Soltau. Das Einkaufsdorf in der Heide will seine Verkaufsfläche deutlich vergrößern. Doch dagegen gibt es Widerstand.
Die ersten Kunden sind schon da, bevor die Geschäfte um 10 Uhr öffnen. Dutzende schlendern an den Schaufensterscheiben vorbei inmitten von Heidehäuschen in Fachwerkoptik und zweckmäßigen Backsteinbauten. An den Eingängen zum Einkaufsdorf an der Autobahn haben die Früh-Shopper Schilder passiert, auf denen eine 10 im Lorbeerkranz prangt.
Das Designer Outlet Center (DOC) Soltau hat gerade erst sein zehnjähriges Bestehen gefeiert. Genauso wie das Outlet Neumünster gut 130 Kilometer nördlich. „Wir haben 2012 fast zeitgleich eröffnet“, sagt Christian Antholz, der in Soltau vom ersten Tag an dabei und seit gut fünf Jahren der Center-Manager ist
Outlet Center Soltau hat große Pläne
Damals agierten die beiden Center, die von der Hamburger Innenstadt in weniger als einer Stunde Autofahrt auf der A7 zu erreichen sind, fast auf Augenhöhe. Knapp 10.000 Quadratmeter Verkaufsfläche hatte die in Ulm und Zürich ansässige Mutschler-Gruppe im Heidekreis nahe der Anschlussstelle Soltau-Ost errichtet.
In Neumünster starteten sie auf 12.000 Quadratmetern den Verkauf von Produkten bekannter Marken mit 30 bis 70 Prozent Nachlass auf die unverbindliche Preisempfehlung. Nach zwei Erweiterungen ist das Outlet nördlich von Hamburg mittlerweile bei 20.000 Quadratmetern Ladenfläche. Nun gibt es auch südlich der Hansestadt große Pläne. Das Center in Soltau würde ebenfalls gern deutlich wachsen.
80 Designermarken in 60 Outlet-Shops
„Angestrebt wird eine Erweiterung um 5000 Quadratmeter“, sagt Antholz. Sein Arbeitgeber Retail Outlet Shopping aus Österreich steuert für die Mutschler-Immobiliensparte den Betrieb in Soltau. In der aktuellen Größe und mit seinen gut 80 Marken in etwa 60 Shops gilt Soltau in der Branche als sogenanntes Boutique-Outlet. „Wir konzentrieren uns auf Premium-Marken. Klein, aber fein“, sagt Antholz. Das sehen auch andere so. In den beiden vergangenen Jahren wurde Soltau von Fachleuten jeweils zu Europas bestem Boutique-Outlet-Center gekürt.
Die Investorin Sylvie Mutschler bekräftigte dieser Tage den Willen zur Expansion: „Wir haben schon lange den Wunsch, das Outlet zu erweitern“, sagte sie anlässlich des Center-Jubiläums. 5000 Quadratmeter mehr Ladenfläche – das würde etwa 30 weitere Shops, 250 neue über die aktuell mehr als 500 Jobs hinaus sowie voraussichtlich Hunderttausende Besucher zusätzlich bedeuten. Und insbesondere auch den Platz schaffen für neue Markenanbieter, für die ein Outlet erst dann interessant ist, wenn es eine gewisse Größe und eine gewisse Zahl an Besuchern hat.
„Der Mietvertrag ist bereits unterschrieben“
Wobei es kein Problem sei, freiwerdende Shops schnell neu zu vermieten, betont Antholz. Derzeit steht nur eine kleine Ladenfläche leer, nebenan ist vorübergehend die schwedische Modemarke Gant in ein Ausweichquartier eingezogen, während die große Filiale im Center umgestaltet wird. Sobald Gant an den alten Standort zurückgekehrt ist, wird aus den zwei kleinen Läden ein großer.
„Der Mietvertrag ist bereits unterschrieben“, sagt Antholz. Wer da einziehen wird, bleibt allerdings vorerst ein Geheimnis. „Es gibt Marken, die uns auf der Wunschliste haben und andersherum, haben wir und unsere Kunden natürlich auch eine Wunschliste“, so der Center-Manager.
