Hamburg. Alter A320 wird für Lufthansa Technik, Flughafen und Co. zum Testobjekt: Welche Möglichkeiten bietet die Brennstoffzelle an Bord?
Mehr als 30 Jahre lang flog der Airbus A320 als „Halle an der Saale“ für die Lufthansa. Nun steht der Flieger in neuem Gewand im Hangar 5 von Lufthansa Technik: auffällig lackiert in Türkisgrün mit blauer Heckflosse. „Hydrogen Aviation Lab“ steht in weißer Schrift hinten auf dem Rumpf, ein großes „H“ ist unübersehbar an den Turbinen aufgebracht – und weist damit auf die Mission des Fliegers hin: Die Maschine soll ein Reallabor für den Umgang mit Wasserstoff (H) werden.
Auf „grünem“, mit Hilfe von erneuerbaren Energien erzeugtem Wasserstoff ruhen viele Hoffnungen in der Industrie, um weg von kohlenstofflastigen Produkten zu kommen und damit weniger umweltschädlich zu werden. So könnte H2 künftig anstatt Kerosin als Treibstoff in der Luftfahrt eingesetzt werden.
Airbus will 2035 Wasserstoff-Flieger auf den Markt bringen
Airbus möchte einen solchen wasserstoffangetriebenen Flieger 2035 auf den Markt bringen. In diesem Februar stellte der europäische Flugzeugbauer einen A380 als Demonstrator vor, mit dem in Toulouse erste Tests für den möglichen neuen Antrieb gemacht werden.
Aber auch in Hamburg will man angesichts der möglichen Zukunftstechnologie nicht untätig sein. Das Hydrogen Aviation Lab werde einen wertvollen Beitrag leisten, die Luftfahrt für die Nutzung von Wasserstoff als Kraftstoff fit zu machen, sagt Wirtschaftssenator Michael Westhagemann am Freitag.
Das Projekt ist mit vier Millionen Euro veranschlagt
„Es geht uns um zwei strategische Ziele: den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Hamburg und die Dekarbonisierung der Mobilitätsbranchen“, sagt der parteilose Politiker und sprach von einem „großartigem Projekt“. Rund vier Millionen Euro sind dafür veranschlagt, die durch den Sonderfonds Luftfahrt finanziert werden.
Während es bei Airbus vor allem um die Entwicklung des Antriebs geht, soll in der Hansestadt besonders die Infrastruktur am Boden vorangebracht werden. Zu den Partnern gehört daher neben dem Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung (ZAL) und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) auch der Hamburger Flughafen.
Flughafen will sich zum Beispiel um Betankung kümmern
Die Anforderungen für die Bodenabfertigungsprozesse künftiger mit flüssigem Wasserstoff betriebener Flugzeuge müssten heute definiert werden, sagt Airport-Chef Michael Eggenschwiler: „Wir als Flughafen freuen uns, unser Know-how in diesem wichtigen Projekt beisteuern zu können: von Fragen der Lagerung über die Distribution bis hin zum Betankungsprozess auf dem Vorfeld.“ Heute erforsche man bereits mit verschiedenen Partnern, wie die bestehende Flughafen-Infrastruktur entsprechend angepasst und erweitert werden müsse.
Dass noch viel Arbeit auf das 30-köpfige Projektteam wartet, illustriert Lufthansa Technik mit einem plakativen Beispiel. Mit dem heutigen Stand der Technik würde die Betankung mit flüssigem Wasserstoff für einen Langstreckenflug – wobei Wasserstoffantrieb auf absehbare Zeit nur für Strecken bis maximal 2000 Kilometer möglich sein dürfte – unter Umständen mehrere Stunden in Anspruch nehmen. Angesichts der eng getakteten Betriebsabläufe in der Airline-Branche wäre das kaum praktikabel.
Verschiedene H2-Komponenten sollen nun eingebaut werden
Es ist eine der Aufgaben, die in dem Forschungsprojekt angegangen werden sollen – wie kann die Abfertigung verkürzt werden. Für Lufthansa Technik ist zudem wichtig, wie wasserstoffbetriebene Flugzeuge instandgehalten werden müssen. Schließlich ist das Unternehmen Weltmarktführer in der Reparatur, Wartung und Überholung von Fliegern.
Mit der Vorstellung des Flugzeugs wurde zugleich den Startschuss für den Einbau der verschiedenen Wasserstoffkomponenten in den kommenden Monaten gegeben. Ein 15 Kilogramm Wasserstoff fassender Tank soll im Heck eingebaut werden. Er sei rund zwei Meter hoch, habe einen Durchmesser von einem Meter und sei doppelwandig und vakuumisoliert, sagt Gerrit Rexhausen (Lufthansa Technik), der zusammen mit Jan-Eike Hardegen (Hamburg Airport) das Projekt leitet. Der flüssige Wasserstoff muss seine Temperatur von minus 253 Grad Celsius halten.
Strom soll für Kaffeemaschinen genutzt werden
Aus dem Tank soll dann die Brennstoffzelle gespeist werden, die Strom liefert – allerdings nicht für die Triebwerke, das sei Aufgabe der Motorenhersteller, so Rexhausen. Zunächst soll nachgewiesen werden, dass aus der Brennstoffzelle Gleichstrom kommt. Diesen werde man nutzen, um zum Beispiel die Öfen oder die Kaffeemaschine an Bord zu betreiben.
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Mit Airbus arbeite man übrigens zusammen und tausche die Daten aus. Das ZAL werde sich um den Bau und die Sicherheitstechnik einer Wasserstofftankstelle kümmern, sagt ZAL-Chef Roland Gerhards.
Airbus: Abheben wird das Reallabor nicht mehr
In die Luft wird das Reallabor für Wasserstoff übrigens nicht mehr gehen. Dafür müsste die ehemalige „Halle an der Saale“ zu teure Checks über sich ergehen lassen. Aber sie soll auf dem Flughafengelände unterwegs sein, um zum Beispiel auch mal Betankungsprozesse ein paar Kilometer nördlich nicht auf dem Werft-, sondern dem Flughafen-Gelände zu üben.