Hamburg. An manchen Orten an Nord- und Ostsee fallen die Preise besonders stark. Was Kaufinteressenten jetzt beachten sollten.

Im vergangenen Jahr profitierten Ferienhäuser und -wohnungen noch einmal von der Reiselust der Deutschen im Inland. Schließlich war die Corona-Pandemie noch nicht überwunden. Die Zahl der Übernachtungen in gewerblichen Ferienimmobilien stieg mit rund 52 Millionen auf einen Rekordwert – ein Plus von acht Prozent gegenüber 2021.

Doch die Preiswende am Immobilienmarkt ist an Ferienhäusern und -wohnungen nicht vorbeigegangen. „Im Sommer des vergangenen Jahres war der Höhepunkt bei den Preisen erreicht“, sagt Makler Jan-Pieter Frick aus Neustadt in Holstein. Und wie entwickeln sich die Preise an Nord- und Ostseeküste? Welche Objekte sind jetzt noch gefragt? Was ist mit dem Neubau? Welche Orte sind relativ günstig? Das Abendblatt sprach mit Experten und beantwortet die wichtigsten Fragen zu Ferienimmobilien.

Wie entwickeln sich die Preise für Ferienimmobilien an Nord- und Ostsee?

Der Makler Engel & Völkers hat die Preisentwicklung in den wichtigsten Urlaubsregionen analysiert. Danach gibt es an Nord- und Ostseeküste fallende Preise auch in den guten Lagen. Von 24 untersuchten Regionen wurden nach Recherchen unserer Zeitung bei den Einfamilienhäusern in guter Lage in neun Regionen fallende oder stark fallende Preise registriert. Dazu wurden die jeweils niedrigsten Preisangaben mit den Vorjahresangaben verglichen.

Bei den Eigentumswohnungen in guter Lage an Nord- und Ostseeküste gibt es an 13 von 24 Standorten fallende oder stark fallende Preise. Allein die Einschätzung „fallend“ bedeutet einen Preisrückgang von bis zu 20 Prozent. Engel & Völkers spricht allerdings nur von leichten Preiskorrekturen in einfachen und mittleren Lagen.

„Die stetige Erhöhung der Bauzinsen ab dem zweiten Quartal 2022 führte dazu, dass in den mittleren und einfachen Lagen einiger Ferienorte eine gewisse Kaufzurückhaltung einsetzte“, sagt Till-Fabian Zalewski, Geschäftsführer von Engel & Völkers für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Ferienimmobilien und Zweitwohnsitze seien Luxusgüter, die grundsätzlich von eigenkapitalstarken Käuferinnen und Käufern erworben werden. Diese Kundengruppe sei weniger auf Fremdkapital angewiesen. „Insbesondere in den Top-Lagen war der Nachfrageüberhang groß“, sagt Zalewski.

Sehen das alle Experten bei Ferienimmobilien so?

Der Gebietsleiter der LBS-Immobilien Jan-Pieter Frick, der sich seit mehr als 40 Jahren mit Küstenimmobilien zwischen Timmendorfer Strand und Fehmarn beschäftigt und als Sachverständiger auch Einblick in Kaufverträge hat, sagt dagegen: „Die Tendenz der Preisentwicklung ist überall einheitlich, nur das Ausmaß der Preisrückgänge ist lageabhängig. In Timmendorfer Strand, Scharbeutz und Travemünde liegen die Preisrückgänge bei rund zehn Prozent. In den ländlichen Orten, zehn bis 15 Kilometer vom Wasser entfernt, die erst in den letzten Jahren als Feriendomizile mit hohen Preisaufschlägen entdeckt wurden, sind es aber nach Fricks Einschätzung schon 30 Prozent.

Wie entwickeln sich die Preise an einzelnen Standorten?

Deutlich gefallen sind nach den Daten von Engel & Völkers die Einstiegspreise für Eigentumswohnungen in guter Lage auf Juist. Lag die Preisspanne für den Quadratmeterpreis 2022 noch bei 12.000 bis 16.000 Euro, so sind es jetzt 9000 bis 11.000 Euro. Bezogen auf den Eingangspreis ist das ein Rückgang von 25 Prozent. Auch bei Häusern auf Borkum, Baltrum und Langeoog zeigen sich deutliche Preisrückgänge von bis zu 20 Prozent.

Sylt kann bei guter Lage auf stabile Preise verweisen, aber in einfacher oder mittlerer Lage sieht das schon anders aus. Lag die Preisspanne für Ein- und Zweifamilienhäuser zwischen Hörnum und List im vergangenen Jahr noch zwischen einer Million und 5,9 Millionen Euro, wurde sie für 2023 deutlich nach unten korrigiert: Für eine solche Immobilie liegen die Kaufpreise demnach jetzt bei 900.000 bis 1,9 Millionen Euro.

Eine Ferienimmobilie zu besitzen, ist der Traum vieler Menschen – und wie hier in Rantum auf Sylt mit seinen reetgedeckten Häusern wird er manchmal wahr. Immer unter der Voraussetzung, dass die Hausbesitzer in spe gut bei Kasse sind.
Eine Ferienimmobilie zu besitzen, ist der Traum vieler Menschen – und wie hier in Rantum auf Sylt mit seinen reetgedeckten Häusern wird er manchmal wahr. Immer unter der Voraussetzung, dass die Hausbesitzer in spe gut bei Kasse sind. © imago stock

Günstiger wurden Ferienimmobilien auch im Osten. Auf Fischland/Darß/Zingst gaben die Preise für Häuser in guten Lagen um 20 Prozent nach, und Eigentumswohnungen verbilligten sich um zehn Prozent. Bei noch stark steigenden Preisen wie für Häuser in Timmendorfer Strand oder Eigentumswohnungen auf Rügen muss man davon ausgehen, dass vor allem die Qualität der Objekte eine andere war als vor einem Jahr. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass sich Ferienimmobilien vom generellen Preistrend bei Immobilien abkoppeln.

