Hamburg. 42 Prozent der Mieter haben Angst vor dem Verlust ihrer Wohnung. Die hohen Energiepreise bereiten vielen große Sorgen.
Die steigenden Energiekosten gehören zu den größten Sorgen, die sich die Hamburger aktuell machen. Mit Blick auf die kommenden Nebenkostenabrechnungen haben in verschiedenen Abstufungen 92 Prozent Sorgen (s. Grafik). 38 Prozent haben dabei sehr große Sorgen und 30 Prozent große Sorgen.
Das geht aus dem aktuellen Haspa-Trendbarometer Wohnen hervor, einer repräsentativen Umfrage der Hamburger Sparkasse (Haspa) in der Metropolregion Hamburg, die unserer Zeitung exklusiv vorliegt.
Immobilien Hamburg: Erhebliche Preiserhöhungen in Grundversorgung
Nach Berechnungen des Vergleichsportals Check24 zahlte im Oktober ein Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden (kWh) im Schnitt 3726 Euro im Jahr für die Gasrechnung. Das entspricht einem durchschnittlichen Preis von 18,6 Cent pro kWh. Im Oktober 2021 kostete die gleiche Menge Gas noch 1365 Euro – ein Plus von 173 Prozent.
Im Durchschnitt betragen die jüngsten Preiserhöhungen in der Grundversorgung 42,7 Prozent. „Die Energieversorger mussten zunehmend zu den Rekordpreisen an der Börse Gas nachbeschaffen“, sagt Steffen Suttner, Geschäftsführer Energie bei Check24. „Dort hatten sich die Preise innerhalb eines Jahres verdreifacht.“
Sorgen der Mietenden: In allen Einkommensschichten
Der Preis für Heizöl ist innerhalb eines Jahres um 70 Prozent gestiegen; und Pellets sind in Hamburg sogar um 186 Prozent teurer geworden. Nach der Haspa-Umfrage haben 42 Prozent der Mieter Angst vor Wohnungsverlust wegen der hohen Kosten. Einen klaren Zusammenhang mit der Höhe des Einkommens gibt es bei den Befragten dabei nicht.
Zwar ist die Befürchtung bei einem monatlichen Haushalts-Nettoeinkommen zwischen 1000 und 1500 Euro mit 55 Prozent überdurchschnittlich hoch. Aber in der Einkommensgruppe 4000 bis 4500 Euro monatlich haben sogar 57 Prozent der repräsentativ Befragten diese Ängste.
Viele Hamburger fürchten Anstieg der Miete
Schon jetzt ist die finanzielle Belastung der Mieter groß. Denn 65 Prozent der Hamburger geben bereits mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Miete aus. Verbraucherschützer raten, dass im Interesse einer soliden Haushaltsführung die Quote von 30 Prozent nicht überschritten werden sollte. 17 Prozent müssen sogar mehr als die Hälfte ihres Einkommens für die Miete aufwenden.
48 Prozent liegen in einer Spanne zwischen 31 und 50 Prozent. 94 Prozent der Hamburger rechnen zudem damit, dass die Mieten in den kommenden Jahren weiter steigen werden. Über die Hälfte (54 Prozent) befürchten sogar einen starken Anstieg. Allein im dritten Quartal sind die Angebotsmieten von Bestandswohnungen in Hamburg im Vergleich zum zweiten Quartal um 4,5 Prozent auf 12,77 Euro (kalt) je Quadratmeter Wohnfläche gestiegen, ermittelte das Portal ImmoScout24.
Nachfrage nach Wohneigentum immer geringer
Der Mietmarkt in der Hansestadt steht zunehmend unter Druck. „Aufgrund der gestiegenen Zinsen und Nebenkosten geben einige Kaufinteressenten ihre Suche nach Wohneigentum auf. Möchten sie dennoch ihre Wohnsituation verbessern, suchen sie nun wieder vermehrt nach Mietwohnungen“, sagt Andreas Gnielka, Geschäftsführer des Hamburger Maklers Grossmann & Berger.
„Die schon hohe Nachfrage in diesem Segment steigt also weiter, während das knappe Angebot zunehmend schrumpft. Gleichzeitig fehlt es jetzt und auch perspektivisch an Neubauten.“ Das führe zu höheren Mieten.
Hamburger bereiten sich mit Sparmaßnahmen auf Winter vor
Um Energie zu sparen, plant jeder zweite Hamburger (49 Prozent) schon jetzt, im Winter weniger zu heizen und stattdessen drinnen lieber wärmere Kleidung zu tragen. 47 Prozent wollen zudem Energiesparmaßnahmen konsequent umsetzen.
