Hamburg. Ausschüttung für Aktionäre sinkt überraschend deutlich. Optikerkette hat offensichtlich ein Kostenproblem. Wie das Unternehmen reagiert.

Wer Fielmann-Aktien in seinem privaten Depot hat, braucht seit Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 starke Nerven. Während die Aktie der Hamburger Augenoptikerkette in den Jahren davor – mit wenigen kleinen Rücksetzern – quasi nur den Weg nach oben kannte, ist es mit dem Kurs seitdem deutlich bergab gegangen. War das Papier kurz vor Pandemie-Ausbruch noch mehr als 75 Euro wert, notiert es nun bei weniger als 33 Euro – ein Absturz um 56 Prozent. Doch damit nicht genug.

Fielmann senkt Dividende deutlich

Am Donnerstag veröffentlichte das Unternehmen die nächste negative Nachricht für seine Anteilseigner: Die Dividende wird für das vergangene Jahr von 1,50 Euro auf 75 Cent halbiert. Zwar hatten Experten mit Blick auf die schwächere Gewinnentwicklung damit gerechnet, dass die Optikerkette ihren Ausschüttungen verringern werde. Doch ein Minus von 50 Prozent kam dann doch überraschend.

An der Börse war lediglich eine Reduzierung auf etwa 1,20 Euro eingepreist, hieß es von mehreren Analysten. Der Aktienkurs sackte am Donnerstag kurz nach Bekanntgabe der Dividendenhalbierung – in einem ansonsten sehr positiven Börsenumfeld – um mehr als drei Prozent ab und war damit Schlusslicht im SDAX, dem Index für kleinere deutsche Aktien.

Fielmann-Aktien bei Kleinanlegern beliebt

Von 1998 an hatte Fielmann seine Dividende jährlich angehoben. Von damals 15 Cent je Papier auf 1,90 Euro für das Jahr 2018. Die Aktie war vor allem deshalb so beliebt bei Kleinaktionären, weil diese sich alle zwölf Monate über ein ordentliches Plus auf ihrem Dividendenkonto freuen konnten. Damit war es aber bereits 2019 wegen Corona vorbei.

Mit Blick auf die sich ausbreitende Pandemie, die befürchtete Kaufzurückhaltung der Konsumenten und zur Sicherung der Konzernliquidität zog der Vorstand Ende März 2020 die Reißleine und empfahl das Aussetzen der Dividende für das Vorjahr. Die Hauptversammlung stimmte zu, die Aktionäre gingen leer aus. In den Folgejahren kamen die Kunden und die Zuversicht zurück, die Dividende stieg wieder auf 1,20 bzw. 1,50 Euro. Doch nun wird die Ausschüttung stark gestutzt.

Fielmann mit Gewinneinbruch

Dies liegt vor allem an dem gesunkenen Gewinn. Während der Konzernumsatz 2022 nach vorläufigen Zahlen um fünf Prozent auf 1,76 Milliarden Euro zugelegt haben dürfte, muss die Optikerkette beim Ergebnis deutliche Abstriche machen. So geht das Unternehmen davon aus, dass das Ergebnis vor Steuern (Ebt) um 23,4 Prozent auf rund 160,7 Millionen Euro einbrechen wird.

Nach Steuern erwarten die Hamburger noch einen Gewinn von rund 110 Millionen Euro – das wären 23,9 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Zur Begründung verweist Fielmann auf die andauernde Pandemie im vergangenen Jahr, den Krieg in der Ukraine und dadurch steigenden Inflationsraten sowie die „historisch niedrigste Konsumstimmung in nahezu allen Märkten“.

Fielmann halbiert Dividende – wegen Expansion?

Die geringere Dividendenzahlung hat für das Unternehmen noch einen anderen Grund: Man möchte das nicht ausgeschüttete Geld „kurzfristig für strategische Investitionen“ verwenden. Marktbeobachter gehen davon aus, dass es womöglich zu weiteren Zukäufen kommen könnte.

Bereits in den vergangenen Jahren hat das Unternehmen viel Geld in die Expansion – vor allem im Ausland – gesteckt. So übernahmen die Hamburger erst Ende des vergangenen Jahres 100 Prozent der Anteile an Einzelhandel, Großhandel und Produktion der spanischen Medical Óptica Audición (MFI). Die Iberer haben 19 Filialen, sind Onlineshop-Marktführer im Baskenland und einer der führenden Augenoptiker und Hörakustiker in Nordspanien. Auch eine augenoptische Oberflächen- und Randschleiferei sowie eine Produktion persönlicher Schutzausrüstung waren Teil der Transaktion. Im Jahr 2021 hatten alle drei Geschäftsbereiche der Spanier mit 285 Mitarbeitern einen Außenumsatz von zusammen 35 Millionen Euro erzielt.

Darüber hinaus investiert Fielmann seit längerem in die Forschung und Entwicklung von Technologien, die es ermöglichen, auch kompliziertere Brillengläser online anpassen zu können – ein schwieriges Unterfangen. Allerdings könnte ein Durchbruch mittelfristig zu erheblichen Kostenvorteilen gegenüber der Konkurrenz führen.

Soll man Fielmann-Aktie verkaufen?

Genau auf der Kostenseite sieht Simon Keller bei Fielmann eine Herausforderung. „Die Personalkosten liegen bei über 40 Prozent des Umsatzes“, sagt der Analyst des Bankhauses Hauck Aufhäuser Lampe, dem Abendblatt. „Das ist ein sehr hoher Wert und darauf zurückzuführen, dass das Optikergeschäft in den Filialen äußerst beratungsintensiv ist.“

Keller befürchtet, dass sich dieses Problem mit Blick auf den allgemeinen Fachkräftemangel sowie die hohe Inflation, die zu weiteren Lohnsteigerungen führen dürfte, noch verschärfen könnte. Bereits Anfang Januar hatte Keller den Verkauf des Papiers empfohlen mit einem Kursziel von 25 Euro. An der Verkaufsempfehlung hält er weiterhin fest.

Doch es gibt auch andere Expertenstimmen. So empfiehlt Alsterresearch die Aktie in einer aktuellen Analyse vom Donnerstag weiter zum Kauf mit einem Kursziel von 50 Euro. Die Tatsache, dass der Vorsteuergewinn (Ebitda) im vierten Quartal um sechs Prozent zugelegt habe, stimme optimistisch, hieß es.

Einstellungsstopp in Fielmann-Zentrale

Der Fielmann-Vorstand weiß seit Längerem, dass das Unternehmen auf der Kostenseite etwas tun muss. Bereits im vergangenen Sommer wurde aus diesem Grund ein Kostensenkungsprogramm für die Zentralbereiche eingeleitet.

Seitdem gibt es einen Einstellungsstopp für die Hamburger Zentrale, der nach Angaben einer Sprecherin vom Donnerstag weiterhin gilt: „Die Kosten in den Abteilungen werden aktuell nochmals genau überprüft.“ Allerdings werde man keinesfalls auf Kosten der Kunden sparen. So seien die Niederlassungen von den Sparmaßnahmen ausgenommen.

Ob und wenn ja, wie viele Stellen bereits in der Verwaltung abgebaut worden seien, dazu machte die Sprecherin auf Nachfrage keine Angaben. Weitere Details soll es auf der Bilanzpressekonferenz Ende April geben. Dann könnte es vielleicht auch Neuigkeiten zu einem möglichen Umzug der Fielmann-Zentrale geben. Denn das Gebäude an der Weidestraße, das die Optikerkette gemietet hat, ist stark modernisierungsbedürftig.