Hamburg. Höhere Baupreise treiben Kosten für diese Policen. Auch Mieter sind davon betroffen. Was Kunden machen können.

Die Kostenlawine rollt: Nach Heizung, Strom und Lebensmitteln werden auch Versicherungspolicen teurer. Neben der Kfz-Versicherung ist im nächsten Jahr auch die Wohngebäudeversicherung betroffen, die mehr kosten wird. Mit höheren Ausgaben für die Absicherung des eigenen Heims müssen nicht nur Immobilieneigentümer, sondern auch Mieter rechnen, denn die Kosten können umgelegt werden.

Immobilien Hamburg: Wohngebäudeversicherung wird teurer

Warum wird die Wohn­gebäudeversicherung teurer? Wie stark steigen die Prämien? Was bringt eine zusätzliche Elementardeckung? Lohnt ein Anbieterwechsel? Die wichtigsten Antworten zur Wohngebäudeversicherung.

Warum wird die Wohngebäudeversicherung teurer?

In den meisten Policen ist eine Versicherung zum gleitenden Neuwert üblich. Dabei wird der Wert des versicherten Hauses laufend den Kosten für einen gleichwertigen Neubau angeglichen. Die Versicherungssumme ist also nicht konstant, sondern wird jedes Jahr neu angepasst. Das ist wichtig, wenn ein Haus abbrennt und komplett neu errichtet werden muss. Dann muss die Versicherungssumme ausreichen, um einen Neubau in gleicher Art und Qualität zu bezahlen.

„Aufgrund der Preisentwicklung – hier schlagen die höheren Material-, Energie- und Baukosten zu Buche – kommt es hier zu einem Anstieg, der für 2023 mit 14,73 Prozent deutlich höher als in der jüngeren Vergangenheit üblich ausfällt“, sagt ein Sprecher der Hamburger Feuerkasse. Der Anpassungsfaktor beruhe auf dem Baupreisindex für Wohngebäude und dem Tariflohnindex für das Baugewerbe. Er steigt von 20,97 im laufenden Jahr auf 24,06 ab 1. Januar 2023. Das ist ein drastischer Anstieg von knapp 15 Prozent.

Nach Angaben der Stiftung Warentest lagen die jährlichen Steigerungen in den vergangenen zehn Jahren jeweils nur bei etwa drei Prozent pro Jahr. Auf knapp 15 Prozent Anhebung verweist auch die Axa für ihre Wohngebäudeversicherung. „Die drastischen Steigerungen von Handwerkerpreisen und die eingeschränkte Verfügbarkeit von Baumaterialien betrifft auch die Wohngebäudever­sicherung“, sagt eine Axa-Sprecherin. Die Gothaer hat im Bestandsgeschäft bereits gezielte Beitragsanpassungen durchgeführt und im Neugeschäft eine „moderate Anhebung des Tarifbeitrages“ umgesetzt.

Wie teuer wird die Versicherung im nächsten Jahr?

Die Stiftung Warentest verweist auf Preisanhebungen von bis zu 30 Prozent. Denn bei der Anpassung des Neuwertfaktors von rund 15 Prozent muss es nicht bleiben. Diese Anhebung wird in der Regel alle Verträge treffen, aber darüber hinaus sind weitere Erhöhungen möglich.

Das Abendblatt hat neun große Versicherer nach ihren Tariferhöhungen gefragt. Die meisten Antworten fallen sehr unkonkret aus. Lediglich R + V verweist darauf, dass im Neugeschäft die Wohngebäudetarife im Schnitt um rund 22 Prozent erhöht wurden.

„Die VHV hat in der Wohngebäudeversicherung in den vergangenen drei Jahren auf Beitragsanpassungen verzichtet“, sagt Janine Bollhorst von der VHV-Gruppe. „In diesem Jahr ist eine Anpassung aufgrund der Inflation und die damit einhergehenden Folgen wie hohe Kosten in der Baubranche allerdings unvermeidbar.“ Allianz und HUK-Coburg können aus „kartellrechtlichen Gründen“ keine Angaben zur Beitragsentwicklung machen. HDI und die Hamburger Grundeigentümerversicherung verweigerten Antworten.

Aber der Berliner Maklerpool Aruna hat die Wohngebäudeversicherer nach ihren Tarifanhebungen für das kommende Jahr befragt. Von 43 Anbietern bestätigen 19 Anhebungen über die Indexanpassung von rund 15 Prozent hinaus. Davon sind aber nicht immer alle Verträge betroffen. In der Spitze kann es aber so zu Erhöhungen von bis zu 30 Prozent kommen, wie die Stiftung Warentest schreibt.

Nach den Angaben des Aruna-Maklerpools plant die Versicherung Condor eine zusätzliche Beitragsanpassung von 15 Prozent. Bei der Baloise (ehemals Basler) ergibt sich eine zusätzliche Beitragsanpassung um 5,5 Prozent. Bei der Domcura ist eine zusätzliche Beitragsanpassung in Höhe von 8,9 Prozent für alle Bestandsver­träge zu erwarten.

Wohngebäudeversicherung: Wie können Kunden reagieren?

