Hamburg. Umweltminister Tobias Goldschmidt zieht vor Gipfelgespräch am Freitag seine rote Linie – und macht einen Alternativvorschlag.
Schleswig-Holstein erhöht im Vorfeld des für den morgigen Freitag im Hamburger Rathaus geplanten Schlickgipfels den Druck auf Hamburg. „Eine Verklappung des Schlicks bei Scharhörn wird auf meinen entschiedenen Widerstand treffen. Eine solche Lösung wäre auch rechtlich nicht möglich, da eine konkrete Gefahr für nahe gelegene schleswig-holsteinische Schutzgebiete zu erwarten wäre“, sagte der schleswig-holsteinische Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) auf Abendblatt-Anfrage.
Der Politiker hatte das Gipfeltreffen mit Hamburg und Niedersachsen vor vier Wochen öffentlich in einem Abendblatt-Interview eingefordert, nachdem Hamburg zuvor Gesprächsangebote des Nachbarlandes offensichtlich ignoriert hatte. Erst danach kam wieder Bewegung in das Thema.
Hafen Hamburg: Niedersachsen droht mit Klagen
Die drei Nordländer wollen an diesem Freitagnachmittag ihre Verhandlungen starten, was aus dem Schlick wird. Jährlich baggert Hamburg fünf bis sieben Millionen Kubikmeter aus Hafen und Fahrrinne. Getrocknet bleiben immer noch rund 2,5 Millionen Tonnen übrig. Die Schattenseite der jüngsten Elbvertiefung: Jetzt fallen noch mehr Sedimente an. Zuletzt hatte Hamburg den Schlick bei Tonne E 3 nahe Helgoland verklappt – mit Schleswig-Holsteins Erlaubnis.
Nun ist das vertraglich vereinbarte Kontingent erschöpft. Deshalb hatte die Hafenbehörde HPA bei der zuständigen Hamburger Umweltbehörde beantragt, den Schlick nahe der Vogelschutzinsel Scharhörn abladen zu dürfen. Das werten Niedersachsen und Schleswig-Holstein als unfreundlichen Akt, wehren sich politisch. Niedersachsen droht zudem mit Klagen.
Goldschmidt verweist auf Nationalparkgesetz
„Gegen eine Verbringung bei Scharhörn sprechen auch wasserrechtliche Gründe. Zwar liegt die Verbringstelle auf Hamburger Staatsgebiet. Jedoch sind in dem Bereich Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hamburg gemeinsam für den Gewässerzustand der Elbe verantwortlich“, sagte Goldschmidt. Er verweist auf Paragraf 5 des Nationalparkgesetzes.
Darin heißt es: „Im Nationalpark sind über die ausdrücklich zugelassenen Maßnahmen und Nutzungen hinaus alle Handlungen unzulässig, die zu einer Zerstörung, Beschädigung, Veränderung oder nachhaltigen Störung des Schutzgebiets oder seiner Bestandteile führen können.“
„Ich habe ein gemeinsames Gespräch eingefordert"
Der Schleswig-Holsteiner betont die gemeinsame Verantwortung, die die drei norddeutschen Bundesländer und auch die Bundesregierung für das „grenzüberschreitende Weltnaturerbe Wattenmeer“ trügen: Deshalb müsse man jetzt rasch und gemeinsam Lösungen erarbeiten. „Die Zeit drängt“, so Goldschmidt. „Ich habe ein gemeinsames Gespräch eingefordert und bin froh, dass das Hamburg diesen Weg nun geht.“
Schleswig-Holstein sieht durchaus nicht nur die Umweltaspekte der Schlickbaggerung, sondern erkennt auch die Bedeutung des Hamburger Hafens als „Drehscheibe für die Wirtschaft und Versorgung Deutschlands sowie Garant zahlreicher Arbeitsplätze“ an. Man müsse deshalb versuchen, in dem Gipfeltreffen zur Schlickproblematik, die ökonomischen Belange mit dem Schutz des Wattenmeeres in Einklang zu bringen. „Wir wollen aber auch schützenswerte Interessen Schleswig-Holsteins wie den Tourismus, die Elbhäfen oder die Fischerei berücksichtigen“, so Goldschmidt.
Hafen Hamburg: Schleswig-Holstein fordert „klare Vereinbarungen“
Er geht mit dem Ziel in den Dreiergipfel, den Einstieg in ein „ökologisches, nachhaltiges und länderübergreifendes Sedimentmanagement“ hinzubekommen – inklusive eines Zeithorizonts und belastbarer Angaben, wie viel Schlick in den kommenden Jahren überhaupt noch verklappt werden soll. Daneben fordert Schleswig-Holstein „klare Vereinbarungen“, wie die Schadstoffbelastung reduziert und das getrocknete Baggergut auch an Land genutzt werden kann. Als Beispiel nannte Goldschmidt hier den Deichbau: In Folge des Klimawandels müssten Deiche erhöht werden.
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„Es werden große Mengen Boden benötigt, wir sollten die Nutzung von Sedimenten hierfür als gemeinsames Projekt begreifen und den Weg hierfür ebnen“, sagte Goldschmidt.In einem Punkt hat Schleswig-Holstein Hamburg schon Entgegenkommen signalisiert: Einen Folgevertrag über die erneute Verklappung des Baggerguts bei Tonne E 3 in der Nähe Helgolands sieht man im grünen Umweltministerium eher unproblematisch.