Hamburg. Der Hafenkonzern verzichtet auf die weitere Entwicklung und will bisherige Planungen lieber verkaufen.

Als das Abendblatt am 15. November 2018 als erste Zeitung darüber berichtete, dass die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) in die Hyperloop-Forschung einsteigen wollte, galt das Vorhaben als Sensation. Es versprach einen Quantensprung in der Containerlogistik: Das Hafenunternehmen plante nämlich den Bau eines Hochgeschwindigkeitstransportsystems, bei dem Magnetschwebebahnen in einer relativ engen Röhre schnell wie Flugzeuge hin- und herflitzend Container transportieren. Die Technik erinnert ein wenig an die alte Rohrpost, mit der früher Dokumente versendet wurden. Der Hyperloop wurde zum Gesprächsthema in der Hansestadt.

Weitere Hyperloop-Projekte waren in Planung, zum Beispiel in der Slowakei, wo man eine Röhre zwischen Bratislava und der österreichischen Hauptstadt Wien installieren wollte. Auch die Lufthansa dachte damals über die innovative Hochgeschwindigkeitsbahn nach – als feste Verbindung zwischen den großen deutschen Städten. Vier Jahre später ist von der einstigen Euphorie wenig übrig geblieben. Der Bau eines riesigen Röhrensystems, wobei die Tunnel zum Transport von Containern wohl fünf Meter Durchmesser haben müssten, ist aktuell nicht realisierbar.

Hyperloop: Zweifel an der technischen Machbarkeit

Die HHLA hatte sich deshalb schnell auf die Entwicklung eines Hyperloop-Bahnhofs, den sogenannten Hyperport, beschränkt. „Die HHLA hatte sich beim Projekt Hyperloop auf den Hyperport konzentriert, der den Umschlag von Containern ermöglicht, die innerhalb des Hyperloop-Systems in einer Kapsel transportiert werden“, sagt heute ein Unternehmenssprecher. Doch auch diese Pläne werden inzwischen nicht mehr verfolgt. Bis 2021 sollte auf dem Containerterminal eine solche Übergabestation gebaut werden.

Dann kam Corona. Die HHLA musste sparen. Aus einem großen Bauprojekt wurde ein virtuelles Modell im Internet, das schließlich beim Weltkongress für intelligente Verkehrssysteme (ITS) im Sommer 2021 vorgestellt wurde. Seitdem ist nichts mehr geschehen. Die Leiterin des Projekts bei der HHLA, Gerlinde John, ist inzwischen in Rente gegangen. Und auch die weitere Entwicklung hat der Hafenkonzern eingestellt.

Hyperloop transportiert 2800 Container pro Tag

Dabei wurde der Nutzen nicht angezweifelt. Unter dem vom Automobil- und Raumfahrtunternehmer Elon Musk erfundenen Hyperloop versteht man ganz allgemein einen Hochgeschwindigkeitstransporter: Magnetschwebebahnen schnellen dabei in einer engen Röhre hin und her. In der Röhre herrscht nahezu ein Vakuum, sodass sich die Züge ohne Luftwiderstand und Reibung vorwärts bewegen können. Dabei soll das System Geschwindigkeiten von bis zu 600 Kilometern in der Stunde erreichen. Die HHLA wollte die Weiterentwicklung dieser Technologie für den Gütertransport vorantreiben.

Dafür hatte sie sich bereits mit dem kalifornischen Unternehmen Hyperloop Transportation Technologies (HTT) zusammengetan, um ein solches System für den Transport von Seecontainern zu entwickeln. Würde es eines Tages womöglich – von wem auch immer – doch noch realisiert, könnten Containerlager in Sekundenschnelle im Umland bedient werden. Lastwagen müssten nicht mehr direkt in den Hafen fahren. Tausende von Schwerlastfahrten pro Tag würden überflüssig: Bis zu 2800 Schiffscontainer könnte das System pro Tag abtransportieren. Der Strom für den Betrieb des Systems würde durch Solarzellen erzeugt, die außen an den Röhren angebracht wären.

Kritiker warfen HHLA Träumerei vor

Doch an der technischen Machbarkeit waren schnell Zweifel aufgekommen. Um den Hyperloop auf annähernd Schallgeschwindigkeit zu beschleunigen, müssten Reibung und Luftwiderstand gegen null reduziert werden. Kritiker bezweifelten das Konzept, einige warfen der HHLA Träumerei vor.

Der amerikanische Projektpartner HTT bietet den Hyperport der HHLA auf seinen Internetseiten dennoch weiterhin an. Das System sei inzwischen marktreif, heißt es dort. Über ein Förderband wird eine zylindrische Kapsel an den sogenannten Absetzpunkt herangeführt, und die Deckenlucken öffnen sich. Ein vollautomatisch arbeitender Kran befördert einen Container dann in den darunterliegenden Laderaum. Die Luken schließen sich wieder – und die Kapsel wird in die Vakuum-Röhre geschossen. Die Entladung am Ziel verläuft ähnlich.

HHLA hält System für technisch ausgereift

Auch die HHLA hält das System inzwischen für technisch ausgereift. „Nach zwei Jahren Entwicklungszeit liegt das technische Konzept für die Transportkapsel und den Hyperport vor. Mit den Ergebnissen geht das Projektteam der HHLA aktuell auf mögliche Betreiber zu, für die die Ergebnisse entweder als Vorstadium einer Machbarkeitsstudie oder sogar für eine eigene Teststrecke von Interesse sein könnten“, so der Unternehmenssprecher.

Gleichzeitig sei die HHLA gemeinsam mit dem Partner Hyperloop Transportation Technologies dabei, mit internationalen Unternehmen „geeignete Lösungen für die Verkehrssteuerung sowie für das Verarbeiten und Bereitstellen von Transportdaten zu definieren“.

Hyperloop: Drei-Kilometer-Teststrecke in den Niederlanden?

Denn auch das ist inzwischen klar: Die Idee stammt zwar aus Hamburg, doch an der Elbe wird der Hyperloop nicht realisiert werden. Dafür fehlt aufgrund der räumlichen Enge des Hafens schlichtweg der Platz. „Der Bau einer entsprechenden Anlage in Hamburg ist derzeit nicht vorgesehen“, stellt die HHLA klar. „Weitere Aktivitäten gibt es in Hamburg nach meiner Kenntnis nicht mehr“, sagt auch Thomas Schüning, Leiter des Instituts für Hyperloop Technologie und Professor an der Hochschule Emden-Leer. Das sei aber nicht das Ende der Hyperloop-Technologie. „Es gibt zahlreiche europäische Projekte insbesondere aus der Start-up-Szene, die sich damit befassen.“

Die niederländische Regierung finanziere beispielsweise den Bau eines Hyperloop-Zentrums bei Groningen. Hier soll eine drei Kilometer lange Teststrecke insbesondere zur Erforschung magnetischer Weichen entstehen. „Auch wir werden im kommenden Jahr in Emden eine 25 Meter lange Teströhre bauen, in der Europaletten oder Gitterboxen transportiert werden könnten“, sagt Schüning.

Auch wenn nicht alle Projekte realisiert würden, sei klar, dass man eine neue Technologie für den Gütertransport benötige. Schüning: „Straßen und Schienen sind am Transportlimit. Gleichzeitig sind die Schadstoffemissionen im Gütertransport ein Problem. Der Hyperloop wird nicht alles ersetzen können. Aber er bietet eine emissionsfreie Technologie mit deutlich geringerem Energiebedarf und kann gerade im Gütertransport ein sinnvolles System sein.“ Aber nicht in Hamburg.