Buxtehude. Oliver und Simon Rödder sagen heute über ihren Auftritt bei Vox: “Wir waren noch nicht so weit.“ Aufgeben kam trotzdem nicht infrage.
Inzwischen haben die Rödders ihre Antworten gefunden auf die Frage, warum es nichts geworden ist mit einem Deal für ihr Start-up EasyMirror in der „Höhle der Löwen“. „Der Auftritt kam einfach zu früh für uns. Wir waren noch nicht so weit“, sagt Sohn Simon (28). „Die Investoren wollen Ergebnisse sehen, keine Träume hören“, ist Vater Oliver (58) überzeugt.
Am Montagabend war in der Investorenshow im TV-Sender Vox zu sehen, was passiert, wenn ein junges Unternehmen mit bis dahin wenigen tausend Euro Umsatz und einem Produkt, dessen Sinn und Zweck ziemlich erklärungsbedürftig ist, auf mögliche Geldgeber trifft, die 180.000 Euro für 15 Prozent der Unternehmensanteile geben sollen: Die Rödders aus Buxtehude handelten sich reihenweise Absagen ein. Dagmar Wöhrl, Judith Williams, Nils Glagau, Georg Kofler, Carsten Maschmeyer – keiner wollte einsteigen bei EasyMirror.
Höhle der Löwen: Einladung für EasyMirror kam kurzfristig
„Das ging alles sehr schnell damals“, erinnert sich Simon Rödder wenige Tage vor der Ausstrahlung der Sendung an die Vorgeschichte. Die Bewerbung hatte er über Weihnachten vergangenen Jahres losgeschickt. „Schon Ende Januar standen wir zur Aufzeichnung im Studio. Die Einladung kam fünf, sechs Tage vorher. Ich war gerade in Spanien“, sagt der Unternehmensberater, der nebenbei bei EasyMirror für die Zahlen und das Marketing zuständig ist. Es blieb nur wenig Zeit, den Auftritt vorzubereiten. Das ist dann auch zu sehen in der Sendung. Auf manche der Investorenfragen haben die Rödders keine plausible Antwort. Vor allem aber hatten sie damals das Potenzial des Produkts offenbar selbst noch gar nicht vollständig erkannt.
Der Name EasyMirror besteht aus den Worten einfach und Spiegel. Kurz gesagt ist es eine neue Art Spiegel, der nicht hauptsächlich aus Glas besteht, sondern eine beschichtete Kunststoffplatte ist. Vater Oliver hat sie entwickelt. Er hat Tischler gelernt, Innenarchitektur studiert, ein Planungsbüro für Gebäudeumbauten gegründet. Er ist der Daniel Düsentrieb im Team, wie er selbst sagt. „Ich frage mich gerne, ob man Dinge, die es bereits gibt, noch besser machen kann.“
Ein Spiegel aus Kunststoff statt aus Glas
Oliver Rödder kann sehr ausführlich erzählen, warum EasyMirror einfacher und besser sei als ein herkömmlicher Glasspiegel: Eine gleich große Kunststoffplatte wiegt nur die Hälfte, sie kann nicht zersplittern, lässt sich bohren, mit der Stichsäge zuschneiden, auch im Großformat von mehreren Quadratmetern gut transportieren und verarbeiten. Vor allem aber kann die Spiegelplatte unter freiem Himmel stehen, ohne dabei Schaden zu nehmen. „Wir haben den ersten Sichtschutz entwickelt, der die Größe des Gartens verdoppelt“, sagt Oliver Rödder. Das vollverspiegelte 150-Quadratmeter-Areal hinter dem Haus der Familie in Buxtehude wirkt tatsächlich deutlich größer. Besucher waren begeistert, es war ein Ansporn, mehr aus der Idee zu machen.
In der Show sprechen die Gründer viel über mögliche Outdoor-Anwendungen, treffen damit aber unverkennbar nicht den Geschmack und die Fantasie der Investoren. „Warum reden wir die ganze Zeit über den Garten? Ich würde damit doch nach innen gehen“, sagt Judith Williams. Es ist einer der Momente, in denen das EasyMirror-Duo keine eindeutige Antwort parat hat. Vielleicht sei der Innenbereich wirklich interessanter, man wisse das so kurz nach dem Start schlicht noch gar nicht, geben sie ganz offen zu.
EasyMirrors erster Großauftrag: Kunst-Biennale in Venedig
Die Aufzeichnung liegt acht Monate zurück. Auch ohne Deal und 180.000 Euro Investorengeld hat sich seitdem viel getan bei EasyMirror: Mittlerweile gibt es die Spiegelplatten in drei statt zwei Varianten, darunter eine beidseitig verspiegelte. Der Preis hat sich reduziert: Ab 160 statt 199 Euro pro Quadratmeter beim Modell Economy, ab 280 statt 349 Euro pro Quadratmeter bei der Variante namens Pro. Kratzfest ist die Oberfläche inzwischen auch. „Da haben wir unsere Hausaufgaben gemacht“, sagt Oliver Rödder. Und der Umsatz? Liege bereits „solide im sechsstelligen Eurobereich“, heißt es.
Dazu beigetragen hat ein Großauftrag, der wenige Wochen nach dem Termin im TV-Studio hereinkam. Der bekannte Maler und Bildhauer Heinz Mack orderte für eine Ausstellung von Lichtinstallationen drei jeweils vier Meter hohe Spiegel-Stelen bei EasyMirror. Im Frühjahr wurden sie dort während der Kunst-Biennale in Venedig in einem mit Renaissance-Malereien reich bebilderten Saal aufgestellt. „Seine Mitarbeiter sind im Internet auf uns gestoßen. Wenn man Großspiegel oder Spiegel Großformat googelt, findet man uns“, sagt Oliver Rödder.
Schnell meldete sich der nächste Großkunde
Bald nach dem Großkünstler Mack meldete sich der nächste Großkunde: Ein bekannter Möbelhersteller verbaute wiederverwendbare Spiegelplatten, die EasyMirror bei Herstellern in Deutschland fertigen lässt, in seinem Messestand bei inzwischen zwei wichtigen Möbelmessen. Aufträge kommen von Garten- und Landschaftsarchitekten ebenso wie von privaten Bauherren, die offenbar ihren Garten zumindest optisch vergrößern möchten.
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„Die Montage ist simpel. Für halbwegs erfahrene Hobby-Handwerker, ist der Aufbau problemlos machbar“, versichert Sohn Simon. Und – ganz wichtig auch für die Löwinnen – nein, Vögel seien nicht gefährdet, sich an der Spiegelplatte das Genick zu brechen. Aufgeklebte Streifen, die für das Auge des Menschen kaum wahrnehmbar sind, erscheinen Vögeln als ein Hindernis, das umflogen werden muss.
Höhle der Löwen: Enttäuscht? Nur ganz kurz
Enttäuschung, dass es nicht geklappt hat mit dem Deal? Anfangs schon ein bisschen, inzwischen nicht mehr. „Wir wussten, dass die Chance gering ist, weil im Grunde keiner der Löwen uns im Vertrieb wirklich helfen kann“, sagen die Rödders. Sie seien innerlich darauf vorbereitet gewesen, ohne die gewünschten 180.000 Euro zurück nach Buxtehude zu fahren. Offen für strategische Investoren ist das Vater-Sohn-Duo weiterhin. Und weitere Kunden wird sein Start-up nach der Sendung ziemlich sicher finden.