Neu sind Guess, Strellson, Joop, Tom Tailor Kids
Jüngster Neuzugang ist die US-Mode-, Uhren-, Schmuck-, Parfüm- und Handtaschenmarke Guess, die seit Ende Juli auf gleich 500 Quadratmetern und damit in einem der größten Shops im Soltauer Center präsent ist. Davor waren unter anderem Strellson und Joop gekommen. Die Hamburger Modemacher von Tom Tailor expandierten innerhalb des Outlet und eröffneten einen zweiten Shop nur für ihre Marke Tom Tailor Kids.
Was bislang fehlt, sind die italienischen Designermarken. Und auch Adidas hat den Weg nach Soltau noch nicht gefunden. Der Rivale Nike hat sich dagegen die größte Verkaufsfläche im Center gesichert und ist der unangefochtene Platzhirsch unter den Sportartiklern im Outlet. Ob Gucci und Co. sowie die Sportmarke mit den drei Streifen in die Heide kommen würden, diese Frage stellt sich allerdings noch gar nicht wirklich. Denn die Outlet-Erweiterung ist derzeit eher eine fortgeschrittene Idee und keineswegs in trockenen Tüchern.
Projekt stößt auf Widerstand
Seit dem Sommer läuft ein Verfahren, in dem zunächst einmal entschieden wird, ob eine Expansion überhaupt grundsätzlich zulässig ist. Die Stadt Soltau setzt sich dafür ein. „Das Designer Outlet Soltau hat sich in den letzten zehn Jahren als positiver Beitrag für die Region erwiesen“, betonte Bürgermeister Olaf Klang anlässlich des Jubiläums. Doch in der weiteren Umgebung trifft das Projekt auf Widerstand. Städte wie Lüneburg fürchten neue Konkurrenz für ihre ortsansässigen Geschäfte und sprechen sich vehement gegen eine Erweiterung aus.
„Ich gehe davon aus, dass im kommenden Jahr eine Grundsatzentscheidung fallen wird“, sagt Manager Antholz. Erst wenn sie positiv für das Center ausfalle, werde sich der weitere Zeitplan kalkulieren lassen. Antholz’ Hoffnung ist, dass eine Erweiterung schneller realisiert werden kann als der Neubau. Damals seien zwischen dem Beginn des Verfahrens und der Center Eröffnung zehn Jahre vergangen.
Shopping inmitten von Freizeitparks
Kurz vor Mittag haben sich die 1200 kostenlosen Parkplätze des Centers sichtlich gefüllt. Der Anteil der Autos mit Nummernschildern aus Nordrhein-Westfalen ist hoch. Es sind Touristen und Kurzurlauber aus dem Westen der Republik, die einen mehrtägigen Aufenthalt in der Heide gern auch zum Shopping nutzen, zeigt die Besucherstatistik.
Die gesamte Region mit zahlreichen Besucherattraktionen wie Heide-, Serengeti- und Vogelpark, Skihalle, Kartbahn und dem Feriendorf Center Parcs werde von einer Outlet-Erweiterung profitieren, argumentieren die Befürworter. Ein Gutachten prognostiziert dem Shopping-Dorf 30 Prozent mehr Besucher nach der Erweiterung.
Outlet Center Soltau: Ladepark für E-Autos vor Ort
Derzeit sind es um die 1,4 Millionen pro Jahr. „Wir sind noch nicht ganz auf dem Stand der Vor-Corona-Zeit“, sagt Antholz. Einstweilen soll ein kürzlich eingeweihter Ladepark mit 20 Säulen für E-Autos Durchreisende auf der nahen A7 animieren, in Soltau-Ost abzufahren. Shoppingbummel während die Batterie lädt.
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Je nach Jahreszeit kommen 15 bis 20 Prozent der Outlet-Kunden aus Hamburg, es dürften mehr als 200.000 pro Jahr sein. In Neumünster sind es annähernd doppelt so viele. „Die Hamburger fahren ja nicht so gern über die Elbe“, weiß Christian Antholz. Der 41 Jahre alte Diplom-Betriebswirt tut das an jedem Arbeitstag sogar zwei Mal. Er lebt jenseits der nördlichen Hamburger Stadtgrenze in Schleswig-Holstein. Von dort ist es nicht weit bis ins viel größere Designer-Outlet Neumünster. Antholz fährt manchmal hin – zum Gucken. „Man muss ja wissen, was der Wettbewerber so macht.“