Hamburg/Wittenburg. Nach Neumünster und Soltau soll in der Region ein drittes Shopping-Center mit 80 Läden entstehen. Nicht alle sind begeistert.

Für shoppingbegeisterte Hamburgerinnen und Hamburger sind Neumünster und Soltau seit Jahren beliebte Ziele. Die sogenannten Outlet-Center in den beiden Städten, die von der Hansestadt in maximal einer Autostunde zu erreichen sind, versprechen ein geballtes Angebot von Markenartikeln bekannter Hersteller zu deutlich reduzierten Preisen. Mode und Sportartikel vor allem, aber auch Schuhe, Küchenausstattung und zwischendrin Gastronomie zum Ausspannen während eines ausgedehnten Einkaufsbummels.

Das soll es künftig auch östlich von Hamburg an der Berlin-Autobahn A24 geben. Die Stadt Wittenburg hat dieser Tage den Bebauungsplan für eine Projekt namens Wittenburg Village beschlossen. Sein Herzstück ist ein Factory-Outlet-Center, es ist das dritte in der Region Hamburg.

Wittenburg Village: Outlet-Shopping am Fuß der Skihalle

„Für uns ist es ein weiterer wichtiger Meilenstein“, sagt Volker Wünsche, der Sprecher der Van der Valk Deutschland GmbH, über den einstimmigen Beschluss der Wittenburger Stadtvertreter. Das niederländische Tourismusunternehmen treibt das Großprojekt in der Kleinstadt im Landkreis Ludwigslust-Parchim knapp 80 Kilometer von der Hamburger Innenstadt entfernt bereits seit zehn Jahren voran und ist seiner Realisierung nun deutlich näher gerückt.

Van der Valk ist in Wittenburg seit 2009 präsent. Damals übernahmen die Niederländer den insolventen Snow Fun Park, der seitdem Alpin Center heißt und nach eigenen Angaben Europas größte Indoor-Skianlage ist. Dutzende Meter ragt die Halle über die Wiesen am Stadtrand auf. Doch selbst bei Hochbetrieb auf der Kunstschneepiste bleibt ein Großteil der ausgedehnten Parkplätze rundherum leer. Genau dort soll nun das Factory-Outlet entstehen.

Von der Stadt wird das Projekt nach Kräften unterstützt. „Wittenburg Village wird ein großer Zugewinn sein und einen enormen Mehrwert für die Stadt schaffen“, sagt Bürgermeister Christian Greger (CDU). Die ganze Region werde davon profitieren, ist er überzeugt. Wittenburg Village wird laut Prognosen Hunderttausende Tagesbesucher und Kurzzeittouristen pro Jahr anlocken.

80 Shops auf 12.500 Quadratmetern

Das Factory-Outlet mit 12.500 Quadratmetern Verkaufsfläche und etwa 80 Shops neben der Skihalle ist nur ein Teil des Gesamtprojekts. Gleich nebenan soll zudem ein Feriendorf mit etwa 750 Betten in 200 Häusern für Touristen entstehen, die für ein paar Tage bleiben. Zudem ist eine Badelandschaft geplant, die auch den Einheimischen offen stehen wird, heißt es.

Einen Zeitplan für die Realisierung will Van der Valk Ende dieses Jahres präsentieren. „Mit der Feststellung des Bebauungsplanes können wir jetzt endlich in die konkrete und finale Phase bei der Verwirklichung von Wittenburg Village gehen“, sagt Unternehmenssprecher Wünsche. Im nächsten Schritt werde man die finale Planung des Bauantrags beginnen.

Eröffnung des Factory-Outlets Wittenburg frühestens 2025

Auf einen Einweihungstermin will sich das Unternehmen nicht festlegen. „Je früher, desto besser. Wir peilen das Jahr 2025 oder 2026 an“, sagt Wünsche. Auch Bürgermeister Greger geht von „frühestens 2025“ aus. Gemessen an der Vorlaufphase wäre das noch schnell. Sie dauerte auch deshalb gut zehn Jahre, weil das Großprojekt für die Kommune mit wenig mehr als 6000 Einwohnern an sich zwei Nummern zu groß ist.

Für gewöhnlich dürfen Factory-Outlet-Center nur in größeren Städten entstehen. Es in Wittenburg trotzdem zuzulassen, war eine politische Entscheidung der Landesregierung – gegen Bedenken der Einzelhändler im 35 Kilometer von Wittenburg entfernten Schwerin.

Handelsverband sieht Factory-Outlet-Center kritisch

„Auch wir haben uns dazu mehrfach kritisch geäußert“, sagt Dierk Böckenholt, der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Nord mit Blick auf Wittenburg Village. Fakt sei nun einmal, dass Factory-Outlet-Center Auswirkungen auf die schon bestehenden Einzelhandelsgeschäfte in der näheren und weiteren Umgebung hätten.„In Neumünster haben auch Geschäfte schließen müssen.“

Das Designer-Outlet mit 20.000 Quadratmeter Verkaufsfläche und gut 130 Shops wirke bis nach Hamburg hinein. Nach Angaben des Betreibers reisen etwa 20 Prozent der Kunden in Neumünster aus der Hansestadt an.

Städte besorgt wegen Shopping-Centern

Wie umstritten die verkehrsgünstig gelegenen Shopping-Center sind, die mit 30 bis 70 Prozent Rabatt auf die unverbindliche Preisempfehlung werben, zeigt sich derzeit in Soltau. Dort soll das vor zehn Jahren eröffnete Designer-Outlet mit mehr als 80 Shops von 10.000 auf 15.000 Quadratmeter Verkaufsfläche erweitert werden. In Celle und im 50 Kilometer von Soltau entfernten Lüneburg ist man besorgt und fürchtet große Konkurrenz für den Einzelhandel.

In Wittenburg gibt es solche Bedenken überhaupt nicht – im Gegenteil. „Wir erwarten eine Belebung der Innenstadt. Wenn auch nur ein kleiner Teil der Besucher von Wittenburg Village sich auf den Weg in unsere Altstadt macht, werden dort neue Geschäfte und Dienstleister entstehen“, ist Bürgermeister Greger überzeugt. Tatsächlich sind im historischen Stadtkern viele kleine Läden bereits seit Jahren verwaist und Schaufenster mit Papier abgeklebt.

Aber ist ein neues Factory-Outlet angesichts der Folgen der Pandemie, der hohen Inflation und der getrübten Konsumlaune vieler Verbraucher überhaupt erfolgversprechend? „Wir haben bereits viel Zeit und Geld investiert und sind festen Willens, das Projekt zu realisieren“, sagt Van-der-Valk-Sprecher Wünsche. Und Bürgermeister Greger betont: „In Wittenburg sind alle überzeugt, dass Van der Valk jetzt mit hohem Tempo an die Umsetzung des Projekts geht.“