Hamburg/Kiel/Hannover. In einer digitalen Runde hatten die Beteiligten über das Problem der Entsorgung des Schlicks gesprochen – offenbar mit Erfolg.
Die „Schlammschlacht“ um die Verbringung des Hafenschlicks ist erst einmal beendet. Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und der Bund haben sich am Dienstag auf die Grundzüge eines gemeinsamen Vertrages geeinigt. Danach ist von einer kurzfristigen Lösung die Rede, von einer mittel- und einer langfristigen. Die kurzfristige ist, schon von Anfang des Jahres an wieder Baggergut bei Tonne E3 bei Helgoland zu verklappen.
Die mittelfristige Lösung greift erst in einigen Jahren und sieht vor, Baggergut in der sogenannten Tiefwasserreede und der Ausschließlichen Wirtschaftszone abzuladen. Die erstreckt sich von Cuxhaven bis Sylt keilförmig von der Küste Richtung Nordsee. Die langfristige Lösung sehen die drei Küstenländer und die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt des Bundes darin, das Baggergut auch an Land zu nutzen, zum Beispiel beim Bau von Deichen.
Hafen Hamburg: Elbvertiefung – Einigung im Schlick-Streit
Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) sprach von einer guten Vereinbarung für den Hamburger Hafen mit nationaler Bedeutung und auch für das Weltnaturerbe Wattenmeer. „Wir bringen die Interessen des Hafens und seine Bedeutung für den Wirtschaftsstand Deutschland mit dem Naturschutz in Einklang“, schwärmte der ebenfalls grüne schleswig-holsteinische Umweltminister Tobias Goldschmidt. Vorausgegangen war ein wochenlanger Streit, den in erster Linie Hamburg ausgelöst hatte.
Zum einen hatte die Stadt das Kontingent, das sie sich für die Verklappung des Elbschlicks bei Tonne E3 beim Land Schleswig-Holstein erkauft hatte, komplett ausgeschöpft – aber keine Nachverhandlungen gestartet. Zum anderen hatte die Hafenbehörde an den beiden Nachbarländern vorbei bei der Hamburger Umweltbehörde beantragt, das Baggergut vor der Vogelinsel Scharhörn abladen zu können. Das ist zwar hamburgisches Gebiet, grenzt aber unmittelbar ans Wattenmeer.
Scharhörn vorerst vom Tisch
Beide Nachbarländer sind strikt dagegen, Niedersachsen drohte sogar mit einer Klage. Die sei jetzt zum Glück abgewendet, freute sich Kerstan. Scharhörn sei mit der neuen Vereinbarung vom Tisch, sagt Goldschmidt. Kerstan formulierte es etwas zurückhaltender: „Im Moment“ bestehe keine Notwendigkeit mehr, zu einer artenschutzrechtlichen Regelung für Scharhörn zu kommen. Im Moment – das heißt aber auch, dass sich Hamburg offensichtlich ein Hintertürchen offenhält.
Die kurzfristige Lösung beinhaltet, dass Hamburg die Tonne E3 ab Anfang 2023 nutzen darf, selbst wenn es noch keinen neuen Vertrag gibt. Damit sei der Zugang von Schiffen mit großem Tiefgang zum Hafen sichergestellt, so Kerstan. „Das ist ein großzügiges Angebot Schleswig-Holsteins.“ Die Hafenbehörde werde im Januar beantragen, E3 weiter zu nutzen. Mit der Genehmigung rechnet Schleswig-Holstein Mitte des kommenden Jahres.
„Das Geld hat heute keine Rolle gespielt"
Dass der Hafen und die Fahrrinne regelmäßig ausgebaggert werden müssen, steht außer Frage. „Wenn man nichts täte, hätte die Elbe eine Tiefe von rund einem Meter statt von 14“, sagte der Hamburger Umweltsenator. Einigkeit besteht auch, dass Schluss sein soll mit der „Kreislaufbaggerei“. Bislang hatte Hamburg Baggergut nicht nur bei Tonne E3 abgekippt, sondern auch bei der Elbinsel Neßsand am Stadtrand. Die Folge: Beinahe mit der nächsten Flut landeten die ersten Sedimente schon wieder im Hafen.
Zuletzt hatte sich Schleswig-Holstein sein Ja zur Tonne E3 von Hamburg gut bezahlen lassen. Pro Tonne Baggergut flossen fünf Euro. Mit dem Geld hat das Land Meeresschutzprojekte unterstützt. Wie viel Hamburg jetzt zahlen muss, ist offen. Es wird kaum weniger sein. Offiziell hieß es aber: „Das Geld hat heute keine Rolle gespielt, das werden wir bilateral aushandeln“, sagte Goldschmidt. In etwa zwei Millionen Tonnen Schlick durfte Hamburg laut altem Vertrag bei E3 abkippen. Ziel ist jetzt, die Menge zu erhöhen. „Wir wollen dort ausschöpfen, was maximal möglich ist“, sagte Goldschmidt.
Hafen Hamburg: E3 keine Dauerlösung
Die beiden grünen Ressortchefs sind sich einig, dass E3 keine Dauerlösung ist. Im nächsten Schritt sollen weitere „Verbringstellen“ weiter draußen in der Nordsee gefunden werden. Das wäre in der Tiefwasserreede oder der Ausschließlichen Wirtschaftszone. Zuständig ist hier der Bund. Mit einer Nutzung dieser Gebiete wird es aber nichts vor 2025. Perspektivisch sollten die Sedimente an Land genutzt werden, forderte Goldschmidt. „Einer langfristigen Verbesserung der Sedimentqualität kommt dabei eine Schlüsselrolle zu, bedeutsam ist insofern die Sanierung der Oberelbe“, hieß es.
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Kritik an der Vereinbarung übt die schleswig-holsteinische FDP. Parteichef Oliver Kumbartzky: „Statt einer langfristigen Strategie hat man sich wie alle Jahre wieder auf den kleinsten gemeinsamen Nenner verständigt: Das Verklappen an Tonne E3 wird verlängert, und alles weitere muss noch ausgearbeitet werden.“