Hamburg. Gewerkschaft und Airline einigen sich auf “Teillösung“. Flüge sollen wie geplant stattfinden. Bei Eurowings schwelt der Konflikt noch.

Wer an diesem Mittwoch und Donnerstag mit der Lufthansa fliegen wollte, dürfte einen nervenaufreibenden Dienstag gehabt haben. In der Nacht hatte die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit die Gangart in dem Tarifstreit erneut verschärft. Sie rief ab Mittwoch die Piloten der Frachttochter Cargo für 72 Stunden und die Flugzeuglenker im Passagiergeschäft für 48 Stunden zum Warnstreik auf.

Im Normalfall reagiert das Unternehmen daraufhin wie am vergangenen Freitag mit einer Streichung des gesamten Flugplans für diesen Tag. 800 Flüge fielen aus, 130.000 Kunden waren betroffen. Doch so weit kam es dieses Mal nicht. Beide Parteien kehrten in Frankfurt zurück an den Verhandlungstisch – und am Nachmittag gab es Signale für eine Einigung.

Flughafen Hamburg: "Wichtige erste Schritte erzielt"

Es sei eine „Teillösung“ erreicht worden, teilte Cockpit mit. Demnach wurde ein umfängliches Paket monetärer und struktureller Themen im Kern vereinbart. Dies solle nun in den kommenden Tagen ausgestaltet werden, hieß es. Die angekündigten Arbeitskampfmaßnahmen würden abgesagt.

„Wir freuen uns, dass ein Ergebnis am Verhandlungstisch erzielt werden konnte und dadurch weitere Nachteile für Kunden, Mitarbeiter und Unternehmen vermieden werden können“, sagte Marcel Gröls, Vorsitzender Tarifpolitik bei Cockpit. „Heute wurden wichtige erste Schritte in Richtung einer nachhaltigen Zusammenarbeit erzielt.“

Lufthansa will alle Flüge stattfinden lassen

Die Absage des Streiks sei vor allem für Kunden eine gute Nachricht, sagte ein Lufthansa-Sprecher auf Anfrage und sprach von einer Lösung nach konstruktiven Gesprächen. „Unsere Flüge finden in den kommenden Tagen wie geplant statt.“

Wie die Tarifeinigung im Detail aussieht, blieb zunächst unklar. Dem Vernehmen nach soll die Laufzeit bis zum nächsten Sommer gehen.

Offenbar hat Lufthansa mehr Geld angeboten

Die Gewerkschaft wollte 5,5 Prozent mehr Geld in diesem Jahr und ursprünglich einen automatischen Inflationsausgleich für die Folgezeit erreichen. In der vergangenen Woche forderte sie dann jährlich ab 2023 8,2 Prozent mehr Geld. Zudem sollte die Tarifstruktur angepasst werden.

Die Lufthansa konterte, dass die ursprünglichen Forderungen Mehrkosten von 900 Millionen Euro in zwei Jahren bedeuteten, und bot eine pauschale Erhöhung der Grundvergütung von 500 Euro ab diesem September und weitere 400 Euro ab April 2023 an. Je nach bisherigem Gehalt ergebe dies Erhöhungen zwischen fünf und 18 Prozent. Wie man hört, soll der Konzern sowohl bei Entlohnung als auch bei anderen Faktoren das Angebot verbessert haben.

Streik am Freitag kostet 32 Millionen Euro

Am Freitag hatte Cockpit den Druck auf Lufthansa erhöht. Für 24 Stunden wurden die Cargo- und Passagier-Piloten zur Arbeitsniederlegung aufgerufen. In Hamburg fielen jeweils mehr als 20 Ankünfte und Abflüge aus. Via Fuhlsbüttel bedient Lufthansa ihre Drehkreuze München und Frankfurt. Insgesamt bezifferte der Kranich-Konzern den Schaden an dem Streiktag auf 32 Millionen Euro.

Bei den Gesprächen war Eile geboten. Ab 10 Uhr traf man sich in Frankfurt. Spätestens am Mittag wollte die Airline Klarheit haben. Denn bei einem Warnstreik hätte man die Kunden möglichst zeitnah informieren und den Flugbetrieb anpassen müssen. Im Normalfall bedeutet das bei einem Arbeitskampf: Alle Flüge werden gestrichen. Der Grund: Ansonsten kommt die Rotation der Airline durch­einander. Beim Wiederanfahren des Flugbetriebs stehen Flugzeuge und Crews an den falschen Einsatzorten.

Eurowings und Cockpit befinden sich auch in Verhandlungen

Die Lufthansa-Billigtochter Eurowings wäre von dem Warnstreik übrigens nicht betroffen gewesen. Allerdings schwelt auch dort ein Tarifkonflikt mit Cockpit. Dabei geht es nicht um Geld, sondern den Mantel-Tarifvertrag. Er regelt alles rund um den Flugbetrieb, also beispielsweise Arbeits-, Ruhezeiten und mit wie viel zeitlichem Vorlauf ein Dienstplan erstellt wird. „Es sind Gesprächstermine mit Cockpit vereinbart. Und wir sind zuversichtlich, dass wir am Verhandlungstisch zu konstruktiven Lösungen kommen werden“, sagte ein Eurowings-Sprecher.

Die Fluggesellschaft ist mit Abstand Marktführer am Helmut-Schmidt-Flughafen und fliegt von dort 50 Ziele in Europa an. Darunter befinden sich sowohl Urlaubsdestinationen wie Mallorca und Kreta als auch typische Städteziele, die für Touristen und Geschäftsreisende interessant sind, wie Amsterdam, Mailand und London.

Flughafen Hamburg: Streik bei Eurowings hätte starke Auswirkungen

Würde es bei Eurowings zum Streik kommen, wäre der Flughafen in Fuhlsbüttel stärker betroffen als bei einem Pilotenstreik bei der Lufthansa. Ein Vergleich: Die Kranich-Linie hat für den Mittwoch 13 Ankünfte aus und 13 Abflüge nach Frankfurt im Flugplan von Hamburg Airport stehen. Nach München sind es jeweils elf. Bei Eurowings sind es am Mittwoch 44 Starts und 44 Landungen – also fast das Doppelte.