Westerland. Spaziergängerin schildert bedrohliche Szene. Für Hunde gelten auf Sylt Regeln – in einem Fall droht bei Ignoranz eine Strafanzeige.
Etwa 950.000 Menschen im Jahr verbringen ihren Urlaub auf Sylt. Viele von ihnen bringen einen oder gleich mehrere Hunde mit an die Nordsee. Kein Wunder: Die ausgedehnten Strände und idyllischen Wanderwege zwischen Hörnum und List bieten Hund wie Herrchen viel Auslauf, und auch Vermieter und Cafés sind überwiegend tierfreundlich eingestellt. Für die mitgebrachten Hunde gelten dabei einige Regeln. Doch daran halten sich offenbar einige Besitzer nicht.
Sylt: Urlauber beschweren sich über Hunde und Halter
Die Beschwerden anderer Urlaubsgäste über nicht angeleinte Vierbeiner und deren Hinterlassenschaften mehren sich. Viele Anzeigen gab es seit Ostern etwa beim Online-Mängelmelder der Gemeinde Sylt, aber vor allem in den sozialen Netzwerken entluden immer mehr Sylt-Urlauber, teilweise selbst mit einem Tier unterwegs, ihren Frust.
„An vielen Strandabgängen liegen sehr viele Hundehaufen“, schreibt etwa ein Urlauber auf Facebook. Dazu stellte er ein Foto der von ihm eingesammelten Tüten, die teilweise einige Meter weit in der Heide gelegen hätten. „Wir waren schon oft auf der Insel, aber das ist uns so in diesem Ausmaß noch nie aufgefallen.“ Viele Hunde und deren Besitzer würden durch dieses Verhalten über einen Kamm geschert. Von der Gemeinde wollte sich niemand zu dem Thema äußern, das augenscheinlich viele Gemüter auf der Insel erregt.
Bedrohlich kläffende Hunde am Strand von Sylt?
Eine weitere Urlauberin beschreibt sogar bedrohliche Aufeinandertreffen mit anderen Hunden und deren Haltern. „Rücksichtslos lassen sie aus einer mörder Entfernung ihre zwei nicht angeleinten, nicht nett kläffenden Hunde auf unsere angeleinten Hunde zulaufen“, moniert die Frau. Ein zweites Gespann sei „pöbelnd“ auf sie zugerannt und in sie hineingeprescht. Deren Besitzer hätten nur müde gelächelt.
„Leute, was stimmt denn mit uns nicht?“, fragt die Urlauberin. Sie finde absolute Leinenfreiheit am Stand auch besser, aber wenn sich darüber schon jemand hinwegsetzen müsse, „dann sollte der Hund wenigstens abrufbar sein“, verlangt sie.
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Die an vielen Stränden während der Saison geltende Leinenpflicht soll jedoch nicht nur andere Urlauber vor übermütigen Hunden schützen. Gut 50 Prozent der Insel stehen unter Naturschutz. Für nistende Vögel, die empfindlichen Dünen und die süßen Lämmer im Listland stellen frei laufende Hunde eine ernst zu nehmende Gefahr dar.
Schäfer Jürgen Wolf-Diedrichsen lässt seine Lämmer im Frühjahr erst nach dem großen Urlauber-Ansturm zu Ostern am Ellenbogen frei herumtollen, weil jedes Jahr mehr als ein Dutzend der Tiere durch frei laufende Hunde erschreckt oder gerissen würden. Aber welche Regeln gelten eigentlich für Hunde auf der Nordseeinsel?
Sylt-Urlaub mit dem Hund: Diese Regeln gelten auf der Insel
- Generell genießen Hunde auf Sylt in der Vor- und Nachsaison vom 1. November bis zum 14. März den meisten Freiraum. Halter dürfen die Tiere an alle Strände im Westen der Insel mitnehmen, eine Anleinpflicht besteht dabei nur in „stark frequentierten Bereichen“ und an allen Stränden auf der Ostseite. Denn das gesamte Wattenmeer und die Braderuper Heide sind Naturschutzgebiete. Auf andere Spaziergänger sollte aber überall Rücksicht genommen werden.
- Anders verhält es sich in der Neben- und Hauptsaison vom 15. März bis zum 31. Oktober. Sobald mehr Urlauber und insbesondere Familien nach Sylt strömen, sind Hunde nur an den gekennzeichneten Hundestränden erlaubt (siehe Karte).
- Ein Spaziergang von Hundestrand zu Hundestrand ist aber noch möglich: Wer seinen Vierbeiner anleint, darf auch während der Saison an fast allen Sylter Stränden – mit Ausnahme von Westerland und Rantum – zumindest am Flutsaum entlanggehen. Auf dem Weg zur Wasserkante und zurück dürfen aber nur die Strandübergänge zu den Hundestränden genutzt werden, heißt es vom Ordnungsamt.
- Leinenpflicht besteht außerdem in den Sylter Parks, Wald-, Grün- und Sportanlagen sowie im gesamten Ortsteil Westerland einschließlich der Promenade.
- Auch im Bereich von List und dem Ellenbogen müssen Hunde laut Ordnungsamt wegen der frei laufenden Schafe an der Leine geführt werden.
- Ebenso gilt die Leinenpflicht bei öffentlichen Veranstaltungen und Märkten, auf den Friedhöfen sowie in Bussen und Bahnen.
- Besondere Rücksicht ist in den Naturschutzgebieten gefordert, weil dort Brut- und Rastvögel ihre Fett- und Kraftreserven tanken. „Vermeiden Sie unter allen Umständen, dass die Tierwelt durch frei laufende Hunde aufgeschreckt wird“, betont das Ordnungsamt. Das gelte auch für die Deiche und das Deichvorland, auf dem Schafe grasen.
- Verstöße gegen die Leinenpflicht können mit einem Bußgeld geahndet werden.
- Grundsätzlich verboten sind Hunde auf Kinderspielplätzen. Betritt ein Tier dennoch einen Spielplatz und hinterlässt dort ein Geschäft, muss der Halter sogar mit einer Strafanzeige rechnen.
- Für die Hinterlassenschaften der Hunde sind Spender mit Hundekotbeuteln an vielen Abfallbehältern installiert. Wer das Geschäft seines Hundes nicht beseitigt und den vollen Beutel nicht im Mülleimer entsorgt, kann ebenfalls mit einem Bußgeld belegt werden.
- Jeder Hund soll außerdem ein Halsband tragen, mit dem der Halter eindeutig (Name, Anschrift, Rufnummer) ermittelt werden kann. Die Steuermarke allein reiche nicht aus.
Wenn Strandkorbwärter und Rettungsschwimmer vor Ort sind, werden Hundebesitzer auch aktiv angesprochen, sagte eine Sprecherin vom Sylt Marketing dem Abendblatt. „Niemand außer Ihnen kann wissen, dass Ihr Vierbeiner eigentlich ganz friedlich ist. Verhalten Sie sich bitte immer so, dass sich niemand durch Ihren Hund bedroht fühlt“, heißt es dort.
Weitere Informationen können Urlauber beim Ordnungsamt der Gemeinde Sylt unter den Rufnummern 04651/85 15 01 oder 85 15 02 einholen.