom für rund 250 Haushalte produziert. Aber es sind größere Anlagen in Planung. An der portugiesischen Küste soll ein Kraftwerk gebaut werden, das dann 20.000 Haushalte versorgen wird.

Sonne und Wind sind deutlich effizienter, dennoch könnten Wellenkraftwerke die Offshore-Windparks bereichern. Zumal die Anlagen kaum in die Umwelt eingreifen. Sie müssen nicht fest einbetoniert werden, sondern ankern mit Betonklötzen.

Sylt ist weiterer Wunschstandort für norddeutsches Wellenkraftwerk

Die Forscher haben bereits einen weiteren Standort für Tests im Auge: Eine Offshore-Forschungsplattform 80 Kilometer westlich von Sylt, die sogar von der FH Kiel betrieben wird. Doch dafür braucht es Geld. Zwar wurde das Projekt bereits mit 533.000 Euro von Schleswig-Holstein gefördert, dennoch benötigen sie weitere Partner, um den Transport und die Installation auf hoher See finanzieren und durchführen zu können. Die Beteiligten hoffen, mit ihrer Arbeit einen Beitrag zur Energiewende leisten zu können. Noch zählen aber zu den größten Herausforderungen die harschen Bedingungen auf offener See und die komplette Finanzierung.