Hamburg. Viele Geschäftsinhaber haben Indexmietverträge, die an die Inflation gekoppelt sind. So drohen extreme Kostensteigerungen.

Hohe Inflation, stark steigende Energiekosten, die Konsumlaune der Verbraucher im Keller – der Einzelhandel steht derzeit ohnehin schon vor einem Berg von Herausforderungen. Nun kommt für viele Geschäftsinhaber ein weiteres Problem hinzu: Die Ladenmieten steigen zum Teil extrem stark.

„Die meisten Geschäftsmieten sind Indexmieten“, sagt Andreas Bartmann, der Präsident des Handelsverbands Nord. Indexmieten sind an die Inflationsrate geknüpft, die zuletzt bei zehn Prozent lag. Folglich dürften auch viele Geschäftsinhaber von ihren Vermietern die Forderung nach einer kräftigen Mieterhöhung erhalten.

Indexmieten haben „dramatische Folgen“

Bartmann, zugleich Chef des Hamburger Outdoor-Spezialisten Globetrotter, spricht von „dramatischen Folgen“ für die betroffenen Unternehmen. Im Einzelhandel mache die Miete in der Regel etwa zehn bis 15 Prozent der gesamten Kosten aus. „Wenn da noch einmal zehn Prozent draufgeschlagen werden, wird für Händler mit einer ohnehin schon niedrigen Gewinnmarge die Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben sein“, warnt Bartmann. Dierk Böckenholt, der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Nord spricht von einer „akuten Existenzbedrohung“ für die betroffenen Unternehmen.

Die Interessenvertreter der Branche sprechen sich nun für eine Art Mietendeckel für Einzelhändler aus. Einen Vorstoß, der in diese Richtung geht, gibt es seit Kurzem aus Hamburg. Der Senat beschloss vor wenigen Tagen eine Bundesratsinitiative, nach der der Anstieg von Indexmieten von Wohnungen in Phasen mit einer hohen Inflationsrate künftig maximal 3,5 Prozent betragen soll. Das solle gesetzlich festgeschrieben werden, so der Vorschlag aus Hamburg.

„Starker Appell“ an die Politik

Böckenholt sieht in einem solchen Deckel für die Erhöhung von Indexmieten von Wohnungen ein Vorbild auch für Gewerbemietverträge von Einzelhändlern. Bartmann betont: „Es gibt dringenden Regelungsbedarf. Unser starker Appell an die Politik ist, hier eine Lösung zu finden.“ Und auch der Handelsverbandspräsident sagt: „Wenn so etwas für Wohnungen möglich ist, sollte es auch für Gewerbemietverträge möglich sein.“

Bartmann sieht eine ganz ähnliche Situation wie im ersten Jahr der Pandemie. Damals habe es lange Auseinandersetzungen über Mietzahlungen für Geschäfte gegeben, die auf behördliche Anordnung wegen Corona geschlossen bleiben mussten. Letztlich sei es zu einer Regelung gekommen, nach der sich Mieter und Vermieter die finanzielle Last geteilt hätten.

In das für viele Geschäfte so wichtige Weihnachtsgeschäft ist der Handel im Norden mit gemischten Gefühlen und Erwartungen gestartet. „Es wird in diesem Jahr massiv überschattet von den Auswirkungen des Ukrainekrieges, der daraus resultierenden Konsumzurückhaltung und der massiven Preissteigerung in allen Lebensbereichen“, sagt Böckenholt.

Händler erwarten schlechtes Weihnachtsgeschäft

Das sei besonders bitter für Uhren- und Schmuckhändler, Buch- und Spielwarengeschäfte und die Unterhaltungselektronikbranche, die allesamt mehr als 25 Prozent ihres Jahresumsatzes in den beiden letzten Monaten erzielen. Laut Umfragen erwartet die Mehrzahl der Händler in diesem Jahr ein schlechteres oder sogar deutlich schlechteres Weihnachtsgeschäft als im Vorjahr. Und vor allem Verbraucherinnen und Verbraucher mit einem Einkommen im mittleren bis unteren Bereich müssten nun ihr Geld fast ausschließlich für den Lebensunterhalt ausgeben.

Andererseits sieht der Handelsverband nach einem „dunklen Oktober“, so Böckenholt auch erste Lichtblicke. Die Konsumlaune der Verbraucher sei im November nach dem historischen Tiefstand im Vormonat zumindest ein bisschen gewachsen. Und die Umsätze waren in der Woche vor dem ersten Advent laut einer Umfrage zwar hinter den Erwartungen der Händler geblieben, hätten sich am Sonnabend aber doch immerhin belebt.

Hoffnung auf wachsende Konsumlaune

„Wir setzen trotz der schwierigen Vorzeichen darauf, dass sich die Konsumlaune der Verbraucher in den kommenden Wochen noch etwas aufhellen wird“, sagt Böckenholt. Die Hoffnung sei, dass die Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung sich positiv auswirken werden.

Für Hamburg rechnet der Verband derzeit mit einem Umsatz von knapp 3,2 Milliarden Euro in den etwa 12.000 Geschäften (90.000 Beschäftigte) im Weihnachtsgeschäft. In der Hansestadt, sowie in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern werden die Erlöse demnach im November und Dezember nominal zwar um 5,4 Prozent steigen. „Preisbereinigt bedeutet das aber ein reales Minus von 4,0 Prozent“, so der Hauptgeschäftsführer.

Hamburg soll bei Karstadt-Schließung eingreifen

Der Ausblick auf das kommende Jahr fällt düster aus: Allein schon die steigenden Energiekosten könnten die Gewinne auffressen, heißt es. Mit Sorge blickt der Verband auf eine mögliche Schließung weiterer Karstadt-Filialen in Hamburg. Sollte es dazu kommen, sei die Politik gefordert zu verhindern, dass Geschäfte im Umfeld „mit heruntergerissen werden“. Als positives Beispiel gilt dabei Lübeck. Die Stadt hatte die bereits vor zwei Jahren geschlossene Karstadtfiliale gekauft. Ein Eingreifen der Stadt könne auch in Hamburg sinnvoll sein, sagt Böckenholt.