Hamburg. Möglicherweise legen die beiden Hafenunternehmen ihr Containergeschäft zusammen. Gespräche haben begonnen.
Man trifft sich immer ein zweites Mal. Als Anfang des Jahrtausends der Bau des neuen Tiefwasserhafens in Wilhelmshaven geplant wurde, luden Niedersachsen und Bremen die Hansestadt Hamburg dazu ein, sich daran zu beteiligen. Hamburg lehnte in der Folge dankend ab. Man konzentriere sich auf die Elbvertiefung, verlautete damals aus dem Rathaus. Man hatte seine Gründe.
Der Hamburger Hafen wuchs jedes Jahr zweistellig, hatte Bremerhaven hinter sich gelassen und sah in einem weiteren Tiefwasserhafen am Jadebusen keine Gefahr für sich. Nicht einmal 20 Jahre später haben sich die Vorzeichen gedreht. Die Terminalbetreiber sind an allen Standorten unter Druck. Und plötzlich steht sogar eine Fusion des Containerumschlags in den deutschen Seehäfen im Raum.
HHLA spricht mit Mitbewerbern über Zusammenarbeit
Der Hamburger Hafenkonzern HHLA spricht inmitten der Corona-Krise mit seinen Mitbewerbern über eine Zusammenarbeit. Der im SDax gelistete Hafenkonzern führt Sondierungsgespräche mit dem lokalen Branchennachbarn Eurokai und dem Bremer Konkurrenten BLG Logistics. Das teilte die HHLA am Donnerstag in Hamburg mit.
Die „ergebnisoffenen“ Verhandlungen drehten sich um „Möglichkeiten einer engeren Kooperation im Containergeschäft in der deutschen Bucht“. Sie seien in einem frühen Stadium, hieß es.
Steht die Megafusion kurz bevor?
Gar so früh kann das Stadium aber nicht sein. Zum einen laufen die Gespräche schon eine Weile, zum anderen ist auch bereits Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) informiert, wie aus politischen Kreisen verlautete.
Mehrere Gründe sprächen zudem für eine solche Megafusion: Den Unternehmen steht das Wasser bis zum Hals. Der Aufbau zusätzlicher Umschlagskapazitäten hat den Wettbewerb der Hafenbetriebe untereinander verschärft. Außerdem setzen die Reedereien die Terminals unter Druck, indem sie sich zusammentun.
Drei große Allianzen beherrschen Containertransport
Bereits vor mehr als einem Jahr hatte eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vor einem „destruktiven Wettbewerb“ gewarnt, den die strategischen Bündnisse der Reedereien in den Häfen auslösen. Der Weltmarkt im Containertransport auf See wird inzwischen von drei großen Allianzen beherrscht. Das Ergebnis dieser Konzentration ist mehr Macht in den Preisverhandlungen.
„Früher hatten die Terminalbetreiber zehn bis 15 Reedereien, mit denen sie verhandeln konnten. Heute stehen ihnen drei mächtige Allianzen gegenüber, die hohen Druck auf die Häfen ausüben und diese gegeneinander ausspielen können“, sagt der Hamburger Logistik-Professor Jan Ninnemann.
Das bekam auch die HHLA zu spüren. Erst verlagerte die französische Reederei CMA CGM – einer ihrer bis dahin treuesten Kunden – einen wichtigen Containerdienst zum Konkurrenten Eurogate. Dann entschloss sie sich die deutschen Häfen bei einem weiteren Dienst ganz außen vor zu lasen. Er wird jetzt ausschließlich in Antwerpen abgefertigt.
Corona-Krise verschärft die Lage
Schließlich musste die HHLA hart mit Hapag-Lloyd verhandeln, um einen neuen Vertrag für den Umschlag abzuschließen. Hapag-Lloyd hatte öffentlich damit gedroht, Ladung aus Hamburg abzuziehen, falls es zu keiner Einigung gekommen wäre. Schließlich verschärft jetzt die Corona-Krise die Lage, weil die Reedereien plötzlich zusätzliche Preisnachlässe fordern, wobei die Ladungsmengen durch den Shutdown ohnehin stark zurückgegangen sind.
Da ist für Alleingänge kein Platz mehr, und die Terminalbetreiber müssen sich zusammenraufen, wenn sie den Sturm überstehen wollen. Schließen sich HHLA und Eurogate zusammen, haben sie die Kontrolle an allen acht deutschen Containerterminals und könnten im Preiskampf ganz anders auftreten.
HHLA und Eurogate: Fusion wäre kartellrechtlich zu klären
Einer Einschätzung des Analysten Christian Cohrs von Warburg Research zufolge, würde ein solches Netzwerk Doppelstrukturen vermeiden und zielgerichtetere Investitionen sowie die Bündelung von Ladung im Hinterlandverkehr erleichtern. Allerdings sieht Cohrs auch Argumente, die gegen eine Fusion sprechen, etwa die kulturellen Unterschiede der Unternehmen.
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Letztlich wäre eine solche Fusion auch kartellrechtlich zu klären. Der Deutsche Bundestag hatte 2015 ein Gutachten dazu erstellt, ob eine Kooperation der deutschen Häfen gegen EU-Kartellrecht verstößt. Ergebnis: Die Kommission würde eine engere Zusammenarbeit, die auf eine Ladungslenkung abzielt, grundsätzlich befürworten. Aber eine Fusion wäre eine ganz andere Frage.