In welchen Urlaubsregionen sind die Preise noch relativ moderat?

Die günstigsten Preise für Eigentumswohnungen in guten Lagen gibt es in der Region Wilhelmshaven ab 2000 Euro je Quadratmeter – nach einem Preissturz von rund 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In guter Lage in Husum gibt es Eigentumswohnungen ab 3000 Euro je Quadratmeter Wohnfläche. Häuser können in Grömitz ab 400.000 Euro erworben werden.

Auf was achten die Käufer von Ferienimmobilien?

„Für den bundesweiten Ferienimmobilienmarkt registrieren wir einen Trend hin zu energieeffizienten Objekten“, sagt Zalewski. Die Sanierungskosten seien teurer geworden, weshalb es derzeit weniger beliebt sei, ein sanierungsbedürftiges Objekt zu erwerben und selbst zu sanieren. „Es gibt keinen Besichtigungstermin, wo nicht das Thema Heizung auf den Tisch kommt“, sagt Frick. Zwar seien die älteren Objekte in den besseren Lagen an den Küsten, aber die potenziellen Käufer fürchten sich vor den hohen Bewirtschaftungskosten.

Wie sieht es mit dem Neubau aus?

Bisher profitierten die Besitzer älterer Immobilien davon, dass ihre Objekte von Projektentwicklern aufgekauft wurden, um an die begehrten Grundstücke zu kommen. „Das betraf vor allem kleine Beherbergungsbetriebe, die keinen Nachfolger hatten“, sagt Frick. „Doch wegen der gestiegenen Baupreise werden Neubauvorhaben kaum noch durchgeführt.“

Begonnene Projekte, bei denen die Wohnungen noch in der Hochpreisphase aus dem Prospekt verkauft wurden, werden jetzt noch fertiggestellt. Die Projektentwickler sitzen auf ihren Grundstücken und werden erst wieder aktiv, wenn sich die Lage am Immobilienmarkt normalisiert hat. „Aber mit einem Grundstück in Timmendorfer Strand lässt sich natürlich beruhigter überwintern als mit einem Grundstück in einer ländlichen Region, die nicht direkt an der Küste liegt“, sagt Frick.

Welche Ansprüche stellen Urlauber an Ferienimmobilien?

Neben der Lage entscheidet die Ausstattung über den Vermietungserfolg. Wem es vor allem um eine möglichst hohe Auslastung der Immobilie geht, sollte sich in touristisch attraktiven Regionen mit guter Infrastruktur und Anbindung umsehen. Bei der Ausstattung sind zwei Schlafzimmer besser als eins. Funktionierendes Wlan und ein Fernseher sind unumgänglich. Geschirrspülmaschine und Waschmaschine sind fast schon Standard.

„Neben der hochwertigen Qualität sollte die Ausstattung möglichst robust sein, damit sie der Beanspruchung durch viele verschiedene Gäste standhält“, sagt Florian Schüler, Sprecher der Geschäftsführung von Postbank Immobilien. „Darüber hinaus erhöhen eine Sauna oder ein Kamin die Attraktivität der Immobilie auch in der Nebensaison.“ Außerdem wünschen sich Urlauber Immobilien mit Garten. Das Einfamilienhaus kann also mehr punkten als die Eigentumswohnung in einer großen Anlage.

Wie entwickeln sich die Vermietungspreise?

„Die Vermietungspreise steigen deutlich, was zum Teil auch mit der starken Erhöhung der Nebenkosten der Immobilien zusammenhängt“, sagt Zalewski. Auch im vergangenen Jahr seien die Mieten schon gestiegen. Doch das muss nach Einschätzung von Frick bei den Vermietern nicht zu steigenden Einnahmen führen. „Die Zeiten, in denen der 14-tägige Aufenthalt schon ein Jahr im Voraus gebucht wird, sind vorbei“, sagt der Immobilienexperte. „Die Urlauber buchen kurzfristiger und meist nur für einige Tage.“ Mit Überwindung der Corona-Pandemie werden auch wieder Ziele im Ausland stärker in den Fokus der Urlauber rücken.

Welche Rendite lässt sich mit Ferienimmobilien erzielen?

„Viele Käuferinnen und Käufer ziehen bei Ferienimmobilien eine Mischnutzung aus Eigennutzung und Ferienvermietung vor“, sagt Zalewski. Damit seien dann zum Teil die laufenden Kosten gedeckt. Die durchschnittliche Verzinsung einer Ferienimmobilie liege bei 1,80 bis 2,30 Prozent vor Steuern. „Diese Rendite spielt bei der Entscheidung, eine solche Immobilie zu erwerben, eine oftmals untergeordnete Rolle“, sagt Zalewski. Vielmehr seien die sogenannte Wohlfühlrendite, die Nutzungsmöglichkeit der eigenen Räumlichkeiten und das Wertsteigerungspotenzial von Interesse.