Hamburg. Die Hafenunternehmen werden ihre Containerterminals vorerst nicht zusammenlegen. Wird das Projekt nur verschoben?
Am Ende sahen wohl beide Parteien ein, dass sie nicht mehr weiterkommen. Seit dem Frühjahr 2020 verhandeln die beiden größten deutschen Hafenkonzerne, die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) und Eurogate, über eine Fusion ihrer Containerterminals in Deutschland.
Die Gespräche liefen zäh, wurden immer wieder unterbrochen, und nun sind sie beendet worden. Vorerst, wie es heißt. Am Freitagnachmittag gaben die beiden Unternehmen folgenden Wortlaut bekannt: „Vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen Situation mit bisher unabsehbaren Auswirkungen haben sich die beiden Terminalgesellschaften HHLA und Eurogate darauf verständigt, ihre Gespräche über eine Kooperation ihrer Terminalgesellschaften so lange zu vertagen, bis die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Fortsetzung wieder stabil genug sind.“
Hafen Hamburg: HHLA und Eurogate begründen Fusionsstopp mit Krieg
Was sie in den mehr als zwei Jahre andauernden Gesprächen bisher erreicht haben, lassen die beiden Terminalbetreiber im Dunkeln. „Zu den bisherigen Verhandlungsergebnissen haben die beteiligten Parteien Stillschweigen vereinbart“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung.
Mit dem Verweis auf „die aktuelle geopolitische Situation“ begründet die Erklärung den Fusionsstopp – also mit dem Krieg Russlands in der Ukraine. Dieser hat, wie sich immer deutlicher zeigt, tiefgreifende wirtschaftliche Veränderungen zufolge. Energie wird knapp und teuer, Warenströme ändern sich – nicht zuletzt wegen des Embargos gegen Russland. Die Welt ist eine andere als zu Beginn der Verhandlungen.
Auch Auslandsterminal in Odessa spielt eine Rolle
Hinzu kommt, dass die HHLA ihr Auslandsterminal in Odessa mit dem Tag der russischen Invasion schließen musste. Es untersteht nun der ukrainischen Militärverwaltung. Zwar ist dieses Terminal nicht direkt Gegenstand der Fusionsgespräche, weil die beiden Firmen ja nur ihre deutschen Containerstandorte zusammenschließen wollen. Gleichwohl spielt Odessa bei der Bewertung der beiden Firmen eine Rolle und damit bei der Frage, wer bei einem Zusammenschluss den Ton angeben würde.
Doch aus Kreisen war zu erfahren, dass es neben dem Krieg weitere Gründe dafür gibt, die Gespräche erst einmal auszusetzen: Man kommt einfach nicht voran. Schon vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine hatten sich die Verhandlungen als schwierig herausgestellt, weil zwei völlig unterschiedliche Unternehmenskulturen zusammenkommen sollen.
Hafen Hamburg: Unternehmen kämpfen mit Streiks
„Der Abbruch der Gespräche über eine Fusion der Containersparten überrascht zum jetzigen Zeitpunkt nicht wirklich“, sagt Logistik-Professor Jan Ninnemann von der Hamburg School of Business Administration. „Tatsächlich haben beide Unternehmen aktuell mit vielfältigen betrieblichen Herausforderungen zu kämpfen. Hinzu kommen die angespannte Personallage und die Streiksituation.“
Die Absicht der Unternehmen ist es, eine neue Gesellschaft zu gründen, die zu jeweils 50 Prozent beiden Seiten gehört. Die HHLA will ihre drei Hamburger Containerterminals Altenwerder, Burchardkai und Tollerort einbringen, Eurogate seine Terminals in Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven. Ziel ist es, ein starkes deutsches Gegengewicht zu den Konkurrenten Rotterdam und Antwerpen zu entwickeln. Zusammen wären die deutschen Häfen größer als Rotterdam.
Zum anderen wollen HHLA und Eurogate mit einem Zusammenschluss verhindern, dass die Reedereien, die sich alle zu großen Allianzen zusammengeschlossen haben, die Häfen weiter bei Verhandlungen über Preise und Ladungsmengen gegeneinander ausspielen, wie es in der Vergangenheit geschah. Das Preisdumping hatte den Wettbewerb erschwert.
Prinzip der Unternehmensführung ist umstritten
Doch schon beim Vergleich der Strukturen von HHLA und Eurogate ergeben sich Unterschiede. Denn es verhandeln nicht nur zwei Unternehmen miteinander, sondern drei. Eurogate gehört zu gleichen Teilen der Firma Eurokai um den Unternehmer Thomas Eckelmann sowie dem Bremer Seehafenkonzern Bremer Logistics Group (BLG). Und addiert man die beiden Stadtstaaten Hamburg und Bremen, die einem solchen Zusammenschluss zustimmen müssten, sind es sogar fünf Verhandlungspartner.
Die BLG gehört nämlich zu 100 Prozent der Hansestadt Bremen. An der HHLA ist wiederum Hamburg mit 69 Prozent beteiligt. So waren es in erster Linie Politiker, allen voran Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), die für den Zusammenschluss vehement eintraten. Aber auch die Vorstandsvorsitzende der HHLA, Angela Titzrath, sieht die Notwendigkeit eines Zusammenschlusses und treibt diesen voran.
Fusion von HHLA und Eurogate: Projekt nur verschoben?
Eckelmann hat dagegen erhebliche Vorbehalte. Dabei wird vielfach übersehen, dass er der einzige Beteiligte ist, bei dem es sich nicht um einen Angestellten, sondern um einen Unternehmer handelt, dem es folglich um den Schutz seines Eigentums geht. So soll es vor allem über das Prinzip der Führung des neuen Gemeinschaftsunternehmens gegensätzliche Ansichten gegeben haben. Soll es stärker unternehmerisch ausgerichtet werden oder politisch?
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So wurde nach Informationen des Abendblatts heftig über die künftigen Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer gestritten. Bei der HHLA gehen diese soweit, dass die Arbeitnehmer sogar bei der Besetzung des Vorstands mitreden können. Außerdem ist Eurogate gegenüber der HHLA strategisch im Vorteil, da sich die HHLA-Terminals auf den teuren Hafen in Hamburg konzentrieren. Das große Wachstum findet aber derzeit bei Eurogate in Wilhelmshaven statt.
Ob es eine Wiederaufnahme der Gespräche geben wird, bleibt abzuwarten.