Nicht vorschnell kündigen, raten Verbraucherschützer. Die Beitragserhöhungen sind ärgerlich, aber zu einem gewissen Teil müssen sie akzeptiert werden. „Bezieht sich die Beitragserhöhung im nächsten Jahr nur auf den gleitenden Neuwert­faktor, so hat der Kunde kein Sonderkündigungsrecht, wie es bei Beitragserhöhungen üblich ist“, sagt Sandra Klug, Versicherungsexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg.

Anders sieht es aus, wenn der Beitrag um mehr als rund 15 Prozent steigt. „Dann gibt es ein Sonderkündigungsrecht, aber wir warnen davor, es überstürzt in Anspruch zu nehmen, da man bei fast jedem Anbieter mit steigenden Beiträgen rechnen kann“, sagt Klug. „In kurzer Zeit und unter Druck einen neuen Vertrag zu finden ist nicht einfach.“

Denn bei älteren Häusern, die in den vergangenen Jahren schon Schäden hatten, gehen viele Versicherer auf Abstand. Da kann es für Hausbesitzer schwierig werden, eine neue Police zu finden. In jedem Fall sollte erst ein neuer Versicherer gefunden sein, bevor man den alten Vertrag kündigt. Eventuell muss man auch noch ein Jahr mit dem alten, teureren Vertrag leben, bevor man zu einem günstigeren Anbieter wechseln kann. Wer kündigen will, sollte vorher Angebote vergleichen, neben Preisen auch die Leistungen, rät die Stiftung Warentest.

Was leistet die Wohngebäudeversicherung?

Sie deckt Schäden am Haus ab, die durch Sturm (ab Windstärke 8), Hagel, Feuer oder Leitungswasser entstehen. Die Feuerversicherung schließt neben Brand auch Blitzschlag, Überspannung durch Blitz oder Explosion ein. So kann eine Gasexplosion im Nachbargebäude auch das eigene Haus beschädigen.

„Wegen der vielen Gefahren sollte eine Wohngebäudeversicherung für Hausbesitzer Pflicht sein“, sagt Klug. Die Versicherung zahlt die Kosten für Reparatur oder den Wiederaufbau des Hauses. Damit sind aber noch nicht alle Gefahren wie Überschwemmungen oder Erdrutsch versichert. Nur 30 Prozent der Hamburger haben sich dagegen versichert.

Wie kann ich mich gegen Überschwemmungen versichern?

„Wer sich auch gegen Überschwemmungen absichern möchte, muss seine Wohngebäudeversicherung zusätzlich um eine Elementarschadenversicherung ergänzen“, sagt Bianca Boss vom Bund der Versicherten. Damit sind auch Schäden abgedeckt, die durch Überschwemmung etwa bei Deichbruch, Erdbeben, -senkungen, -rutsche, Schneedruck und Lawinen am oder im Gebäude entstanden sind. Ursache für eine Überschwemmung des Grundstücks kann Regen sein, ein Gewässer, das über die Ufer tritt, oder steigendes Grundwasser.

Die Versicherung, die auch Elementardeckung genannt wird, ist ein Zusatzbaustein zur Wohngebäudeversicherung und muss bei dem Anbieter abgeschlossen werden, von dem man auch die Haus-Police hat. Der Preis ist davon abhängig, in welcher Gefahrenzone das Haus eingestuft wird. Der Aufschlag liegt in der günstigsten Gefahrenzone bei rund 100 Euro für ein Einfamilienhaus.

Wohngebäudeversicherung: Welche Leistungen sind wichtig?

Die Stiftung Warentest hat einige Leistungen ermittelt, die für jede Wohngebäudeversicherung wichtig sind. So sollte ein umfassender Schutz bei grober Fahrlässigkeit gewährleistet sein, was bei allen Tarifen in der Tabelle der Fall ist. Ob unbeaufsichtigte Weihnachtskerzen oder nicht gelöschtes Feuer im Kamin: Schnell kann daraus ein Brand entstehen.

Auch Aufräum- und Abbruchkosten müssen ausreichend versichert sein. Für einen umgestürzten Baum können beispielsweise Kosten bis zu 2000 Euro kalkuliert werden. Nach einem schweren Schaden müssen Haus oder Wohnung bisweilen komplett ausgeräumt werden. Deshalb ist die Übernahme von Transport- und Lagerkosten wichtig.

Die Übernahme von Kosten durch behördliche Auflagen nach einem Schadensfall ist ein ebenso wichtiges Kriterium für eine sehr gute Absicherung. Auslaufendes Heizöl oder Kunststoffe, die sich durch Hitze in giftige Substanzen verwandeln, müssen fachgerecht entsorgt werden. Deshalb sollte die Police auch Kosten einer Dekontamination abdecken.

Auch wichtig: eine Versicherung von Überspannungsschäden durch Blitzeinschlag, wie sie in allen Tarifen in der Tabelle enthalten ist. Dadurch könnte die Heizungs- oder eine teure Smart-Home-Anlage Schaden nehmen.

Wohngebäudeversicherung: Wie groß sind die Preisunterschiede?

In der Tabelle für das Hamburger Einfamilienhaus sind die günstigsten Tarife mit Elementardeckung enthalten, sofern sie mindestens die Note „gut“ erreichen. Ermittelt wurden sie über das Vergleichsportal Check24.

Aber die Spanne der Tarife reicht bei den Jahresbeiträgen von 430 Euro bis 1065 Euro. Schon deshalb ist ein Preisvergleich wichtig, aber auch auf den Leistungsumfang sollte geachtet werden.