Dazu zählen Maßnahmen wie Wäsche und Geschirr nur noch bei 30 statt 60 Grad zu säubern oder den Stand-by-Betrieb von Elektrogeräten zu reduzieren. Jeder dritte (31 Prozent) hat vor, nur bestimmte Räume zu heizen. Wenig erfolgversprechend wird – sofern überhaupt möglich – derzeit der Wechsel des Energieanbieters gesehen (17 Prozent).
„Mehr als zwei Drittel des Energieverbrauchs gehen für Heizen und Warmwasser drauf. Jedes Grad weniger beim Heizen spart bis zu sechs Prozent Energie“, sagt Jannis Engelhardt, Produktverantwortlicher für private Baufinanzierungen bei der Haspa. „Mit vielen kleinen Einspartipps lassen sich so einige Hundert Euro pro Jahr sparen.“
Hamburg: Über 60 Prozent hätten gerne die eigenen vier Wände
Nur 27 Prozent der Hamburger leben in der eigenen Wohnung oder dem eigenen Haus. Mehr als doppelt so viele (61 Prozent) würden dies gerne (s. Grafik). Denn 56 Prozent sind der Auffassung, dass Wohneigentum langfristig günstiger ist, als zu mieten. 30 Prozent bevorzugen die Mietwohnung.
Obwohl in den vergangenen Monaten viel von fallenden oder stagnierenden Immobilienpreisen berichtet wurde, erwarten eine solche Entwicklung nur vier Prozent der Befragten. Dagegen rechnen 87 Prozent mit weiter steigenden Immobilienpreisen. Neun Prozent rechnen damit, dass die Immobilienpreise in Hamburg stabil bleiben.
Vogelsang (Haspa) wirbt für finanzielle Erleichterungen
„Der Traum vom Wohneigentum sollte für deutlich mehr Hamburgerinnen und Hamburger realisierbar sein. Denn Wohneigentum entlastet den Mietmarkt und beugt zugleich Altersarmut vor“, sagt Harald Vogelsang, Vorstandssprecher der Haspa. Gerade für Familien brauche es dafür aber finanzielle Erleichterungen.
„Ein Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer für Ersterwerber von selbst genutzten Immobilien sollte daher schnell umgesetzt werden. Denn er hilft, Baunebenkosten zu senken und Anreize zu setzen.“ Doch in Hamburg wird mit der Erhöhung der Grunderwerbsteuer von 4,5 auf 5,5 Prozent von 2023 an der Immobilienerwerb noch teurer.
Solardachpflicht ab 2023: Zustimmung bei den Hamburgern
„Bei neuen Standards und Bestimmungen sollte die Politik mit Augenmaß agieren. Sonst wird dem dringend notwendigen Wohnungsbau bei den stark gestiegenen Baukosten der Garaus gemacht. Das kann niemand wollen“, sagt Vogelsang. Die Solardachpflicht in Hamburg ab 2023 für Neubauten und ab 2025 für Bestandshäuser finden nach der Umfrage nur 38 Prozent gut, weil sie helfe, fossile Energie einzusparen.
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29 Prozent machen ihre Zustimmung von finanziellen Gegenleistungen des Staates abhängig, und 21 Prozent finden solche Vorgaben problematisch. Auch bei Mietern stoßen höhere Mieten wegen energetischer Sanierungen kaum auf Zustimmung. 43 Prozent würden sie nur akzeptieren, wenn sich die Erhöhung mit den Einsparungen deckt, und 25 Prozent sind überhaupt nicht bereit, eine höhere Miete zu zahlen.
Immobilien Hamburg: Der Traum vom Eigenheim – mit Einschränkungen
Für den Einzug in die eigenen vier Wände sind die Hamburger auch zu Verzicht bereit. 43 Prozent würden ihre Ausgaben für den Urlaub reduzieren, je 39 Prozent würden Freizeitausgaben einschränken und verstärkt Eigenleistungen in der neuen Immobilie erbringen. Zu Abstrichen bei der Größe (24 Prozent), einem Arbeitszimmer (19 Prozent) oder der Inneneinrichtung (17 Prozent) sind hingegen schon weitaus weniger der Befragten bereit.
Größter Pluspunkt einer eigenen Immobilie ist für die Befragten mit 53 Prozent die Absicherung im Alter. Aber auch freiere Gestaltungsmöglichkeiten (52 Prozent), das sichere Zuhause auf Lebenszeit und die Unabhängigkeit vor Mieterhöhungen (je 48 Prozent), spielen für den Wunsch nach Wohneigentum eine entscheidende Rolle.