Hamburg. HHLA und Eurogate wollten in diesem Jahr Einigkeit bei der Zusammelegung ihrer Containerterminals erreichen – warum daraus nichts wird.

Ein unerwarteter Tweet kurz vor Weihnachten: Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) teilte über den Online-Nachrichtendienst Twitter der Öffentlichkeit mit, dass die Gespräche zwischen HHLA und Eurogate über die Zusammenlegung ihrer deutschen Containerterminals andauern. Um die bisher erzielten Fortschritte nicht zu gefährden, hätten die beteiligten Parteien Stillschweigen über die Zwischenergebnisse vereinbart. Der Tweet kam überraschend: zum einen erschien er ohne wirklichen Anlass. Zum anderen wurde klar, dass vor dem Jahreswechsel kein Ergebnis mehr bei den Hafengesprächen zu erwarten sein wird.

Damit fing Dressel die Vorstandsvorsitzende der HHLA, Angela Titzrath, wieder ein. Sie hatte bei der Vorstellung der Neunmonatszahlen des Terminalbetreibers Mitte November verkündet, man stünde bei den Gesprächen mit Eurogate vor einem Durchbruch: „Ich bin zuversichtlich. Ich halte es nach wie vor für möglich, dass bei gutem Willen aller Beteiligten noch in diesem Jahr eine Absichtserklärung unterzeichnet werden kann“.

Hafen Hamburg: Fusion von HHLA und Eurogate verzögert sich

Daraus wird nun nichts. Aus ihrem Unternehmen ist zu hören, dass ein Memorandum of Understanding, also eine Absichtserklärung, zur Unterschrift vorliege, die Bremer Verhandler von der Eurogate-Seite sich aber weitere Bedenkzeit erbeten hätten. Je länger die Verhandlungen andauern, desto mehr zeigt sich, dass noch zahlreiche grundsätzliche Fragen zu beantworten sind.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Um das zu verstehen, muss man die Vorgeschichte von Dressels vorweihnachtlicher Äußerung einordnen. Eigentlich hatte der Finanzsenator eine deutlich optimistischere Pressemeldung vorbereitet – eine Erklärung, wonach einer Fusion zwischen HHLA und Eurogate im Grundsatz nichts mehr im Wege stünde. Doch der Sozialdemokrat wurde von den Verhandlungsparteien gebeten, davon erst einmal abzusehen – übrigens auch von seinem Senatskollegen, Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos), der eine mögliche Hafenfusion deutlich pragmatischer bewertet als der davon begeisterte Finanzsenator.

Westhagemanns Zurückhaltung ist auch darauf zurückzuführen, dass nicht nur zwei Unternehmen miteinander verhandeln, sondern drei. Und addiert man die beiden Stadtstaaten Hamburg und Bremen, die einem solchen Zusammenschluss zustimmen müssen, sind es sogar fünf Gesprächspartner, die sich einigen müssen. Eurogate gehört nämlich zu gleichen Teilen der Firma Eurokai um den Unternehmer Thomas Eckelmann und dem Bremer Seehafenkonzern Bremer Logistics Group (BLG), an dem die Hansestadt Bremen 100 Prozent hält. Die HHLA ist indes zu 69 Prozent in Besitz der Stadt Hamburg.

HHLA-Firmensitz: In Hamburg oder Bremen?

Zwar wurde in den Verhandlungen, die immerhin seit Mai 2020 laufen, eine Einigung erzielt, dass eine neue Gesellschaft gegründet werden soll, in welche die HHLA ihre drei Hamburger Containerterminals Altenwerder, Burchardkai und Tollerort und Eurogate seine Terminals in Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven einbringen sollen. Zudem soll ein Gemeinschaftsunternehmen entstehen, das zu jeweils 50 Prozent beiden Seiten gehört. Aber wie wird dies berechnet? Wer bringt mehr Werte ein? Wer muss dem anderen zusätzlich Geld geben?

Auch die Frage, wer im Falle einer Pattsituation das Sagen hat, ist offenbar noch nicht geklärt. Dem Vernehmen nach könnte der BLG-Vorstandschef Frank Dreeke das neue Gemeinschaftsunternehmen leiten. Titzrath sieht sich in ihrer Position als mächtige HHLA-Chefin als Kontrolleurin des neuen Unternehmens. Auch wird darüber gestritten, wo dieses künftig seinen Sitz haben wird, ob in Hamburg oder in Bremen – eine Frage, die besonders die beiden Regierungen interessiert.

Bei Eckelmann geht es um den Schutz seines Eigentums

Schließlich gibt es, wie das Abendblatt aus Verhandlungskreisen erfuhr, Unstimmigkeiten darüber, was passiert, wenn einer der Beteiligten aussteigen und seine Anteile verkaufen will. Dazu gibt es bereits eine alte Regelung, die BLG und Eurokai bei der Gründung von Eurogate 1999 geschlossen hatten. Sie räumt Vorkaufsrechte des Partners ein, welche die HHLA bisher nicht vorsah. Zudem hat Thomas Eckelmann im Falle eines Ausstiegs die Möglichkeit, seine Anteile meistbietend abzugeben. Ein Gedanke, der den Hamburgern nicht behagt, weil sie die Gefahr sehen, dass dann beispielsweise Investmentfonds Anteilseigner Hamburger Containerterminals werden könnten.

So wird in der HHLA-Zentrale in der Speicherstadt kolportiert, dass vor allem Eckelmann die Unterzeichnung der Absichtserklärung verzögere. Dabei wird vielfach übersehen, dass er der einzige Beteiligte ist, bei dem es sich nicht um einen Angestellten, sondern um einen Unternehmer handelt, dem es um den Schutz seines Eigentums geht.

Hafenfusion: Im Januar könnte die Absichtserklärung unterzeichnet werden

Eurogate will sich zu Details nicht äußern. Ein Sprecher sagte lediglich: „Die Verhandlungen über ein Memorandum of Understanding zwischen Eurogate und HHLA sowie deren Gesellschaftern dauern bis Anfang 2022 an. Um die bisher erzielten Fortschritte nicht zu gefährden, haben die beteiligten Parteien Stillschweigen über Zwischenergebnisse vereinbart.“ Ein Satz, der dem Tweet von Finanzsenator Dressel sehr ähnelt.

Man hat sich also auf eine unverbindliche Sprachregelung geeinigt. Seitens der politischen Opposition ist die Reaktion negativ. „Die Verhandlungen zwischen den Terminalbetreibern laufen deutlich langsamer als angekündigt. Warum Verhandlungsbeteiligte vonseiten der Stadt vollmundige Ankündigungen zum vermeintlichen Verhandlungsende machen, erklärt sich mir nicht“, sagt der Hamburger Landesvorsitzende der FDP und Bundestagsabgeordnete, Michael Kruse. Das sei für einen vertrauensbildenden Prozess nicht zuträglich. Es sei „ein großer Missstand“, dass der Hamburger Senat als Vertreter der Mehrheitseigentümer noch immer kein Ziel für die Verhandlungen ausgegeben habe und wohl auch deshalb keine aktive Rolle in den Gesprächen einnehme.

2022 wird weiter verhandelt. Ende Januar könnte die Absichtserklärung unterzeichnet werden. Bis zur Fusion wäre es auch dann noch ein weiter Weg.